Von Notkirchen, russischen Metallikonen und Todsünden

Johanneskirche in Wuppertal-Elberfeld
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Die evangelische Johanneskirche in Wuppertal-Elberfeld wurde 1948/49 nach dem Notkirchenprogramm des Architekten Otto Bartning erbaut und wird thematisiert in der Ausstellung im Freilichtmuseum in der Eifel "Bartning.Bartning.Bartning. Architekt der Moderne".
Von Notkirchen, russischen Metallikonen und Todsünden
NRW-Museen zeigen Ausstellungen zu religiösen Themen
Schätze aus dem Mittelalter, eine Kirche aus Trümmerteilen und religiöses Leben im frühen Russischen Reich: Viele Museen in NRW beschäftigten sich im zweiten Halbjahr mit dem Glauben.
22.07.2019
epd
Andreas Rehnolt

Heilige Schriften, aus der Not entstandene Gotteshäuser und Kirchen von Wolgadeutschen sind in der zweiten Jahreshälfte Schwerpunkte in den nordrhein-westfälischen Museen. Ausstellungshäuser wie das Kölner Wallraf-Richartz-Museum, das Gerhard Hauptmann Haus in Düsseldorf und das Ikonen-Museum in Recklinghausen zeigen Ausstellungen zu religiösen Themen. Dabei geht es unter anderem um die sieben Todsünden, russische Ikonen aus Metall und ein kostbares, vergoldetes Medaillon.

Im westfälischen Telgte läuft noch bis zum 25. August das Ausstellungsprojekt "Saligia/Sieben", in dem es um die sieben Todsünden geht. Die Wanderausstellung mit Werken von sieben Künstlern reist auf sieben Pkw-Anhängern durch das Münsterland und kommt nach der Station im Westfälischen Museum für religiöse Kultur (Religio) in Telgte unter anderem nach Münster, Saerbeck und Herne.

Notkirchen im Fokus

Im Freilichtmuseum Kommern des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) wurde am Sonntag die 1951 als evangelische Diasporakapelle in Overath erbaute Versöhnungskirche wieder eröffnet. Das Gotteshaus hatte evangelischen Flüchtlingen dort über viele Jahre als Notkirche gedient. 2017 war sie von einem Museumsteam abgebaut, in ganzen Teilen nach Kommern gebracht und dort wieder aufgebaut worden.

Am 6. Oktober startet zudem im Freilichtmuseum in der Eifel die Ausstellung "Bartning.Bartning.Bartning. Architekt der Moderne".  Die Schau zeigt das vielschichtige Lebenswerk des Architekten, der die Baukultur des 20. Jahrhunderts nicht zuletzt durch seinen seriellen Ansatz nachhaltig geprägt hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte Bartning das Notkirchenprojekt. Bis 1953 entstanden über 100 Kirchen aus vorfabrizierten Elementen, die meist mit lokalem Trümmermaterial kombiniert wurden.

###galerie|143013|Otto Bartning - Kirchenarchitekt der Moderne###

"Vergessene Zivilisation - Die Kirchen der Wolgadeutschen" lautet der Titel einer Ausstellung, die am 6. September im Düsseldorfer Gerhard Hauptmann Haus eröffnet wird. Die Schau zeigt bis zum 18. Oktober Fotografien, die der Fotograf Artjom Uffelmann 2012 von den sakralen Bauten der Wolgadeutschen im früheren Russischen Reich machte. Die Gotteshäuser entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Kirchen bildeten nach Angaben der Ausstellungsmacher bis zur Oktoberrevolution den wichtigsten Identitätsanker der deutschen Siedler in Russland, weil sie über die Seelsorge hinaus auch weite Teile des Schulwesens und der kommunalen Selbstverwaltung bestimmten. Die Aufnahmen stammen aus dem Museum für Russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold und werden im Rahmen der Russlanddeutschen Kulturtage 2019 präsentiert.

Jüdisches Gebetsbuch kehrt Heim

Ebenfalls im Herbst zeigt das Wallraf-Richartz-Museum den kostbaren "Amsterdam Machsor". Das jüdische Gebetbuch aus dem 13. Jahrhundert wird erstmals seit 50 Jahren wieder in Köln zu sehen sein. Die Schau "Der Amsterdam Machsor - Ein Schatz kehrt heim" präsentiert vom 25. September bis 12. Januar die reich verzierte Handschrift, die ein Einzelstück ist und zu den ältesten noch erhaltenen hebräischen illuminierten Manuskripten im deutschsprachigen Raum gehört. Der Landschaftsverband Rheinland erwarb sie 2017 zusammen mit dem Jüdischen Historischen Museum Amsterdam.

Der "Amsterdam Machsor" ist ein jüdisches Gebetbuch aus dem 13. Jahrhundert.

Im Wallraf-Richartz-Museum werde das Buch im Fenstersaal mit Blick auf den künftigen Standort des MiQua, des Jüdischen Museums im Archäologischen Quartier, präsentiert, hieß es. Damit kehre die Schrift ganz nah an jene mittelalterliche Synagoge zurück, in der sie vor über 700 Jahren erstmals verlesen wurde. Auf insgesamt 331 Pergamentseiten enthält der "Amsterdam Machsor" den spezifischen Kölner Ritus mit Gebeten und liturgischen Gedichten.

Das Ikonen-Museum Recklinghausen präsentiert ab dem 11. November unter dem Titel "Holy-Metal" eine Ausstellung mit russischen Metallikonen aus dem Nachlass von Gustav und Rose-Marie Wörner. Zu der 66 Exponate umfassende Sammlung zählen unter anderem acht Kreuze verschiedener Form, mehrere Triptychen und zwei vierteilige Kappikonen. Viele der Metallikonen sind mit farbigem Email geschmückt oder vergoldet.  

Alle wichtigen religiösen Themen sind in der Schau vertreten: Christus, die Muttergottes, Festtage und Heilige. Das wohl kostbarste Stück ist ein vergoldetes, aufklappbares Medaillon, das 1634 in Bosnien oder Montenegro hergestellt wurde und Darstellungen der Muttergottes des Zeichens und der Dreifaltigkeit aufweist.