TV-Tipp: "Falk" (ARD)

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TV-Tipp: "Falk" (ARD)
15.5., ARD, 20.15 Uhr: "Falk"
Auf der Suche nach einer neuen Serienfigur ist die ARD im Anwaltsmilieu fündig geworden; das klingt erst mal nicht sonderlich originell. Tatsächlich aber ist der vornamenlose Jurist Falk, von Fritz Karl mit einer sympathischen Mischung aus Ironie, Arroganz und Melancholie verkörpert, ein interessanter Typ.

Fachlich unkonventionell, aber brillant, im Umgang jedoch ausgesprochen schwierig: Das gilt seit "Monk" und "Dr. House" zwar auch für diverse andere deutschen Serienhelden, aber Falk zeichnet sich zudem durch einen ausgefallenen Kleidungsstil aus; Socken und Krawatten sind von einer farblichen Vielfalt, die mit der Bezeichnung "bunt" nur unzureichend beschrieben ist. Weil der Gourmet irgendwann keine Lust mehr auf Mandanten hatte, hat er seinen Job in der angesehenen Düsseldorfer Kanzlei Offergeld gekündigt und ein Feinschmeckerrestaurant eröffnet. Das Unternehmen ist allerdings schief gegangen, ein unbekannter Investor hat das Lokal übernommen, und der macht Falk nun ein Angebot, das er nicht ablehnen kann: Der neue Besitzer ist sein früherer Chef (Peter Prager), der die Kanzlei mittlerweile seiner Tochter Sophie (Mira Bartuschek) übergeben hat. Er bittet Falk, fortan die besonders kniffligen Fälle zu übernehmen; im Gegenzug bekommt er das Lokal zurück.

Diese im Verlauf der ersten Folge erzählte Vorgeschichte ist die Basis für die weiteren fünf Episoden, die eine gelungene Kombination aus juristischen Herausforderungen und menschlichem Miteinander darstellen. Insofern entspricht "Falk" dem Erzählmuster der jüngsten (und gleichfalls dienstags ausgestrahlten) RTL-Serien von "Beck is back" über "Jenny – echt gerecht" bis zu "Lifelines". Eine weitere Parallele ist das Vorzeichen: Weil der Dienstag im "Ersten" der Zerstreuung dienen soll, ist "Falk" als "Dramedy" konzipiert. Dagegen ist auch nichts zu sagen; vorausgesetzt, die Mischung stimmt. Außerdem sind die besten komischen Geschichten erfahrungsgemäß jene, die auch als Drama funktionieren würden. Allerdings ist die Comedy-Ebene vor allem mit Kanzleichefin Sophie verbunden, die in der Verkörperung durch Mira Bartuschek alles andere als ein "Role Model" für angehende Anwältinnen ist: Die stets etwas ältlich gekleidete und auf Korrektheit bedachte Frau ist beruflich und privat dauernd überfordert und muss zwischendurch mal in eine Papiertüte atmen, um Panik zu vermeiden. Der Entwurf der Figur gehorcht allzu offensichtlich der Maxime "Gegensätze ziehen sich an", was aber zur Folge hat, dass sich Sophie weder als Frau noch als Kollegin auf Falks Augenhöhe bewegt; erst in der dritten Episode darf sie beweisen, was sie fachlich drauf hat. Aber nicht nur die Rolle, auch die Darstellung ist problematisch, weil Bartuschek selbst dann komisch sein will (oder soll), wenn die Umstände dies gar nicht erfordern. Das wirkt dann prompt kontraproduktiv und nicht lustig, sondern wie schlechtes Schauspiel, erst recht neben einem Mann wie Fritz Karl, der dank seiner Ausstrahlung nicht viel tun muss, um große Wirkung zu erzielen; auch deshalb ist "Falk" längst nicht so gut wie "Frau Temme sucht das Glück", der zu Beginn des vorigen Jahres ausgestrahlten besten Dramedy-Serie der ARD seit langem.

Ein weiterer Grund sind die in sich abgeschlossenen Geschichten (Buch: Peter Güde, nach einer Idee von Stefan Cantz und Jan Hinter, den Vätern des "Tatort" aus Münster), die unter anderem daran scheitern, ähnlich originell sein zu wollen wie die Hauptfigur. In der Auftaktfolge werden dem Ministerpräsidenten von NRW Fotos zugespielt, die ihn in Strapsen zeigen. So etwas kann man natürlich erzählen, und es gibt den einen oder anderen Hollywoodfilm, der vergleichbare Stoffe als Thriller verpackt hat. Hier jedoch gibt es viel zu viele Ungereimtheiten, um die Handlung glaubhaft wirken zu lassen. Der Politiker soll die Sachen in einer Boutique für Reizwäsche erstanden und dort auch noch anprobiert haben? Während dieses Mandat immerhin eine gewisse Fallhöhe mit sich bringt, wird Falks durch die weiteren Aufgaben nicht vor größere Herausforderungen gestellt. Horizontales Element der Serie ist eine Verliebtheit zwischen dem Anwalt und einer Frau (Marie Lou Sellem), der er in den ersten beiden Episoden mehrfach zufällig begegnet. In der dritten kommen sie sich ziemlich nahe; aber mit dem Ende der Folge scheint auch die Liebelei zu enden.

Dass "Falk" insgesamt nicht überzeugt, ist neben den Rollenentwürfen gerade in den Auftaktepisoden auch eine Frage von Besetzung und Schauspielerführung (Regie: Pia Strietmann; ab Folge drei Peter Stauch). Arved Birnbaum zum Beispiel ist als Landesschef völlig glaubwürdig. Die Nebendarsteller müssen ohnehin oft viel zu dick auftragen. Übertrieben ist auch die Ausstattung von Falks Büro, das von Assistentin Trulla (Alessija Lause) mit allerlei Plunder zugestellt worden ist, der jedoch keinen tieferen Zweck erfüllt. Das gilt zwar streng genommen auch für Gustav, Falks Schildkröte, aber das betagte Tier gehörte einst seinem Vater und steht für seine fixe Idee: Falks senior ist im gleichen Alter an Alzheimer gestorben, und nun sucht der Sohn regelmäßig eine Ärztin (Sonja Baum) auf, weil er täglich neue Symptome entdeckt. Weil Karl diese Extravaganzen sehr würdevoll verkörpert und seinen Mandanten mit verblüffenden Ideen immer wieder souverän das Segel aus dem Wind nimmt, ist dem WDR tatsächlich ein Titelheld gelungen, wie es ihn so im deutschen Fernsehen noch nicht gegeben hat; umso bedauerlicher, dass alle anderen Rollen eine starke Tendenz zur Witzfigur haben.