Fernsehwochenvorschau: "Muhi - Über alle Grenzen"

Muhi
Foto: Rina Castelnuovo-Hollander
Starker Zusammenhalt: Muhi übt zusammen mit seinem Großvater Abu Naim (l.) und seinem israelischen Betreuer Buma Inbar (r.) den Umgang mit seinen Prothesen.
Fernsehwochenvorschau: "Muhi - Über alle Grenzen"
Fernsehwochenvorschau vom 22. bis 27. September
Der sechsjährige Muhi ist Sohn eines Hamas-Aktivisten und leidet an einer Immunkrankheit, die im Gaza-Streifen nicht behandelt werden kann. Jetzt ist Muhis Heimat ein Krankenhaus in Israel. Die Dokumentation fängt die Unauflösbarkeit dieser individuellen Tragödie vor dem Hintergrund eines politischen Dauerdramas im Nahen Osten ein. Am 24. September um 22.25 Uhr erzählt 3sat diese anrührende Geschichte. Und das gibt es sonst noch im TV.

22.9., Arte, 22.20 Uhr: "Vererbte Narben"

Ein Vierjähriger wird von Sirenenalarm aus dem Schlaf gerissen. Die Eltern sind nicht da. Panisch verlässt er das Haus und flüchtet unter eine Brücke - und das mitten im Frieden. Seine Mutter kann sich das nicht anders erklären, als dass er ihre erlebte Angst vor Bomben im Krieg sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen hat. Dabei wollten die Eltern ihre Kinder bewusst angstfrei erziehen. Ein Algerier in Paris hat gleich mehrere Trauma-Folgestörungen seiner Vorfahren übernommen, sogar noch aus dem Ersten Weltkrieg. Eine junge Frau deckt den von Generation zu Generation wiederholten Kindesmissbrauch innerhalb ihrer Familie auf. Die Dokumentation belegt: Familiengeheimnisse, körperliche und seelische Traumata, familiärer Stress und zementierte Glaubenssätze wirken sich nicht nur auf diejenigen aus, die es selbst erleiden, es kann sich sogar auf die nachfolgenden Generationen auswirken. Diese entwickeln dann Symptome, als hätten sie das Leid der Eltern selbst erlebt: unerklärliche Ängste, Beziehungsstörungen, Alpträume und psychosomatische Erkrankungen. Und sie inszenieren die Schrecknisse der Eltern und Großeltern unbewusst immer wieder neu. Die schlimmsten Verursacher von Trauma-Folgestörungen und deren Übertragung auf die nachfolgenden Generationen sind Kriege. Sie produzieren Schmerz, Verlust und großes Leid auch bei den Kriegskindern, obwohl ihnen doch die Gnade der späten Geburt zuteil wurde.

22.9., Arte, 23.25 Uhr: "Philosophie: Keine Probleme mit der Verschwendung"

Ist Verschwendung eine Gesellschaftskrankheit? Warum wundert sich keiner darüber, dass Gegenstände heute eine kürzere Lebensdauer haben als Menschen? Geplante Obsoleszenz, Einwegartikel: Es herrscht eine Wegwerfkultur, in der kaum noch jemand Wert auf Gegenstände legt oder sich für die Kunst ihrer Herstellung und Nutzung interessiert. Sollte man nicht zur Bekämpfung der unseligen Verschwendung die Lebensdauer von Gegenständen verlängern? Gast der Sendung ist unter anderem Martin Bobel, Koordinator eines Netzwerks für Kreislauf-Ökonomie mit genossenschaftlich betriebenen Wertstoffhöfen und Recyclinganlagen im Großraum Paris. Er bringt Hilfs- und Umweltvereine miteinander in Verbindung, um Lösungen für die ökologische und die soziale Krise zugleich zu finden. Ein weitere Gast ist Bérangère Abba. Sie sitzt im Ausschuss des französischen Parlaments für nachhaltige Entwicklung und Raumplanung und ist Mitglied des Nationalrats für die ökologische Wende.

23.9., ARD, 17.30 Uhr: "Echtes Leben: Späte Väter"

Späte Väter liegen im Trend. Jedes 20. Kind hat heute bei seiner Geburt einen Vater, der über 50 ist. Die Tendenz ist steigend. Katharina Prokopy wollte wissen, ob dies die Erfüllung aller Wünsche ist: Berufsleben, Erfolg, Karriere - und dann kurz vor der Rente noch ein Baby mit der deutlich jüngeren Partnerin. Oder ist ihnen das Ereignis gewissermaßen zugestoßen: ein großes Glück, eine besondere Herausforderung und ein hohes Maß an Verantwortung in den späten Lebensjahren, wenn Altersgenossen ihre Zeit auf dem Golfplatz oder auf Kreuzfahrtschiffen verbringen? Roland war 66, als seine Tochter Wilma auf die Welt kam. Er und seine Freundin Elena kannten sich da noch nicht allzu lange. Von einem Kind war in ihrer Beziehung nie die Rede gewesen. Wilma war nicht geplant. Jetzt ist sie da und wird heiß geliebt. Aber das "Entspannt-in-den-Tag-hineinleben" geht zu Ende. Der Musiker Roland geht mit seiner Band wieder auf Tournee und Elena beginnt ein Studium in einer anderen Stadt. Wie kriegen sie das hin? Konzerte, Studium, das aufreibende Leben mit einem Kleinkind, der eine 67, die andere Ende 20. Der Film begleitet die kleine Familie in dieser aufregenden Zeit. Auch Lisa, Petra und Gary stehen vor großen Aufgaben: Erst vor wenigen Jahren hat die Familie im Westerwald einen Reiterhof gekauft. Der wird jetzt renoviert. Alle packen mit an: die 17-jährige Lisa, ihre Mutter Petra und Gary. Der passionierte Westernreiter ist schon 82 und steht immer noch mitten im Leben: Stallarbeit, neue Koppeln anlegen, Reitstunden. Als Lisa auf die Welt kam, war er 64. Gary zeigt Lisa, wie man Traktor fährt. Das ist ihm wichtig. Denn es könnte ja sein, dass sie und ihre Mutter eines Tages noch mehr Verantwortung übernehmen müssen. Wie sieht das Mädchen ihren Vater? Was teilen sie? Hat sie auch manchmal Angst, ihn bald zu verlieren? Beide Männer stehen mitten im Leben. Noch im Alter sind sie stark gefordert.

23.9., ZDF, 9.30 Uhr: "Evangelischer Gottesdienst: Sei du unser Gast"

Jedes Jahr kommen Millionen von Touristen hierher und genießen Landschaft, Kultur und gutes Essen. Auch die Gotteshäuser öffnen ihre Türen, wird doch die Gastfreundschaft in allen Religionen hoch geschätzt. Der Tourismus in Meran hat durch Konkurrenzdruck und Massenabfertigung jedoch auch seine Schattenseiten. Anlass für die evangelische Gemeinde und Pfarrer Martin Krautwurst, Gäste und Einheimische in die Christuskirche einzuladen, um das biblische Geheimnis gelungener Gastfreundschaft zu ergründen und zu verraten, warum im Wagnis, Fremde zu beherbergen, für alle ein Segen liegt. Mit dabei ist auch Lene Morgenstern. Die Gewinnerin verschiedener Südtiroler Poetry-Slam-Wettbewerbe setzt sich augenzwinkernd mit Perfektionsansprüchen rund um Küche und Tafel auseinander. Stephan Kofler (Orgelpositiv) spielt mit Manuel Tumler (Trompete/Piccolotrompete) und Josef Höhn (Geige) festliche Musik von Händel, Telemann und Goller. Stefan Gstrein begleitet den Gemeindegesang an der Hauptorgel.

23.9., ZDF, 23.30 Uhr: "ZDF-History: Rettung der Zehntausend"

Das Pogrom vom 9. November 1938 gegen jüdische Deutsche schockierte die Welt. In Großbritannien taten sich Helfer zusammen, die sofort eine groß angelegte humanitäre Rettungsaktion organisierten. Die Insel wurde zum Zufluchtsort für jüdische Kinder aus Hitlers Reich.
Am Abend des 30. November 1938 verließ der erste Transport mit 196 Kindern den Bahnhof Berlin-Friedrichstraße. In Großbritannien hatten jüdische Organisationen und die Quäker bereits vier Tage nach dem Pogrom an Premierminister Chamberlain appelliert, deutsch-jüdische Kinder ohne bürokratische Hürden ins Land zu lassen. Kurz darauf billigte das Parlament den Plan. Per Radio suchte man nach Gasteltern für die Kinder aus der Fremde. Aus vielen Städten des Deutschen Reiches fuhren jetzt Züge in die Sicherheit - bis zum Kriegsbeginn Anfang September 1939. Achtzig Jahre nach dem November-Pogrom erzählt der Film Geschichten vom Überleben und vom Leben in einem fremden Land. Er zeichnet anhand von Einzelporträts typische, aber auch besondere Lebenswege nach. Bei Kriegsende wurde vielen der Geretteten klar, dass ihre Eltern in den Lagern ermordet worden waren. Doch trotz der vielfältigen Wunden, die Krieg und Trennung schlugen, schufen sich die meisten "Transportkinder" erfolgreiche Existenzen in ihrer neuen Heimat.

23.9., Phoenix, 23.15 Uhr: "Das Mädchen und der Flüchtling"

Es ist der 22. Dezember 2017. In einer ruhigen Wohnstraße im hessischen Darmstadt stellt sich ein 16-jähriger afghanischer Flüchtling einem 17-jährigen Mädchen in den Weg. Die beiden kennen sich aus der Schule, sie war seine Deutsch-Patin; er glaubte, sie wären ein Paar. Dann geht alles ganz schnell. Das Springmesser hatte er mitgebracht, damit sticht er zu, immer wieder. Eine brutale Attacke, die das Mädchen nur knapp überlebt. Noch am selben Abend wird der Junge in seiner Wohngruppe für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge festgenommen. Nur fünf Tage später im südpfälzischen Kandel: Mit zahlreichen Messerstichen tötet ein afghanischer Flüchtling seine ehemalige Freundin in einem Drogeriemarkt. Ein paar Wochen zuvor hatte das Mädchen die Beziehung beendet. Eine grausige Tat, deren Brutalität ganz Deutschland schockiert. Bereits wenige Stunden nach der Tat überschlagen sich Meldungen und Kommentare in den sozialen Medien. In Trauer und Entsetzen über den Tod des jungen Mädchens mischen sich Wut und Hass: auf den Täter; auf Flüchtlinge und die, die sie unterstützen. Und auf die Politiker, die die Sicherheit der Bevölkerung, wie es heißt, aufs Spiel setzten. Kandel ist gleich mehrfach zum Symbol geworden: für eine sträflich naive Flüchtlingspolitik; oder für die politische Instrumentalisierung eines schrecklichen Einzelfalles. Christian Gropper und Kai Diezemann haben sich in Kandel und Darmstadt umgeschaut: Wie begegneten sich Opfer und Täter? Wer hat versucht, den jugendlichen Geflüchteten die Werte einer freien und gleichberechtigten Gesellschaft nahezubringen? Ist es fahrlässig, junge Mädchen zu Deutsch-Patinnen junger Männer zu machen, die mit einem völlig anderen Frauenbild groß wurden? Welche Spuren haben die Messerattacken in den beiden Städten hinterlassen? In Kandel reisen inzwischen regelmäßig Tausende Menschen aus ganz Deutschland an, um für oder gegen Zuwanderung zu demonstrieren; in Darmstadt leben inzwischen fast 4.000 Flüchtlinge. Wie gefährlich ist es in einer Stadt, die 216 unbegleitete Minderjährige aufnahm, von denen viele aus Afghanistan stammen? Väter erlauben ihren Töchtern nicht mehr, am Abend in die Innenstadt zu fahren.
Es gelingt den Autoren, tiefer einzutauchen in die tägliche Begegnung, in das aufgeladene Spannungsfeld von Flüchtlingen und Deutschen. Schülerinnen und Lehrerinnen der Darmstädter Berufsschule, in der sich das Mädchen und der Flüchtling in einer Integrationsklasse begegneten, sprechen offen über ihre Erfahrungen, ebenso die junge Lehrerin, die hier Ansprechpartnerin für alle Mädchen ist, die sich seit der Einschulung der Flüchtlinge sexuell belästigt fühlen. Schließlich bekommt das Team auch Zutritt zu der Wohngruppe, in der der afghanische Junge gelebt hat. Über dem Eingang zur Wohnunterkunft mahnt ein Transparent: Respekt. Respekt vor jungen Frauen und Andersdenkenden müssen viele erst lernen. Wer bringt es ihnen bei?

24.9., 3sat, 22.25 Uhr: "Muhi - Über alle Grenzen"

Der sechsjährige Muhi ist Sohn eines Hamas-Aktivisten und leidet an einer Immunkrankheit, die im Gaza-Streifen nicht behandelt werden kann. Jetzt ist Muhis Heimat ein Krankenhaus in Israel. Der Film fängt die Unauflösbarkeit dieser individuellen Tragödie vor dem Hintergrund eines politischen Dauerdramas im Nahen Osten ein. Es bleibt die Frage, wie es diesem ungewöhnlichen Kind eines Tages gelingen könnte, seinen eigenen Weg zu gehen. Muhi ist ein fröhliches Kind. Er liebt seinen Opa, der stets bei ihm ist. Als Muhi zwei Jahre alt war, mussten ihm Füße und Hände amputiert werden. Mittlerweile helfen ihm Prothesen, seinen Bewegungsdrang zu stillen. Sein Großvater hat sich neben ihm im Hospital eingerichtet und mittlerweile solide Freundschaften zur Ärzteschaft und zum Pflegepersonal aufgebaut. Der Vater durfte nicht nach Israel einreisen. Er verurteilt nach wie vor den Staat, in dem sein Sohn am Leben erhalten wird. Auch Mutter und Geschwister sieht Muhi selten. Doch obwohl Muhis Aktionsradius beschränkt ist, richtet er sich wie selbstverständlich in seinem Leben ein und schafft es, mit seinem Mut und seiner Heiterkeit die ihn behindernden Grenzen immer wieder aus den Angeln zu heben.

24.9., 3sat, 23.50 Uhr: "37 Grad: Lehrer am Limit"

Lehrer arbeiten nur halbtags und machen ständig Ferien: So ist das Klischee. Doch diese Zeiten sind lange vorbei, mit dem gesellschaftlichen Wandel sind die Anforderungen massiv gestiegen. Immer mehr Lehrer haben Grund zur Klage. Sie reiben sich auf zwischen Integration, Inklusion und zunehmender Bürokratie; außerdem müssen sie Sozialarbeiter, Event-Manager und Rechtsexperten sein. Die Bildung bleibt auf der Strecke, denn es gibt zu wenig Personal für zu viele umfassende Aufgaben. Abhängig vom Bundesland, dem Schulsystem und der Fächerkombination ist der Arbeitsalltag vieler Lehrer weitaus herausfordernder geworden, als er es früher einmal war. In der Realität haben viele Lehrer kaum Pausen. Neben dem Unterricht sollen sie noch die Erziehung der Kinder übernehmen und dazu die Bürokratie bewältigen. Zahlreiche Studien bestätigen die Dauerbelastung: Lärm, Disziplinlosigkeit, Kinder mit Konzentrationsproblemen, unterschiedliche Sprach- und Lernniveaus, die zum Teil unorganisierte Inklusion, desinteressierte Eltern oder anstrengende Helikopter-Eltern. Das Resultat: Lehrer sind im Vergleich mit anderen Berufsgruppen überdurchschnittlich belastet, sie arbeiten weitaus mehr als vierzig Stunden, Pausen und Erholungszeiten während der Schulwochen sind so gut wie nicht vorhanden, dazu kommt Wochenendarbeit. Daniela Agostini stellt in ihrer Reportage zwei leidenschaftliche Lehrer vor, die ihren Beruf lieben; aber er bringt sie auch regelmäßig an ihre Grenzen. Julia W., 42, Lehrerin an einer Gesamtschule in Kassel, unterrichtet unter anderem 23 Schüler in Englisch und Politikwissenschaft in ihrer 8. Hauptschulklasse, sechs von ihnen sind Integrations- oder Inklusionskinder. Um Lehrstoff zu vermitteln, muss sie erstmal für Ruhe sorgen. Ob von dem vermittelten Wissen etwas hängenbleibt, ist sehr unklar. Entsprechend sind die Noten und die Perspektiven. Zum Schuljahresende haben fünf von 133 Kindern, die einen Abschluss an der Gesamtschule machen, eine Lehrstelle.
Zum Unterricht kommen Zusatzprojekte wie das Theaterprojekt in einer Gymnasialklasse. Hier kämpft die Theaterpädagogin gegen kulturelle Vorurteile, Machismo und pubertäres Verhalten. Sie sei Sonderpädagogin, Rechtsexpertin, Reisekauffrau und vor allem Psychologin, sagt sie frustriert über ihren Beruf, der einmal Berufung war. Christof B., 48, ist seit zwanzig Jahren Lehrer. Er unterrichtet an einer Realschule in Dortmund-Nord und behält inzwischen meistens die Nerven, obwohl es um ihn herum im Unterricht laut ist, Schüler herumlaufen und der Respekt gegenüber den Lehrern sehr nachgelassen hat. Viele Schüler haben einen Migrationshintergrund. In seiner eigenen 6. Klasse gibt es vier Inklusionskinder. Während er den anderen Mathematik beibringt, spielen sie Karten oder Mikado. Zwei Schüler sind stark verhaltensauffällig und stören ständig laut den Unterricht. Trotzdem ist Christof überzeugt, dass seine Schüler ihren Weg gehen werden; es verdiene bereits Anerkennung, dass sie in ihrem schwierigem Alltag und Umfeld überhaupt einen Abschluss machen.

24.9., Arte, 19.40 Uhr: "Re: Liebe halal"

Viele junge Muslime in Europa heiraten schnell, denn die religiösen Regeln verbieten, dass sie sich erstmal unverbindlich treffen. Doch nicht alle dieser islamischen Ehen werden rechtsgültig registriert. Kommt es zur Trennung, haben vor allem die Frauen viel zu verlieren, wie dieser Film dokumentiert. Betroffene aus Großbritannien fordern mehr Aufklärung und rechtlichen Schutz. Walia und Ali sind junge, verliebte und gläubige Muslime. Die 25-jährigen Briten aus London haben sich erst vor kurzem über die Dating-App "muzmatch" kennengelernt. Wer so zusammen kommt, tut das offiziell nur aus einem Grund: Heirat. Schon beim zweiten Treffen waren die Eltern dabei, um die Hochzeit zu besprechen. Denn erst nach der Nikah, der muslimischen Eheschließung, dürfen die beiden richtig zusammen sein. Dann ist ihre Liebe halal; aber deshalb nicht unbedingt rechtsgültig. Rund 60 Prozent der muslimischen Ehen in England werden nicht registriert, weil es gesetzlich nicht notwendig ist. Damit unterliegen die Ehen nur dem religiösen Gesetz, der Sharia. Trennt sich ein Paar, stellt dies vor allem Frauen vor große Probleme; Frauen wie Sarah Shahzad aus Bradford. Die 28-Jährige trennt sich nach zwölf Jahren und sieben Kindern von ihrem Partner, mit dem sie nur durch die Nikah verbunden ist. Sie hat ihn verlassen, weil er begann, sie zu schlagen; die Kinder nahm sie mit. Doch nach der Trennung bekommt Sarah nun keinerlei finanzielle Unterstützung durch ihren Ex-Partner. Sie hat keinen rechtlichen Anspruch auf die Aufteilung des gemeinsamen Besitzes. Auch beim Unterhalt für die Kinder gibt es bürokratische Hürden. Jetzt steht Sarah ohne Geld und ohne Ausbildung da. Sarahs Geschichte ist kein Einzelfall. Deswegen setzt sich die Anwältin Aina Khan seit Jahren für die Registrierung muslimischer Ehen ein. Mit ihrer Initiative "Register Our Marriage" reist sie durchs Land, hält Vorträge, klärt muslimische Frauen auf und versucht eine Gesetzesänderung durchzuboxen.

26.9., Arte, 19.40 Uhr: "Re: Rebell im Priestergewand"

Die katholische Kirche ist in Spanien auf dem Rückzug. Zwar sind die meisten Spanier offiziell noch Katholiken, doch immer mehr bezeichnen sich mittlerweile als konfessionslos. Viele Gläubige haben sich entfremdet, empfinden die katholische Lehre als nicht mehr zeitgemäß. Ein Pater in Madrid will das ändern. Sein Ziel: eine Kirche, die sich wieder auf die Menschen zubewegt. Mitten in Madrid leitet Padre Ángel García Rodríguez eine der außergewöhnlichsten Kirchengemeinden Spaniens: San Antón. 24 Stunden am Tag ist das Gotteshaus geöffnet, weiche Sessel ersetzen harte Kirchenbänke. Obdachlose nutzen sie gern, um sich auf ihnen auszuruhen oder zu schlafen. Freies WLAN, Frühstück und Mittagessen für Hilfsbedürftige, Public Viewing im Kirchenschiff, wenn die spanische Nationalmannschaft spielt: Padre Angel macht San Antón zu einem Ort der Gemeinschaft für alle. Der 81-Jährige will eine Kirche, die wieder näher an die Lebenswelt der Menschen rückt. Dabei rüttelt er an den Grundfesten der katholischen Morallehre, auch was Homosexualität angeht. San Antón liegt mitten in Chueca, dem Homosexuellen-Viertel von Madrid. Oft bitten gleichgeschlechtliche Paare García um seinen Segen. Padre Ángel erfüllt ihnen den Wunsch, auch wenn er damit gegen die kirchliche Lehre verstößt. Neben der Arbeit als Priester hat García die NGO "Botschafter des Friedens" ins Leben gerufen, die sich um sozial benachteiligte Menschen kümmert. Doch die NGO ist umstritten. Kritiker werfen García vor, mit seinen sozialen Projekten den spanischen Staat aus seiner Pflicht zu nehmen und gewinnorientiert zu arbeiten.

26.9., BR, 19.00 Uhr: "Stationen: Der innere Kompass"

Die Welt ist schnelllebig geworden, vielschichtig, unübersichtlich. Posts auf Facebook oder Twitter können eine Staatskrise auslösen. Komplexe Wahrheiten werden auf Slogans reduziert. Wem kann ich glauben? Was zählt wirklich? Was sagt mein Bauchgefühl? An vielen Punkten ist jeder Einzelne herausgefordert, sich eine eigene Meinung zu bilden, Entscheidungen zu treffen, zu handeln.
Im Laufe seines Lebens entwickelt jeder Mensch eine Art inneren Kompass, der ihm dabei hilft, sich nicht in der Vielfalt der von außen an ihn herangetragenen Anforderungen und Angebote zu verlieren, meint der Neurobiologe Gerald Hüther. Für ihn ist dieser innere Kompass der entscheidende Schlüssel zum human-sozial-ökologischen Fortschritt, dass sich die Welt zum Besseren verändert. Aber wie äußert sich diese innere Stimme? Wie wird sie beeinflusst? Kann ich ihr uneingeschränkt vertrauen? Moderatorin Irene Esmann stellt Menschen vor, die ihrem inneren Kompass folgen, die eingefahrene Lebens-Spuren wechseln und auch gegen Widerstände ihren Weg gehen.

27.9., 3sat, 20.15 Uhr: "Wenn Eltern ausrasten"

Schläge auf den Po oder eine Ohrfeige: körperliche Gewalt gegen Kinder gehört häufig noch in den Erziehungsalltag, auch wenn es seit dem Jahr 2000 in Deutschland gesetzlich verboten ist. Dabei finden sich Täter und Opfer in allen gesellschaftlichen Schichten. Laut Polizeistatistik sterben in Deutschland jede Woche drei Kinder an den Folgen von Misshandlung. Rund siebzig Kinder werden derart malträtiert, dass sie ärztlich behandelt werden müssen. Liz Wieskerstrauch wollte wissen, warum Eltern gewalttätig werden und warum Gewalt gegen Kinder häufig unentdeckt bleibt; wo und wann können Lehrer, Ärzte oder Nachbarn eingreifen, wenn sie das Wohl eines Kindes gefährdet sehen? Welchen Beitrag muss die Gesellschaft leisten? Allein in Hamburg werden jährlich über 800 Kinder wegen des Verdachts auf Kindeswohlgefährdung untersucht. Mögliche Spuren der Gewalt sind Prellungen, Bisswunden, Knochenbrüche und Verbrennungen, die ihnen meistens von Familienmitgliedern zugefügt werden und zu schlimmen Narben an Körper und Seele führen. Eltern schlagen heute seltener aus Überzeugung, sondern eher aus Überforderung. Der Leistungsdruck in Schule und Elternhaus ist oft der Auslöser für diese Gewalt. Dragana Seifert ist Rechtsmedizinerin am Universitätsklinikum Hamburg. Sie erkennt, ob ein Bluterguss tatsächlich, wie gern behauptet wird, von einem Sportunfall stammt, oder ob der blaue Fleck hinterm Ohr doch die Spur einer Misshandlung ist. Eine Spezialeinheit des Landeskriminalamtes Berlin hat sich ganz dem Kindeswohl verschrieben; eine notwendige Konsequenz nach zahlreichen Fällen von Kindesmisshandlung. Im Jugendamt Berlin-Neukölln kümmert sich ein Kinderschutzteam ausschließlich um Fälle von Kindeswohlgefährdung, und in der dortigen Vivantes Klinik gibt es eine eigene Station, die Kinderschutzambulanz. In zahlreichen Städten sollen Babylotsinnen schon während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt Eltern mit hohen Belastungen herausfiltern und ihnen helfen.

27.9., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Plötzlich blind"

Marion Försching zeigt in ihrer Reportage, wie sich Menschen, die kürzlich das Augenlicht verloren haben, in ihr altes Leben zurücktasten. Viele Momente zeigen die alltägliche Überforderung, zum Beispiel im Aufzug, wenn die Anordnung der Knöpfe keinen Sinn zu ergeben scheint. Reiner zum Beispiel ist Controller bei einer Versicherung und will dort wieder einsteigen. Nach einer missglückten Rückenoperation hat er vor drei Jahren sein Augenlicht plötzlich verloren und musste sein Leben komplett von vorn beginnen. Mit dem Blindenstock laufen lernen, essen, trinken, kochen, eine Straße überqueren, sich orientieren und die Blindenschrift benutzen. All das hat er im Berufsförderungswerk in Düren gelernt. Hinter dem Namen verbirgt sich eine Art Internat, in dem Sehbehinderte und Blinde Hilfe bekommen. Hier will man ihnen neuen Lebensmut vermitteln, hier lernen sie ihren Alltag zu bewältigen. Es gibt spezielle Ausbildungsangebote, etwa zur Masseurin oder Verwaltungsangestellten, denn nicht jeder kann zurück in seinen alten Job. Auch Stephi hat in Düren gelernt, wie sie als Blinde ihren Alltag wieder bestreiten kann. Die 33-Jährige ist Rektorin an einer Mönchengladbacher Hauptschule und hat vor zwei Jahren bei einem Reitunfall ihr Augenlicht verloren. Blindenhund Balou führt sie jeden Morgen sicher in ihr Büro und in die Klasse. Stephi wollte unbedingt wieder an einer Regelschule unterrichten und ist die einzige blinde Rektorin in NRW.
In ihrer ersten Probestunde gibt sie ihren Schülern eine besondere Aufgabe: Sie sollen Farben in Worte fassen. Der Film beschreibt, wie Menschen, die nicht von Geburt an blind sind, mit ihrem Schicksal umgehen, nicht verzweifeln, sondern zurück in ein neues Leben finden. In ein "Leben 2.0", wie Reiner es nennt.

27.9., WDR, 23.25 Uhr: "Susannes Traum - Fallschirm statt Rollstuhl"

Seit ihrem 16. Lebensjahr hat einen Traum: Sie will fliegen wie ein Vogel. Nach 2000 Fallschirmsprüngen kauft sie sich einen "Wingsuit", einen Anzug mit kleinen Flügeln. Damit springt sie nicht nur aus Flugzeugen, sondern auch von Brücken und Bergen. In der Schweiz kommt es zur Katastrophe: Sie knallt gegen einen Felsen und landet querschnittgelähmt auf der Intensivstation. Susannes Pläne lösen sich auf. Doch dann erinnert sie sich an ihr bisheriges Lebensmotto "Unmögliches gibt es nicht". Deshalb revoltiert sie gegen Reha-Maßnahmen, die sie nur auf ein Leben im Rollstuhl vorbereiten wollen. Leichte Zuckungen in ihren Beinen machen ihr Hoffnung. Überzeugt, dass nur sie selbst sich heilen kann, trainiert sie unermüdlich. Tatsächlich gelingt es ihr, in ihren leblos wirkenden Beinen einzelne Muskeln wieder zu reaktivieren. Auch wenn sie noch nicht auf den Rollstuhl verzichten kann, trotzt sie ihrer Behinderung und schafft es Schritt für Schritt zurück in ihr früheres Leben. Und sie lässt keinen Zweifel daran: Sie will wieder fliegen.
Max Kronawitter hat den Versuch Susannes begleitet, sich aus dem Rollstuhl zu befreien, um wieder schwerelos durch die Luft zu gleiten.

27.9., WDR, 23.55 Uhr: "Menschen hautnah: Sowas wie Angst - Eine Suche mit Anke Engelke"

 Der 75 Minuten lange Film von Gesine Enwaldt und Ravi Karmalker begleitet Anke Engelke bei ihrer Auseinandersetzung mit einem Gefühl, das unsere Gesellschaft fest im Griff zu haben scheint: Menschen haben Angst. Aber sind sie tatsächlich in Gefahr? Der Soziologie-Professor Ortwin Renn sortiert die Risiken und weiß, was statistisch wirklich Gefahren für Leib und Leben sind und was überschätzt wird. Nicht Mord und Totschlag bedrohen uns, sondern die vier Volkskiller Rauchen, Trinken, schlechte Ernährung und zu wenig Bewegung. In Engelkes Heimatstadt Köln sind nach der Silvesternacht die Anträge auf kleine Waffenscheine von rund 400 auf 4.000 im Jahr gestiegen, Angststörungen gehören mittlerweile zu den Volkskrankheiten, und immer mehr Menschen schließen sich den Preppern an; so nennen sich die Leute, die sich auf alle denkbaren Katastrophen vorbereiten. Um zu verstehen, wovor und warum Menschen sich fürchten, reist Engelke zunächst nach Wuppertal. Der Berliner Platz in Oberbarmen gehört zu den 33 sogenannten Angstorten, die es dort nach einer offiziellen Erhebung gibt. Die Bürger meiden den Platz aus Angst vor Überfällen. Statistisch gesehen ist es hier nicht gefährlicher als anderswo. Und trotzdem haben die Menschen dieses Gefühl. Engelke begleitet Streetworker, Sozialarbeiter und Künstler, die versuchen, dem Platz ein neues Image zu verpassen. Die Schauspielerin und Moderatorin hält sich selbst für relativ furchtlos. Als Kind fürchtete sie lediglich, dass jemand ihr Fahrrad klaut. Harmlos, verglichen mit dem, was ihr Kinder einer Hagener Grundschulklasse erzählen: Sie fürchten sich vor Klimakatastrophen, Kriegen und Weltuntergang. Engelke stellt sich in der Bochumer Uniklinik einer Angstdiagnose. Professor Jürgen Margraf bescheinigt ihr eine erstaunliche Angstfreiheit, bis auf eine leichte Höhenangst. Er unterzieht sie einem Test und besteigt mit ihr einen Bochumer Kirchturm. Mutig ist nicht der, der sich alles traut, sondern der, der die Angst besiegt.