"Wir nehmen unsere eigenen Beschlüsse ernst"

Auf der Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen in Bielefeld isst man vegetarisch.
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Die Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen bemüht sich noch stärker als in den Vorjahren um Umwelt- und Klimaverträglichkeit, zum Beispiel mit vegetarischem Mittagessen.
"Wir nehmen unsere eigenen Beschlüsse ernst"
Westfälische Synode reduziert Fleischkonsum und Papierverbrauch
Neunzig Prozent weniger Papier und zu achtzig Prozent vegetarisches Mittagessen: Die bis Mittwoch in Bielefeld tagende Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen bemüht sich noch stärker als in den Vorjahren um Umwelt- und Klimaverträglichkeit. Das sei eine Frage von Glaubwürdigkeit und Konsequenz, sagte der Theologische Vizepräsident Ulf Schlüter dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir können nicht jahrelang über die industrielle Massentierhaltung und Fleischproduktion reden und in unserem eigenen Handeln alles beim Alten lassen."

Die westfälische Landessynode verzichtet in diesem Jahr weitgehend auf Papier und ist digital organisiert. Was heißt das konkret?

Ulf Schlüter: Den mehr als 200 Mitgliedern und Gästen der Synode werden sämtliche Unterlagen ausschließlich über unsere Intranet-Plattform "Kiwi" zur Verfügung gestellt. Bislang erhielten sie per Post einen dicken Papierstapel zugeschickt und gingen am Ende der Synode mit einem prall gefüllten Ordner nach Hause. Weil das digitale Verfahren ganz neu ist, gibt es aber auch Ausnahmen: Wer aus verschiedenen Gründen nicht mit elektronischen Geräten arbeiten kann oder will, hat die Unterlagen in Papierform bekommen. Von dieser Möglichkeit haben aber nur acht Synodale Gebrauch gemacht. In "Kiwi" werden auch während der Synode alle Dokumente zur Verfügung gestellt, zum Beispiel Beschlussvorlagen. Schriftliche Anträge werden per E-Mail eingereicht. Durch diese Maßnahme sparen wir insgesamt über 200.000 Blatt Papier ein. Für die Landessynode 2017 wurden noch 235.000 Blatt verbraucht, in diesem Jahr sollen es noch höchstens 23.000 sein.

Stellen Sie allen Synodalen drahtloses Internet zur Verfügung?

Schlüter: Ja, für alle Synodalen ist W-LAN verfügbar - sowohl im Plenarsaal als auch in den Räumen, in denen die Ausschüsse tagen. Es ist also dafür gesorgt, dass die Ausschussarbeit papierlos erledigt werden kann. Bei einem Testlauf vor einigen Jahren hatte es wegen eines unzureichenden W-LAN-Zugangs noch gehakt, aber in diesem Jahr funktioniert die Internetnutzung reibungslos.



Nutzen die Synodalen ihre eigenen Geräte?

Schlüter: Die allermeisten Synodalen haben ohnehin ein mobiles Gerät - also ein Tablet oder Notebook. Wer keines hat, bekommt von uns ein Gerät gestellt. Das ist aber lediglich in 15 Fällen nötig. Die Bedienung ist simpel: Man benötigt nur einen Browser, um mit den Unterlagen zu arbeiten. Der Großteil der Dokumente konnte bereits vor der Synode heruntergeladen werden, so dass sie auch offline verfügbar sind. Vor der Synode wurden Schulungen und Videotutorials angeboten, während der Synode gibt es falls nötig technischen Support.

Wie sieht es in den historischen Räumen in Bethel mit der Stromversorgung aus?

Schlüter: Bisher konnte man sich in Bezug auf die Stromversorgung in der Tat fast wie im 19. Jahrhundert fühlen. Wir haben es aber so organisiert, dass nun jeder ausreichende Lademöglichkeiten hat. Für Tablets stehen notfalls auch Powerbanks zur Verfügung.



Eine weitere Neuerung ist, dass die Synode erstmals überwiegend vegetarisch verpflegt wird. Wer mittags Fleisch essen will, musste dies vorab anmelden. Wie ist das aufgenommen worden?

Schlüter: Bisher war es andersherum: Die Synodalen mussten vorab mitteilen, ob sie vegetarisches Essen wünschen. Diese scheinbare Selbstverständlichkeit haben wir umgekehrt. Wir bieten nun grundsätzlich vegetarisches Essen an. Alle, die dies wollen, erhalten aber weiterhin eine Mahlzeit mit Fleisch. Sie mussten sich jedoch ausdrücklich dafür entscheiden. Dieses Vorgehen ist weitgehend akzeptiert. Es gab nur vereinzelte Rückmeldungen nach dem Motto "Man wird doch wohl noch sein Stück Fleisch essen dürfen". Von rund 250 Menschen einschließlich Gästen und Mitarbeitenden, die mit Mittagessen versorgt werden, haben vorab 50 mitgeteilt, dass sie Fleisch essen wollen.

Was sind die Beweggründe für diese Veränderungen?

Schlüter: Wir nehmen unsere eigene Haltung und unsere Beschlüsse zur Bewahrung der Schöpfung ernst und versuchen deshalb, die Landessynode so tierfreundlich und so klimafreundlich wie möglich zu gestalten. Das ist eine Frage von Glaubwürdigkeit und Konsequenz. Wir können nicht jahrelang über die industrielle Massentierhaltung und Fleischproduktion reden und in unserem eigenen Handeln alles beim Alten lassen. Es sollte der Grundsatz gelten: So wenig Fleisch wie möglich.

Ist das westfälische Kirchenparlament damit Vorreiter?

Schlüter: Wir setzen insbesondere die papierlose Synode zumindest recht konsequent um. Für die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) werden beispielsweise zwar ebenfalls alle Papiere digital zur Verfügung gestellt. Es erfolgt aber parallel auch ein Papierversand.

Ist die Synode wirklich klimaneutral?

Schlüter: Wir gleichen die Klimabelastungen, die durch die Synode entstehen, durch Kompensationen aus. Noch besser ist es natürlich, so wenige Ressourcen zu verbrauchen wie möglich. Hier gilt es, nach dem besten Weg zu suchen. Es gibt auch Kritik am digitalen Arbeiten - mit dem Argument, auch die Herstellung und der Betrieb der elektronischen Geräte verbrauche Energie. Dem würde ich begegnen mit dem Hinweis, dass die Synodalen ihre Geräte in der Regel ohnehin dabeihaben. Niemand hat sich nur für die Synode ein Tablet gekauft.