TV-Tipp: "Die Toten vom Bodensee: Fluch aus der Tiefe" (ZDF)

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TV-Tipp: "Die Toten vom Bodensee: Fluch aus der Tiefe" (ZDF)
10.2., ZDF, 20.15 Uhr
Die vor einem Jahr ausgestrahlte achte Episode der ZDF-Krimireihe "Die Toten vom Bodensee" war zwar etwas spannungsarm, aber inhaltlich hochinteressant. Timo Berndt bezog sich mit seiner Handlung auf einen uralten Brauch, dem der Film auch seinen Titel verdankte: den "Stumpengang". Während dieses Ritual eine Erfindung des Autors war, hat "Fluch aus der Tiefe" zumindest einen authentischen historischen Hintergrund.

Drei junge Leute entdecken im Bodensee einen Schatz. Es handelt sich um 273 sogenannte Pestpfennige, die einst aus geweihtem Kirchengold hergestellt worden sind. Mit diesen Goldmünzen sind vor rund 400 Jahren Hexen bezahlt worden, um Orte vor dem "Schwarzen Tod" zu bewahren. Dem Anführer des Trios bringt der Reichtum allerdings kein Glück: Kurz nach dem Fund wird er mit zugenähten Lippen am Seeufer entdeckt; in seinem Rachen findet sich ein Pestpfennig. Kommissar Oberländer (Matthias Koeberlin) hat den Verdacht, dass sich die Nachfahrin einer Bregenzer Hexe den ihrer Familie zustehenden und mittlerweile mehrere Millionen werten Lohn mit Gewalt zurückholen will; der Schatzsucher ist nicht das letzte Opfer.

Obwohl die Handlung einen klaren Bezug zur Region hat, spielen der Bodensee und seine Umgebung kaum eine Rolle; das war in den vier Episoden, die Hannu Salonen 2017 und 2018 inszeniert hat, ganz anders. Regie führte Michael Schneider; er hat auch den neunten Film der Reihe gedreht, "Die Meerjungfrau". In beiden Fällen gilt die gleiche Einschätzung: keine Zeitverschwendung, aber nur ein Durchschnittskrimi. Für Spannung sorgt in "Fluch aus der Tiefe" in erster Linie die erneut vorzügliche Musik von Chris Bremus, der als mittlerweile letzter Kreativer hinter der Kamera seit der Premiere der Reihe im Jahr 2014 dabei ist. Stärkere Reizpunkte als die Mördersuche setzt ohnehin die angespannte Atmosphäre im gemeinsamen deutsch-österreichischen Kommissariat: Nach dem Tod seiner Frau hat sich Oberländer eine längere Auszeit genommen und vergeblich darauf gewartet, dass sich Kollegin Zeiler (Nora Waldstätten) als Freundin in der Not erweist. Deren emotionale Verschlossenheit war allerdings von Anfang an ein Markenzeichen der Reihe, weshalb die bockige Haltung des Kommissars etwas unreif wirkt. Umso inniger ist seine Beziehung zu Stefanie (Julia F. Richter), der Freundin des Opfers. Oberländer lebt auf einem Schiff, die junge Frau wohnt in der Nähe; die beiden haben während seiner Trauerphase viele Gespräche geführt, weshalb er doppelt motiviert ist, den Mord aufzuklären. Stefanies Mutter ist ebenfalls in die Sache verwickelt, sie hat viel Geld in die Schatzsuche investiert, aber würde Aglaia Szyszkowitz die verhärmte Fischerin nicht so betont ungeschminkt und verbittert verkörpern, hätte die Figur kaum eine nennenswerte Präsenz.

Natürlich setzt Berndt auch die durchgehenden Erzählebenen fort: Zeiler und ihr attraktiver Nachbar (Christopher Schärf) kommen sich wieder ein Stückchen näher, was Berndt im Stil eines romantischen Dramas erzählt. Ziemlich ausbaufähig ist dagegen der Strang mit Oberländer und seiner beim Großvater (Peter Kremer) lebenden kleinen Tochter. Das Mädchen möchte gern zum letzten Freund ihrer verstorbenen Mutter ziehen, dem Vater droht der Verlust seines Kindes. Wenn es in den Filmen schon menscheln soll, dann gäbe es auf dieser Ebene noch eine Menge Potenzial. Dann müssen Koeberlin und die junge Darstellerin allerdings unbedingt mehr Nähe aufbauen; diesmal war die Drehzeit offenbar viel zu kurz war, um die Vater/Tochter-Beziehung überzeugend wirken zu lassen.

Es wäre vermutlich nicht schlecht, den Filmen neue Impulse zu geben. Das ZDF hat mit so etwas Erfahrung: Als Miguel Alexandre vor einiger Zeit die allzu routiniert gewordenen Samstagskrimis "Der Kommissar und das Meer" übernommen hat, ist ein regelrechter Ruck durch die Reihe gegangen. Der Grimme-Preisträger hat damals unter anderem dafür gesorgt, dass der Schauplatz Gotland viel stärker zur Geltung kommt. Das wäre auch bei "Die Toten am Bodensee" angeraten, schließlich ist der Schauplatz das entscheidende Alleinstellungsmerkmal der Filme. Die stärkere Verankerung der Geschichten in der Region ist schon mal ein richtiger Schritt, zumal der historische Exkurs und sein Zusammenhang mit den bei der Restaurierung einer Bregenzer Kirche entdeckten verborgenen Räumen prompt für eine gewisse Faszination sorgen. Bei empfindsamen Zuschauern wird "Fluch aus der Tiefe" dennoch vor allem wegen der wie aus einem Horrorfilm stammenden Aufnahmen der zugenähten Münder in Erinnerung bleiben. Wie zum Ausgleich ist das in einem Gewölbe angesiedelte Finale längst nicht so packend, wie es sein könnte und sollte.