"Leidenschaft verbindet" - Eindrücke der ersten Tage

Olympischen Winterspiele
Foto: Thomas Weber
"Passion connected" - das Motto der 23. Olympischen Winterspiele.
"Leidenschaft verbindet" - Eindrücke der ersten Tage
Olympiapfarrer Thomas Weber berichtet von den Olympischen Spielen in Pyeongchang
Thomas Weber ist als evangelischer Seelsorger bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang dabei. Seine ersten Eindrücke sind ziemlich positiv. Er berichtet unter anderem von politischem Tauwetter trotz eisiger Kälte...

"Passion connected" – "Leidenschaft verbindet". Unter diesem Motto stehen die 23. Olympischen Winterspiele, die jetzt in vollem Gange sind. Damit verbindet sich der Wunsch, dass die Leidenschaft für den Sport Menschen über alle nationalen, kulturellen und religiösen Schranken hinweg zusammenführt, getragen von der Idee, feindliche Auseinandersetzungen ruhen zu lassen und Frieden zu stiften. Nach den Sommerspielen 1988 in Seoul sind es die zweiten, die in Südkorea stattfinden. In sechzehn Wettkampftagen gehen 2900 Sportlerinnen und Sportler aus 92 Ländern an den Start, darunter 154 deutsche Athletinnen und Athleten.

Momentan ist es bitterkalt in Südkorea. Ein eisiger Wind weht von den Bergen hinunter zur Ostküste nach Gangneung, wo mein katholischer Kollege Jürgen Hünten und ich in der sehr gastfreundlichen Gemeinde der Catholic Imdang-dong Church untergebracht sind. Die Wetterverhältnisse führten in den ersten Tagen zu schwierigen Bedingungen für die Teilnehmenden. Teilweise glichen die Wettkämpfe mit stürmischen Windböen einer Lotterie, die vorgesehenen Starts in den alpinen Disziplinen und im Biathlon beispielsweise fielen sogar ganz aus und mussten auf die kommenden Tage verschoben werden.

Erlösender Siegesjubel

In anderer Hinsicht herrscht allerdings zurzeit Tauwetter. Die politische Eiszeit zwischen Süd- und Nordkorea erwärmt sich in diesen Tagen. Groß war darum das weltweite Interesse an der bunten Eröffnungsfeier am vergangenen Freitag, die ganz im Zeichen der Annäherung zwischen beiden Ländern stand. Die Bilder vom gemeinsamen Einzug der koreanischen Sportlerinnen und Sportler und vom demonstrativen Händeschütteln des südkoreanischen Präsidenten mit der Schwester des nordkoreanischen Machthabers, die ihr Land bei den Eröffnungsfeierlichkeiten vertrat, gingen um die Welt. Auch noch Tage später flimmern sie über die Fernsehsender. Freilich wurde dadurch der Sport zunächst einmal in den Hintergrund gerückt. Und auch das erste Auftreten der gesamtkoreanischen Frauen-Eishockeymannschaft, das mit einer 0:8 Niederlage gegen die Schweiz endete, macht deutlich, dass der Sport in der Gefahr steht, sich von der politischen Symbolik vereinnahmen zu lassen. Einige Experten meinten nämlich nach dem Spiel, dass auf koreanischer Seite drei Spielerinnen weniger auf dem Eis gestanden hätten, weil den beteiligten Nordkoreanerinnen einfach die sportlichen Qualitäten fehlten.

Moon Jae In, Präsident von Südkorea, und Kim Yo Jong, Schwester des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un, geben sich im Amtssitz des Präsidenten die Hand.

Dagegen verliefen die ersten Wettkampftage aus deutscher Sicht hervorragend, es gab einen wahren Medaillenregen. Ich freue mich sehr für die Gewinnerinnen und Gewinner. Oft werde ich gefragt, welche olympischen Momente mir besonders nahe gehen. Dazu zählt sicherlich der Siegesjubel. Es ist beeindruckend, aus nächster Nähe auf den strahlenden Gesichtern zu sehen, wie sich die Anspannung löst und der Sieg für die Mühen der jahrelangen Vorbereitung entschädigt. Mit den frühen Erfolgen bei den Spielen wird gerade auch den Teamverantwortlichen enormer Druck von den Schultern genommen. Die Erwartungshaltung der Medien und der Öffentlichkeit, gute Ergebnisse sehen zu wollen, ist gerade bei Olympia enorm geworden.

Auffällig und erstaunlich ist für uns ausländische Besucher die große Zahl von Kirchengebäuden in diesem asiatischen Land. Schon bei der Fahrt vom Flughafen von Seoul hierher in das 200 km entfernte Gangneung, in dem ca. 200.000 Menschen leben, fiel uns auf, dass selbst in kleineren Dörfern eine Kirche steht. Wir hören, dass rund 30 Prozent der Südkoreanerinnen und Südkoreaner christlich sind. Die Zahl ist damit größer als der Anteil der buddhistischen Bevölkerung im Land. Die Geschichte des Christentums in Südkorea reicht dabei nur bis ins 18. Jahrhundert zurück. Gerade durch ihren Einsatz für Demokratie und Menschenrechte während der Militärdiktatur in den 80er Jahren haben sich die Kirchen das Vertrauen vieler Menschen erworben.

Die meisten Kreuze, die oben auf den Gebäuden stehen, sind abends beleuchtet und strahlen in die Dunkelheit hinein. Verschiedentlich wurde ich schon von Mitgliedern der Olympiamannschaft interessiert darauf angesprochen: "Es scheint hier mehr Kirchengebäude als in Deutschland zu geben. Das verwundert uns, weil wir doch in Asien sind." So wecken die angestrahlten Kreuze das Interesse und erinnern mich an die Worte des Apostels Paulus, der den Christinn und Christen in den ersten Gemeinden mit auf den Weg gegeben hat (nach Epheser 5): "Durch Jesus Christus ist es in eurem Leben hell geworden, darum lebt auch als Kinder des Lichts!"