TV-Tipp: "Wenn Du wüsstest, wie schön es hier ist" (ZDF)

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TV-Tipp: "Wenn Du wüsstest, wie schön es hier ist" (ZDF)
16.7., ZDF, 20.15 Uhr
Die Geschichte dieses österreichischen "Landkrimis" erinnert an einen anderen Film aus der ORF-Reihe, den das ZDF vor einigen Wochen gezeigt hat: Wie in "Drachenjungfrau" wird eine junge Frau nach einem überregional beliebten Brauchtumsfest tot aufgefunden. Zunächst deutet alles auf einen tragischen Unfall hin.

Die 16jährige Barbara ist nach dem "Hüttenberger Reiftanz" am Rande des ehemaligen Bergbauorts in einen Schacht gestürzt. Bei der Obduktion stellt sich jedoch heraus, dass sie schon vorher tot war. Der Mörder muss also aus dem Dorf stammen, denn nur ein Einheimischer konnte wissen, dass der Schacht wegen einer Rettungsübung ausnahmsweise nicht gesichert war. Dass es sich bei dem Opfer um die Tochter des Landtagsabgeordneten Prantl (Fritz Egger) handelt, macht den Fall erst recht diffizil.

Es gehört zum Konzept der in immer wieder anderen Bundesländern angesiedelten "Landkrimi"-Reihe, dass ein Ermittler aus der Stadt die Mördersuche in der Provinz übernimmt. Hauptfiguren sind in der Regel jedoch die Dorfpolizisten, was den Geschichten einen zusätzlichen Reiz verleiht. In "Wenn Du wüsstest, wie schön es hier ist" (ORF-Premiere war bereits im Dezember 2015 und somit ein Jahr vor "Drachenjungfrau") ist dies ein Mann mit dem beredten Namen Hannes Muck. Während der Kommissar in "Drachenjungfrau" aus der Stadt in seine Heimat zurückkehrte und auf diese Weise mit den Geistern der eigenen Vergangenheit konfrontiert wurde, hat der kleine Muck das Dorf Hüttenberg in Kärnten nie verlassen. Er muss also nun gegen die Menschen ermitteln, die er mindestens als Mitbürger, wenn nicht als Freunde betrachtet; schon allein das ist eine gute Grundlage für eine Geschichte, die ebenso Drama wie Krimi ist. Trotzdem lebt der Film vor allem vom Hauptdarsteller. Gerhard Liebmann, famos als Mörder in "Der Tod ist unser ganzes Leben" (2017), einem "Tatort" aus München, versieht den Dorfpolizisten mit einer faszinierenden Unscheinbarkeit und vielen Zwischentönen. Dank eines Toupets und betont weicher Gesichtszüge wirkt er zehn Jahre jünger als in seiner durchgehenden Rolle als Kaffeehausbesitzer in der ZDF/ORF-Reihe "Spuren des Bösen". Muck, Mitte dreißig, ist Junggeselle und lebt nach wie vor im Elternhaus, wo er sich regelmäßig über die Lebensweiten seines esoterischen Vaters (Branko Samarovski) ärgert. Er bringt es nicht übers Herz, der Leiterin (Ines Honsel) eines Landheims für straffällige Jugendliche seine Liebe zu gestehen, und will niemandem etwas Böses. Entsprechend unangenehm sind ihm die Befragungsmethoden des überheblichen Klagenfurter Inspektors Plöschberger (Simon Hatzl), der keinerlei Rücksicht darauf nimmt, dass Muck weiter mit den Hüttenbergern zusammen leben muss, wenn der Fall geklärt ist. Das erweist sich ohnehin als echte Herausforderung, weil Plöschberger jeden Stein umdreht und auf ein allumfassendes Geflecht aus Neid, Eifersucht und enttäuschter Liebe stößt.

Das Drehbuch stammt von den "Soko Kitzbühel"-Autoren Stefan Hafner und Thomas Weingartner, aber der interessantere Name ist ein anderer: Andreas Prochaska ist nicht nur wegen "Spuren des Bösen" einer der spannendsten österreichischen Regisseure. "Wenn Du wüsstest, wie schön es hier ist" funktioniert natürlich ganz anders als die Großstadtkrimis, zumal Thomas W. Kiennast in dem Dorfdrama eine ganz spezielle Atmosphäre entstehen lässt. Der Kameramann ("3 Tage in Quiberon") hat für Prochaska schon beim Alpenwestern "Das finstere Tal" und dem spätmittelalterlichen Dreiteiler Maximilian - Das Spiel von Macht und Liebe" für eine vorzügliche Bildgestaltung gesorgt, und das nicht nur wegen der besonderen Blickwinkel. Kiennast erfreut zwar zwischendurch auch mit schönen Naturaufnahmen, aber die Nebelbilder verströmen auch dank der der interessanten Musik (Stefan Bernheimer) und der A-capella-Lieder des Kärntener Männergesangsvereins Da-8Gsong eine ähnliche Melancholie wie die Hauptfigur. Muck hat allerdings auch allen Grund für Trübsal: Seine braven Mitbürger schlagen ihn nachts zusammen, und als sich rausstellt, dass Barbara mit einem der Jungs aus dem Heim zusammen war, rottet sich prompt ein rachsüchtiger Mob auf dem Anwesen zusammen. Umso erfrischender sind die allerdings sehr beiläufig inszenierten komischen Momente. Sie sind zwar selten, sorgen jedoch dafür, dass das insgesamt sehr ruhig inszenierte, aber dennoch fesselnde Krimidrama noch facettenreicher wird. Der Dialekt ist wie bei den anderen ursprünglich nur für die Auswertung im ORF gedachten "Landkrimis", die das ZDF bislang gezeigt hat (zuletzt "Die Frau mit einem Schuh"), deutlich ausgeprägter als bei den Koproduktionen der beiden Sender, aber man hört sich rein.