FDP will öffentlich-rechtlichen Rundfunk "deutlich verschlanken"

 Die FDP-Bundesvorsitzende Katja Suding hat eine "grundlegende Reform" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert.
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Die FDP-Bundesvorsitzende Katja Suding fragt beispielsweise, warum ein Single nach geltender Gebührenordnung den gleichen Rundfunkbeitrag zahlen muss wie eine Familie oder Wohngemeinschaft.
FDP will öffentlich-rechtlichen Rundfunk "deutlich verschlanken"
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag hat die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Katja Suding eine "grundlegende Reform" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert. Das Urteil dürfe nicht als ein "Weiter so" verstanden werden, sagte Suding der "Passauer Neue Presse" (Donnerstag). "Wir sollten es zum Anlass nehmen, um nun über Struktur, Auftrag und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks reden." Nur mit einer grundlegenden Reform finde der Rundfunkbeitrag auch in Zukunft Akzeptanz.

Das Karlsruher Urteil sei "ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Suding. Dass Inhaber von Zweitwohnungen bisher doppelt zahlen müssten, sei schwer zu verstehen. Diese Regelung hatte das oberste deutsche Gericht am Mittwoch gekippt. Nicht nachvollziehbar bleibe aber, warum ein Single nach geltender Gebührenordnung den gleichen Rundfunkbeitrag zahlen muss wie eine Familie oder Wohngemeinschaft, sagte Suding. Auch ändere der Richterspruch nichts an den grundlegenden Strukturen und Programmangeboten.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle sich in Zukunft vor allem auf Bildung, Kultur und Informationsvermittlung konzentrieren, sagte die FDP-Politikerin. Für die Grundversorgung wurden keine 20 Sender und Doppelstrukturen benötigt. "Da lässt sich einiges einsparen." Die Einsparungen, die durch eine Neudefinition des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und einer Verschlankung der Strukturen erreicht würden, sollten letztlich dazu führen, den Rundfunkbeitrag zu senken.

Zweitwohnungsinhaber nicht doppelt belasten

Für die Bundesregierung hatte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) am Mittwochabend die Karlsruher Entscheidung begrüßt. Die große Medienvielfalt in Deutschland sei eine der tragenden Säulen der demokratischen Grundordnung, sagte sie. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei "elementarer Bestandteil dieser Medienvielfalt und wichtiger Impulsgeber für den demokratischen Diskurs".

Daher begrüße sie, dass das Gericht das Finanzierungssystem von ARD, ZDF und Deutschlandradio grundsätzlich als verfassungsgemäß beurteilt, sagte Grütters. Gerade durch die Gebührenfinanzierung sei die Unabhängigkeit des Journalismus dort gewahrt. Die öffentlich-rechtlichen Sender leisteten einen unverzichtbaren Beitrag bei der Einordnung von Nachrichten und Fakten, aber auch von Fake News.

Wichtig sei aber auch, dass die Finanzierung der Sender breite Akzeptanz in der Gesellschaft genießt, so Grütters. Daher sei es richtig, dass das Bundesverfassungsgericht klargestellt habe, "dass Zweitwohnungsinhaber durch den Rundfunkbeitrag nicht doppelt belastet werden dürfen."

Karlsruhe hatte den Rundfunkbeitrag am Mittwoch für grundsätzlich rechtens erklärt. Inhaber mehrerer Wohnungen müssen den Beitrag aber künftig nur noch einmal entrichten. Der Rundfunkbeitrag ist die wichtigste Einnahmequelle von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Die Abgabe von 17,50 Euro wird für jeden Haushalt erhoben.

Auf die Kernaufgaben konzentrieren

Der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister hält den öffentlich-rechtlichen Rundfunk per se für unverzichtbar in einer komplexen Demokratie. Daran werde sich auch in den nächsten Jahrzehnten nichts ändern, sagte der Geschäftsführer der Kölner Medienberatungsgesellschaft HMR International am Donnerstag im Deutschlandfunk zum neuen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag. Allerdings müsse sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk künftig stärker auf seine Kernaufgaben konzentrieren.

In seinen Ausführungen zur Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks habe das Gericht die Begründung etwas verschoben, sagte Hachmeister. So sähen die Karlsruher Richter die Bedeutung von ARD, ZDF und Deutschlandradio heute weniger in der Grundversorgung begründet als in einer "Vielfaltsreserve". Damit hätten sie "undercover einen kleinen Hinweis" auf die Kernaufgaben der Öffentlich-Rechtlichen gegeben - nämlich, "etwas zu produzieren, etwas zu senden, das der Markt ansonsten nicht hergibt".

Das bedeute nicht, nur Nischenprogramme zu machen, aber sich doch etwas stärker auf das zu konzentrieren, was die kommerziellen Anbieter nicht leisten könnten oder wollten, sagte der Medienexperte. Kernaufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei die Gegenwartsanalyse.

Darüber hinaus müsse es zu stärkeren Bund-Länder-Kooperationen kommen. Die Staatskanzlei-Rundfunkpolitik sei ein Auslaufmodell und nicht mehr zeitgemäß, sagte der langjährige Leiter des Grimme-Instituts in Marl, das sich mit Medien und Kommunikation beschäftigt. Auch die europäischen Länder müssten - in Zeiten technologischer Veränderungen - stärker im Rundfunkwesen kooperieren.