Statt Silbergroschen 50 Euro

Bibel für Menschen mit Behinderung
© epd-bild/Andreas Fischer
Die Bibel ist für alle da – nur können sie manche nicht lesen, Blinde zum Beispiel oder Menschen mit geistigen Einschränkungen. Der "Daisy-Player" kann die Bibel als Hörerbuch abspielen. Die Deutsche Bibelgesellschaft, das Katholische Bibelwerk sowie weitere kirchliche Organisationen bieten inzwischen einen ganzen Koffer voller Hilfsmittel, um Behinderten einen Zugang zur Heiligen Schrift zu eröffnen.
Statt Silbergroschen 50 Euro
Christen sind überzeugt: Die biblische Botschaft gilt allen Menschen. Manche Behinderung macht das Lesen der Bibel unmöglich. Doch es gibt Hilfen.
10.09.2019
epd
Marcus Mockler

Die Bibel ist für alle da - nur können sie manche nicht lesen, Blinde zum Beispiel oder Menschen mit geistigen Einschränkungen. Die Deutsche Bibelgesellschaft, das Katholische Bibelwerk (beide Stuttgart) sowie weitere kirchliche Organisationen bieten inzwischen einen ganzen Koffer voller Hilfsmittel, um Menschen mit Behinderung einen Zugang zur Heiligen Schrift zu eröffnen.

Das vielleicht modernste Gerät ist der "Daisy-Player". Auf ihm lässt sich die Bibel als Hörbuch wahrnehmen. Im Unterschied zu üblichen Hörbüchern, bei denen man für das Navigieren zum richtigen Kapitel immer noch Inhaltsangaben und Displays lesen können muss, bietet der "Daisy-Player" eine akustische Navigation, mit deren Hilfe sich sogar jeder einzelne biblische Vers ohne fremde Hilfe ansteuern lässt.

Vor mehr als 100 Jahren gründeten fünf blinde Männer in der Kirche eine Gesellschaft, die Menschen ohne Sehkraft die biblischen Texte verfügbar machen wollte, die "Gesellschaft für christliches Leben unter den deutschen Blinden". Grundlage war die Punktschrift des Franzosen Louis Braille (1809-1852). Durch das Abtasten der ins Papier geprägten Zeichen lässt sich diese Schrift ohne Augenlicht lesen. Heute stehen neben der Lutherbibel auch moderne Übersetzungen wie die Basis-Bibel in Punktschrift zur Verfügung.

Die zeitgemäße Variante der Punkteschrift stellt die sogenannte Braillezeile dar, ein an den Computer angeschlossenes Ausgabegerät. Die kleinen Stößel in der abzustastenden Leseleiste ordnen sich neu - je nachdem, welchen Teil einer Bildschirmseite man gerade aufruft. So ebnet das Gerät auch Blinden über ihre Finger einen Weg in die elektronische Welt. Für Menschen, die noch über ein eingeschränktes Sehvermögen verfügen, gibt es eine Bibelausgabe im Maxi-Druck: 21 Din-A-4-Hefte in einer riesigen, einspaltigen Schrift machen den Text für sie erkennbar.

Zunehmend in den Fokus geraten bei den Bibelgesellschaften Menschen mit geistigen Einschränkungen. Für sie entwickelt das Katholische Bibelwerk derzeit Evangelientexte in leichter Sprache. Die Herausforderung ist groß, denn die Welt der Bibel in ihrem antiken Umfeld und mit ihren theologischen Gedanken lässt sich manchmal nur mit Mühe in einfachen Worten beschreiben.

"Wir wollen keine 'Bibel light' und schon gar keine 'Theologie light' betreiben", sagte Dieter Bauer vom Katholischen Bibelwerk der Zeitschrift "Bibel aktuell" der Schweizer Bibelgesellschaft. Derzeit erarbeitet eine Expertengruppe die Übertragung des kompletten Markus-Evangeliums. Um der Verständlichkeit willen genehmigen sich die Übersetzer dabei einige Freiheiten. Wenn es im Originaltext etwa heißt, die Arbeiter im Weinberg erhalten einen Lohn von einem Silbergroschen, so ist in leichter Sprache von "50 Euro" die Rede.

Zielgruppe der Bibel in leichter Sprache sind Menschen mit Lernbehinderungen, darunter auch die 50.000 Frauen und Männer mit Down-Syndrom in Deutschland. Für Ralf Thomas Müller von der Deutschen Bibelgesellschaft gibt die Heilige Schrift selbst den Auftrag, Behinderten den Weg zum Wort Gottes freizumachen: So sei schon Jesus ganz selbstverständlich mit Menschen umgegangen, die unter Beeinträchtigungen litten: "Jesus holt die Ausgegrenzten in die Gemeinschaft zurück."