Sexualisierte Gewalt: Aufarbeitung in den Kirchen intensivieren

Archive öffen zur Aufarbeitung der MIssbrauchsfälle in Kirchen.
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Zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in Bistümern und Landeskirchen sollten "Zugangsbefugnisse zu Akten und Archiven sowie Entschädigungsfragen erörtert und möglichst festgelegt werden", so der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung Johannes-Wilhelm Rörig.
Sexualisierte Gewalt: Aufarbeitung in den Kirchen intensivieren
Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung Johannes-Wilhelm Rörig hat die Kirchen dazu aufgerufen, die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in ihren Institutionen zu intensivieren. Zudem werde es Gespräche über staatliche Unterstützung dafür geben.

Mit Blick auf die Aufarbeitung im kirchlichen Kontext sei 2018 ein wegweisendes Jahr gewesen, sagte der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung Johannes-Wilhelm Rörig am Donnerstag in Berlin. Die Beschlüsse, der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland von Ende 2018, seien ein wichtiges Fundament für die jetzt anstehende umfassende Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Kontexten.

Endlich sei auf Seiten der Kirchen anerkannt, dass strukturelle und kirchenspezifische Bedingungen sexuellen Missbrauch in diesem Ausmaß ermöglicht haben. Zudem sei klar, dass "die Anstrengungen für die Aufarbeitung dieses ungeheuerlichen Unrechts" erheblich verstärkt werden müssten und ohne Betroffenenbeteiligung nicht gelingen können. "Dieser Prozess darf jetzt von keinem Bistum und keiner Landeskirche mehr aufgehalten werden", sagte Röhrig.

Ende Dezember 2018 hat Rörig gemeinsam mit Mitgliedern der Aufarbeitungskommission und des Betroffenenrates eine Arbeitsgruppe "Aufarbeitung Kirchen" eingesetzt. Die Arbeitsgruppe hat Eckpunkte für eine umfassende Aufklärung und unabhängige Aufarbeitung entwickelt, die in den kommenden Wochen mit Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche, Ressorts der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages erörtert werden. Rörig möchte die staatliche Seite dafür gewinnen, die kirchliche Aufarbeitung zu unterstützen. Gemeinsam sollten Kriterien und Standards zur Betroffenenbeteiligung, Einrichtung unabhängiger Aufarbeitungskommissionen in den Bistümern und Landeskirchen, und Zugangsbefugnissen zu Akten und Archiven sowie Entschädigungsfragen erörtert und möglichst festgelegt werden. "Insbesondere die Frage nach einer angemessenen Entschädigung ist für viele Betroffene nach wie vor eine offene Wunde ", so Rörig.

Am 28. Januar 2010 hatte die "Berliner Morgenpost" erstmals von den Missbrauchsfällen am katholischen Berliner Canisius-Kolleg, einem Internat, berichtet. In der Folge wurden zahlreiche Fälle und deren jahrzehntelange Vertuschung in der katholischen und evangelischen Kirche sowie in anderen Schulen und Institutionen bekannt.