TV-Tipp: "Blutige Anfänger" (ZDF)

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TV-Tipp: "Blutige Anfänger" (ZDF)
5.2., ZDF, 19.25 Uhr
Um sich am ZDF-Vorabend zwischen all’ den "Sokos" zu profilieren, braucht eine neue Krimiserie einen originellen Ansatz. Tatsächlich ist die Grundidee von "Blutige Anfänger" sogar ziemlich schlau. Den Rahmen der Geschichten bildet die Ausbildung an der Polizeifachhochschule in Halle.

Im Zentrum steht ein befreundetes Quartett, das gern zur Mordkommission möchte. Da traf es sich gut, dass die vier in der ersten Folge bei einem echten Mord zeigen konnten, was sie drauf haben. Ähnlich interessant wie der erzählerische Rahmen der zwölf Episoden ist der produktionelle Hintergrund: "Blutige Anfänger" ist die erste Serie von Studio.TV.Film. Das vor gut fünfzig Jahren gegründete Unternehmen genießt in der Branche einen ausgezeichneten Ruf, dank Klassikern wie "Löwenzahn" und "Siebenstein" (beide für den Anteilseigner ZDF) allerdings vor allem im Kinderfernsehen. Seit einigen Jahren tummelt sich die Firma auch in anderen Bereichen. Für den Durchbruch außerhalb des Kinderprogramms sorgte 2014 das vielfach ausgezeichnete Kammerspiel-Kinodrama "Zeit der Kannibalen". Produzentin Milena Maitz, gemeinsam mit Albert Schäfer Geschäftsführerin von Studio.TV.Film, hat für das "Zweite" auch schon die die Fernsehfilmreihe "Tonio & Julia" produziert.

Neben der Suche nach einer ungewöhnlichen Handlungsbasis bestand die größte Herausforderung womöglich in der Zusammenstellung des Ensembles, immerhin müssen die jungen Schauspieler die Serie tragen; gerade im Serienbereich gibt es diverse Beispiele für vielversprechende Ansätze, deren Umsetzung daran scheiterte, dass die Darsteller fehlendes Talent mit Übereifer kompensierten. Die Mitglieder des Titelquartetts sind zum Teil um die dreißig, also älter als ihre Rollen, und vor allem keine "blutigen Anfänger" mehr. Die größte Erfahrung hat François Goeske, der 2002 mit 13 beim Kinofilm "Das fliegende Klassenzimmer" erstmals vor der Kamera stand und später Jim Hawkins im ProSieben-Zweiter "Die Schatzinsel" (2007) gespielt hat. Luise von Finckh war zuletzt in dem Sat.1-Thriller "Das vergessene Dorf" (2019) zu sehen und hat eine ihrer besten Rollen als schwererziehbares Mädchen in Krimidrama "Polly" aus der ZDF-Reihe "Kommissarin Lucas" (2019) gespielt. Jane Chirwa hat viel Erfahrung als ehemalige Hauptdarstellerin der ARD-Vorabendserie "In aller Freundschaft - Die jungen Ärzte" (2016 bis 2019) sammeln können. Timmi Trinks schließlich steht bereits genauso lange vor der Kamera wie Goeske, obwohl er einige Jahre jünger ist; er gehörte unter anderem zum Ensemble der Kika-Serie "Allein gegen die zeit" (2010 bis 2012).

Die Schlagzeilen dürften jedoch der Fünften im Bunde gehören, zumal Larissa Marolt, 2009 Siegerin des Wettbewerbs "Austria’s Next Topmodel", auch die schillerndste Figur verkörpert: Leonie hat sich als wissenschaftliche Hilfskraft in den Dekan der Hochschule verliebt und kann nicht verwinden, dass er sie nur als Affäre betrachtet. Ihre Geschichte zieht sich auch durch die weiteren Folgen. Die erste Episode endete mit einem cleveren Cliffhanger: Der Dekan ist ermordet worden, Leonie gilt als Hauptverdächtige. Der nun natürlich nicht mehr mitwirkende Gedeon Burkhard ist neben Esther Schweins als Dozentin für Kriminalpsychologie mit panischer Angst vor Dunkelheit sowie Steffen Groth als Pressesprecher die prominenteste Besetzung, aber auch für die "richtigen" Kommissare sind markante Darsteller gefunden worden: Neil Malik Abdullah spielt den väterlichen Leiter der Mordkommission, Salvatore Greco einen "Hauptkommissar mit Italo-Schmelz", wie es im Rollenprofil heißt, und Werner Daehn den klischeehaft als harten Hund verschrienen Sporttrainer.

Ihren Reiz bezieht die Serie (Buch: Heike Brückner von Grumbkow und Jörg Brückner)  jedoch ohnehin aus der Arbeit des Titelquartetts, das im Sinn des "Learning by Doing" echte Ermittlungen durchführen muss, ohne über entsprechende Erfahrung zu verfügen. Das verleiht den Geschichten eine interessante Form von Authentizität, weil die vier lernen müssen, wie man Angehörigen eine Todesnachricht überbringt, wie man bei einer Vernehmung die richtige Taktik anwendet oder wie man vermeidet, sich in seiner Empathie zu verlieren. Auch der Bildgestaltung ist anzusehen, dass sich "Blutige Anfänger" vom sonstigen Vorabendprogramm absetzen soll. Das Schnitttempo wird nach dem rasanten Auftakt zwar ruhiger, aber kurze Einschübe in Zeitlupe, Zeitraffer oder auch mal in Schwarzweiß sorgen regelmäßig für optische Auflockerung.