Warum das "Danke"-Lied nicht variiert werden darf

Kirchenlied "Danke für diesen guten Morgen" in einem evangelischen Gesangsbuch
epd-bild/Mika Preller-Pieroth
Evangelisches Gesangsbuch mit dem Lied "Danke für diesen guten Morgen, danke für jeden neuen Tag".
Erben einig: Umdichten verboten
Warum das "Danke"-Lied nicht variiert werden darf
Das bekannte Kirchenlied "Danke für diesen guten Morgen" verführt immer wieder zu Umdichtungen und Parodien. Die Erbengemeinschaft sieht das nicht gern - und geht bei kommerziellen Veranstaltern auch mal mit Rechtsmitteln dagegen vor.

Dieses Kirchenlied war der Gassenhauer der 1960er Jahre: "Danke für diesen guten Morgen" von Martin Gotthard Schneider (1930-2017). 1963 stand es sechs Wochen lang unter den Top-Ten der deutschen Hitparade. Die eingängige Melodie und der lebensnahe Text verlocken seither, das Lied umzudichten oder sogar zu parodieren. Was viele nicht wissen: Damit begehen sie eine Urheberrechtsverletzung.

Jüngster Fall ist ein "Blaulichtgottesdienst" im Kreis Tübingen, in dem eine auf Einsatzkräfte abgestimmte neue Fassung gesungen wurde. Die Erbengemeinschaft des Kirchenmusikers bekam über einen Zeitungsartikel Kenntnis von der Aktion und schrieb den Verantwortlichen einen Brief, in dem sie auf die Rechtslage hinwies und zunächst eine weitere Verwendung untersagte. Erst nach Rücksprache wurde eine eng begrenzte Erlaubnis für die Liedvariation erteilt.

Zwei bis drei Dutzend Mal pro Jahr werde die Erbengemeinschaft auf solche rechtswidrigen Textbearbeitungen aufmerksam, erklärt Jörg Schneider (Konstanz), Sohn des Lieddichters, auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes. "Es dürfte eine erhebliche Dunkelziffer geben." Die Erben reagierten "zurückhaltend und maßvoll", betont er.

Das "Danke"-Lied hat den evangelischen Theologen, Kirchenmusiker und Komponisten Martin Gotthard Schneider in der ganzen Welt bekannt gemacht. (Archivfoto von 2010)

Konkret bedeutet das seinen Angaben zufolge, dass man im kirchlichen Kontext noch nie zu juristischen Mitteln gegriffen habe. Anders sieht es bei der kommerziellen Nutzung aus, etwa auf Theaterbühnen oder Tonträgern. Hier verfolge die Erbengemeinschaft ihre Interessen konsequent. "Dabei geht es uns nicht nur ums Recht, sondern auch um Respekt gegenüber dem Werk und dem Autor", betont Schneider.

Lied als Ausdruck des christlichen Dankens im Alltag

Der Sohn beschreibt seinen Vater als "überaus sensiblen Autor". Das berühmte Lied habe er nicht als beliebig formbares "Volkslied" verstanden, sondern als Ausdruck des christlichen Dankens im Alltag. Ihm sei daran gelegen gewesen, "dass die Grundhaltung nicht durch beliebige oder gar geschmacklose Bearbeitungen verwässert wird."

Die Sorge der Erbengemeinschaft: "Sobald sich Bearbeitungen unkontrolliert verbreiten, besteht die Gefahr, dass sich einzelne Strophen verselbstständigen und der Originaltext zunehmend in den Hintergrund tritt." Und genau deshalb geht sie den Urheberrechtsverletzungen nach.

Das bekam etwa der österreichische Regisseur Kurt Palm zu spüren, als er 2022 in Linz das Lied persiflierte ("Danke für diesen Selchfleischknödel"). Die Erben untersagten ihm, die abgewandelten Verse in seinem Stück "This is the end, my friend" zu verwenden. Ebenso erging es 2020 der Komponistin Olga Neuwirth, die in der Oper "Orlando" in Wien das Thema Kindesmissbrauch in die Dankes-Zeilen einschleuste. Sie musste laut Erbengemeinschaft ihre Partitur ändern.

In sechs Strophen deutet das Lied von Martin Gotthard Schneider einen Weg zu tiefer Dankbarkeit an. Von den kleinen Dingen des Alltags, guten Freunden, der Arbeit, über Befindlichkeiten bis hin zur Macht Gottes, die erst die Möglichkeit zu danken eröffnet, schlägt das Lied einen Bogen.

Lied Nr. 334 im Evangelischen Gesangsbuch

Das Lied wurde ins Evangelische Gesangbuch unter der Nummer 334 aufgenommen und weltweit in mehr als 25 Sprachen übersetzt. In seinen Anfangszeiten lief es regelmäßig im Radio, und bis heute sind Melodie und erste Textzeile auch vielen Menschen vertraut, die keine Gottesdienste besuchen.

Wer an Schneiders gedichtete Zeile ohne Zustimmung der Rechtsnachfolger Hand anlegen will, muss sich gedulden. Das Urheberrecht schützt Text und Melodie in der Regel noch 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Frei variierbar ist es demnach erst im Jahr 2087.