"Liebe ist keine tägliche to-do-Liste"

Pastor Stephan Kreutz in der Bremer Innenstadtkirche Unser Lieben Frauen
© epd/Dieter Sell
Pastor Stephan Kreutz (62) am 07.02.2020 in der Bremer Innenstadtkirche Unser Lieben Frauen. Mit einem Team will er dort am Valentinstag unter dem Titel "Feuer und Flamme für Dich" einen Segnungsgottesdienst für Verliebte und Liebende feiern.
"Liebe ist keine tägliche to-do-Liste"
Drei Fragen an den Bremer Pastor Stephan Kreutz zum Valentinstag und zur Liebe
Unter dem Titel "Feuer und Flamme für Dich" organisiert die evangelische Gemeinde Unser Lieben Frauen (ULF) in der Bremer Innenstadt am Valentinstag einen Segnungsgottesdienst für Verliebte und Liebende. Das solle voller Leidenschaft geschehen, so ULF-Pastor Stephan Kreutz. Im Gespräch mit dem epd schildert er seinen Blick auf die Liebe, die für ihn nichts mit einer to-do-Liste zu tun hat.

Herr Pastor Kreutz, Sie wollen am Valentinstag Liebende segnen. Was tragen ein einzelner Tag der Liebenden, wie es der Valentinstag sein will, und Segnungen für die Liebe aus?

Stephan Kreutz: Schon eine einzige Berührung kann etwas sehr besonderes sein. Wir laden alle Paare ein, ob gerade frisch verliebt oder schon lange zusammen, an diesem Abend die Liebe zu feiern. Wer möchte, kann sich persönlich segnen lassen. Wir fragen nicht nach, brauchen keine Formulare, teilen einfach die Freude Gottes über Menschen, die sich lieben und sprechen das mit persönlichen Worten aus. Wer möchte, kann auch ganz konkret sagen, wofür er sich Segen und Stärkung wünscht. An den Blicken der Menschen sehen wir, dass es sie erreicht. Dieses Gefühl, einzutauchen in den großen Strom der Liebe. Dazu braucht es Anlässe - der Valentinstag ist dafür wie geschaffen. Ursprünglich ist er sogar ein kirchlicher Gedenktag und damit eine Steilvorlage für die Kirche, die Liebe zu feiern. Und zwar als ein loderndes Feuer, voller Leidenschaft, berauschend, ungezähmt, erotisch, mit Glück und auch mit Tränen. Ehrlich über die Liebe zu reden ist etwas Wunderbares und mein Gefühl ist: Da haben wir noch einiges nachzuholen in der Kirche.

Nun hat das Jahr 365 Tage, 2020 sogar 366. Muss man nicht jeden Tag etwas für die Liebe tun, damit das Feuer weiter brennt?

Kreutz: Liebe und "müssen" schließen sich für mich aus. Liebe ist etwas dynamisches, fließendes. Sie geht durch den ganzen Körper und nicht nur durch den Kopf, der mir sagen möchte, was ich dafür zu tun oder zu lassen hätte. Wenn ich Tipps für die Liebe lese, muss ich oft schmunzeln. Für den einen können sie genau passen, für die andere ganz und gar nicht. Liebe macht auch nicht blind, sondern gerne erfinderisch. Ich erkenne meine tiefsten Bedürfnisse und Wünsche. Und ich möchte sie dem Menschen, den ich liebe, mitteilen. So fantasievoll, dass ich ein Echo bekomme. Und natürlich bin ich mit allen Sinnen da, wenn er oder sie von den eigenen Wünschen und Träumen spricht. Und dann kann ein Reigen daraus werden, der zwei ganz verschiedene Menschen in Beziehung und Bewegung bringt. Also: Liebe ist keine tägliche to-do-Liste, sondern eine innere Haltung und Lust auf Entdeckung.

Einer der beliebtesten Trausprüche kommt aus dem biblischen "Hohelied der Liebe". Dort heißt es "Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen". Was bedeutet das für Sie als Theologe?

Kreutz: Wenn wir von Liebe reden, haben wir nicht nur Paarbeziehungen im Blick, sondern ein Geschenk des Himmels, das seine Quelle in der unerschöpflichen Liebe Gottes hat. Das ist die Liebe, die nie aufhört, und die allen Menschen gilt, trotz der Macken und Unvollkommenheiten, die wir uns und anderen mitunter zumuten. Und die auch allen Tieren und überhaupt allem Lebendigen gilt. Deswegen ist Liebe auch immer ein Eintreten für Menschen und für den Schutz unserer Lebensräume. Wo das geschieht, können Hoffnung und Glaube wachsen. Und der Friede. Aber ohne die Liebe wird das nicht geschehen. Deswegen ist sie die größte Macht, das größte Geschenk und wir haben allen Grund, sie zu feiern und leidenschaftlich zu leben.