"Klassenfahrt nach Nizza"

"Menschen hautnah: Klassenfahrt in den Terror - Deutsche Schüler ein Jahr nach dem Nizza-Anschlag".
Foto: WDR/imago/Panoramic
"Menschen hautnah: Klassenfahrt in den Terror - Deutsche Schüler ein Jahr nach dem Nizza-Anschlag".
"Klassenfahrt nach Nizza"
Fernsehwochenvorschau für den 15. bis 20. Juli 2017.
14. Juli 2016: ein LKW rast auf der Promenade in Nizza in eine Menschenmenge und tötet 86 Menschen, darunter auch zwei Schülerinnen und eine Lehrerin aus Deutschland. Wie gehen die Überlebenden mit dem Trauma um? Und wie lässt man das alles hinter sich - irgendwie? Das und noch einige weitere Sendungen lohnen sich zwischen dem 15. und 20. Juli 2017.

15.7., RBB, 18.00 Uhr: "Klassenfahrt nach Nizza"

Am 14. Juli 2016 rast ein Laster auf der Promenade des Anglais in Nizza in die feiernde Menschenmenge. Der Attentäter Mohamed Lahouaiej Bouhlel tötet binnen Minuten 86 Menschen. Darunter zwei Schülerinnen und eine Lehrerin der Paula-Fürst-Gemeinschaftsschule aus Berlin, die den französischen Nationalfeiertag mitfeierten wollten, direkt am Strand von Nizza. Weitere deutsche Jugendliche werden schwer verletzt. Eine wundervolle Klassenfahrt endet in einem Alptraum.
Ein Jahr nach dem Anschlag von Nizza sprechen die überlebenden Jugendlichen und Lehrer über diese Nacht und ihre Folgen. Die Filmautoren Harriet Kloss und Markus Thöß sind selbst betroffen, denn ihre Tochter war bei der Klassenfahrt dabei und hat den Anschlag überlebt. Es sind Geschichten von Zufällen, die über Leben und Tod entscheiden, von Panik und Verzweiflung, aber auch von großer Anteilnahme und Unterstützung - auch durch die Anwohner in Nizza, die nach dem Anschlag den Jugendlichen Schutz und Hilfe bieten. Für die Berliner Schülerinnen und ihren Lehrer folgen in dieser Nacht lange Stunden des Bangens und Hoffens. Bis schließlich eine Ahnung zur furchtbaren Gewissheit wird. Zuhause in Berlin muss die Schulleitung verzweifelten Eltern und Angehörigen vom Tod ihrer Kinder und der Lehrerin berichten. Wie haben die Schülerinnen und Schüler, der überlebende Lehrer und die Angehörigen das Jahr danach erlebt, wie den Anschlag in Berlin, bei dem ebenfalls ein Attentäter einen LKW in eine Menschenmenge lenkte? Der Film begleitet sie, zeigt wie sie mit dem Trauma umgehen, jeder auf eine andere Art. Sie stecken in diesen Wochen mitten in den Abiturprüfungen und werden in Kürze einen neuen Lebensabschnitt beginnen, genauso wie ihr Lehrer Fuad Z., der ab dem kommenden Schuljahr für drei Jahre an der deutschen Schule in Istanbul unterrichten wird. Zusammen mit seiner Kollegin Sylvia S., die bei dem Anschlag ums Leben kam, hat Fuad Z. die Klassenfahrt begleitet. Wenn er alleine ist und die Bilder der Opfer sieht, die bei ihm Zuhause hängen, dann kommt die tiefe Traurigkeit zurück. Doch er will den Anschlag hinter sich lassen; irgendwie.

16.7., ARD, 18.50 Uhr: "Christinas Almtraum"

Christina Frangen aus Sarmersbach in der Eifel liebt ihr Dasein als Landwirtin; und das, obwohl das Leben für die diplomierte Landwirtin ganz schön stressig ist. Neben ihrem Master-Studium verbringt sie jede freie Minute auf dem elterlichen Biohof: Kühe und Ziegen versorgen, melken und die eigenen Produkte auf Märkten verkaufen. Die Lücke ist groß, wenn sie nicht da ist. Trotzdem erfüllt sich Christina in diesem Jahr ihren großen Traum: einen Sommer als Sennerin auf einer Alm am Königssee in Berchtesgaden verbringen. Es ist eine Umgebung wie auf einer Postkarte - aber auch abgeschieden und einsam. Von Juni bis Oktober hat es Christina dort außer mit Horden von Tagestouristen nur mit einer eigenwilligen 72-jährigen Altsennerin zu tun. Christian Hattesen zeigt in seinem Film, ob sie mit der Einsamkeit auf der Alm klarkommt; und dann ist da ja noch die Sorge, ob die Familie zu Hause in der Eifel auch wirklich alles ohne sie schafft. Eines ist klar: der Almsommer ist für Christina keine erholsame Auszeit. Schon morgens um fünf muss sie die Kühe einsammeln, melken, Käse machen und die Tiere wieder auf die Alm treiben. Und das alles noch vor dem Frühstück. Und dann kommen schon die ersten Tagestouristen. Hunderte, wenn das Wetter schön ist. Alle wollen frische Milch und Käsebrot. Dann steht Christina stundenlang im Dirndl vor der spartanischen Verkaufstheke und serviert im Akkord. Zeit für einen kurzen Plausch bleibt so gut wie nie. Am Abend ist der Arbeitstag noch längst nicht zu Ende, denn die Kühe müssen noch getrieben und gemolken werden. Ein Kamerateam begleitet die Eifeler Jungbäuerin über ihren ganzen Sommer als Sennerin hinweg - vom abenteuerlichen Almauftrieb im Juni über die Zeit des größten Ansturms von Wandertouristen bis zum Almabtrieb im Oktober. Parallel wird gefilmt, wie ihre Eltern auf dem Biohof in der Eifel ohne ihre Tochter klarkommen.

16.7., RTL 2, 20.15 Uhr: "Almanya – Willkommen in Deutschland"

Wie für alle Kinder ist auch für den sechsjährigen Cenk Yilmaz der Schulunterricht gefüllt von prägenden Erlebnissen; allerdings anders, als vermutet. Als er bei einem Fußballspiel weder in die deutsche noch in die türkische Mannschaft gewählt wird, stellt sich der Sohn einer Deutschen und eines Türken an diesem Tag plötzlich die Frage nach seiner Identität. Bei einem Zusammentreffen des Familienclans erfährt Cenks 22-jährige Cousine Canan von dessen Problemen in der Schule. Um ihn zu trösten, erzählt sie ihm die Geschichte, wie ihr Großvater Hüseyin Ende der Sechzigerjahre als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland kam. Nach fast vierzig Jahren in Deutschland haben Hüseyin und seine Frau Fatma nun deutsche Pässe beantragt. Doch dann geschieht etwas, womit niemand im Yilmaz-Clan gerechnet hat: Opa Hüseyin überrumpelt die Familie mit der Nachricht, er habe in der Türkei ein Haus gekauft und wolle nun mit der gesamten Familie in die alte Heimat fahren. "Almanya" wurde 2011 beim Deutschen Filmpreis 2011 mit dem Filmpreis in Silber in der Kategorie Bester Film ausgezeichnet, die Schwestern Yasemin und Nesrin Şamdereli bekamen zudem den Deutschen Filmpreis für das Beste Drehbuch; beim Preis der deutschen Filmkritik erhielt Yasemin Şamdereli die Auszeichnung für das beste Spielfilmdebüt.

17.7., ARD, 23.00 Uhr: "Die Story im Ersten: Exil Deutschland - Abschied von der Türkei"

Seit September 2016 lebt der türkische Autor und Journalist Can Dündar im Exil. In seinem Film erzählt er zusammen mit der deutschen Journalistin Katja Deiß exklusiv und persönlich, was es bedeutet, allein in einem fremden Land zu leben, fern von der Heimat, getrennt von der Familie. Obwohl in Deutschland die größte türkische Gemeinde außerhalb der Türkei lebt, erwächst daraus kein Heimatgefühl für die Exilanten, sondern eher eine Gefährdung. Denn Präsident Erdogan hat in der deutsch-türkischen Gemeinde prozentual mehr Unterstützer als in der Türkei. Dass die deutsche Politik die Flüchtlinge willkommen heißt, provozierte den türkischen Präsidenten so sehr, dass er Nazivergleiche bemühte und Deutschland vorwarf, Terroristen zu beherbergen. Für Can Dündar bedeutet das: Er ist auch in Deutschland nicht sicher, erhält massive Drohungen und lebt deswegen zeitweise unter Personen- und Polizeischutz. Can Dündar und Katja Deiß begegnen in der Story vier Menschen, die aus der Türkei fliehen mussten, um der drohenden Verhaftung zu entgehen. Die oppositionelle Wissenschaftlerin Latife Akyüz wurde von den staatlich gelenkten Medien als Terroristin denunziert, weil sie gegen Menschenrechtsverletzungen in den türkischen Kurdengebieten protestierte. Es folgte eine Lynchkampagne von Nationalisten. Am Ende sagten sich Freunde von ihr los. Sie bekam Berufs- und Ausreiseverbot und musste ihr Land auf geheimen Fluchtwegen verlassen. Der kurdische Bürgermeister Orhan Sansal musste seine Heimat und seine Familie zurücklassen, nachdem er seines Wahlamtes enthoben und durch einen staatlichen Verwalter ersetzt worden war. Exklusiv berichtet Orhan Sansal von den Kriegsverbrechen, die türkische Soldaten in der Stadt Cizre begingen. In Deutschland ist er durch türkische Nationalisten so gefährdet, dass er nicht ohne Schutz auf die Straße gehen kann. So sehr setzt ihm die Einsamkeit zu, dass er manchmal wünscht, lieber in die Türkei zurück und ins Gefängnis zu gehen. Dem Regisseur Mustafa Altioklar wurde in seiner Heimat nicht nur der Prozess wegen Beleidigung Erdogans gemacht, sondern auch jede Arbeitsmöglichkeit geraubt. Während die Demokratie in seiner Heimat Tag für Tag schwächer wird, führt Can Dündar seinen Kampf jetzt aus der Ferne weiter. Dabei unterstützte ihn der Journalist Hayko Bagdat, der mit seiner Familie einen Neuanfang in Deutschland sucht. Katja Deiß versuchte, ein Journalistenvisum für die Türkei zu bekommen, um auch über das Schicksal von jenen Kollegen und Freunden Can Dündars berichten zu können, die die Türkei bisher nicht verlassen konnten. Vergeblich. Aber ein mutiges türkisches Kamerateam begleitete heimlich die Ehefrau von Musa Kart bei einem Besuch in Silivri. In dem riesigen Gefängniskomplex sitzt der Karikaturist der oppositionellen Tageszeitung "Cumhuriyet" schon seit Monaten in Isolationshaft. Es gebe keinen Flecken im Land, wo mehr Intellektuelle versammelt seien als im Gefängnis von Silivri, heißt es in der Türkei. Und so sind es vor allem Akademiker, Journalisten, Künstler und Lehrer, die jetzt nach Deutschland flüchten. Die Türkei vertreibt ihre geistige Elite.

17.7., ARD, 23.45 Uhr: "Geschichte im Ersten: Geheimnisvolle Orte – Der Kölner Dom"

Dritthöchste Kirche der Welt, beliebtestes Bauwerk Deutschlands, machtvolle Kulisse für Könige, Popstars und Demonstranten: Das alles ist der Kölner Dom. Er ist im Laufe seiner Geschichte immer wieder vereinnahmt worden: politisch, kommerziell, gesellschaftlich. Wie der verletzliche Riese trotzdem seine Würde bewahrt, davon erzählt diese Dokumentation. Eindrucksvolle Luftaufnahmen und eine Reise unter den Dom vermitteln einen exklusiven Blick auf das Unesco-Weltkulturerbe.
Seine Schätze haben die Stadt erst groß gemacht, und auch heute noch ist der Dom ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: 20.000 Menschen besuchen ihn am Tag, er wird im Karneval besungen, Produkte vom Flaschenöffner bis zur Plätzchenform werden mit seiner Silhouette beworben. Ein so machtvolles und unverkennbares Symbol wird auch als Garant für Schlagzeilen genutzt: Umweltaktivisten ketten sich am Turmgerüst fest, eine feministische Aktivistin zieht sich im Weihnachtsgottesdienst aus, Skater und Artisten nutzen die Domplatte für ihre Auftritte. Der Dom ist Kulisse für Staatsoberhäupter und Weltstars, er ist Party- und Eventzone und gerät dabei immer wieder auch in Gefahr: am augenfälligsten in der Silvesternacht 2015, aber auch ganz alltäglich durch Rowdies, Wildpinkler und Witterungsschäden. Rund 20.000 Euro verschlingt allein der Erhalt jeden Tag.
Auch Einbrüche hat es immer wieder gegeben. Am spektakulärsten war der Domschatzraub 1975, von dem im Film die ehemalige Kölner Staatsanwältin Maria-Therese Mösch berichtet.

17.7., 3sat, 23.40 Uhr: "37 Grad: Nichts zu holen"

Autorin Daniela Hoyer hat für ihre "37"-Reportage zwei Gerichtsvollzieher bei ihrer schwierigen Arbeit begleitet: Andrea Wolff in Bremen und Björn Ellendt in Berlin. Sie suchen nach Bargeld, pfänden Wertsachen und setzen säumige Mieter auf die Straße. Das geht nie ohne Konflikte und selten ohne Gefühle. Mit richterlichem Beschluss dürfen sie die Wohnung eines Schuldners betreten - wenn es sein muss, mit Gewalt. Rund 4200 Gerichtsvollzieher, darunter etwa 1600 Frauen, sind tagtäglich in Deutschland unterwegs. Wolff ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder und hat ihren eigenen Weg gefunden, sich durchzusetzen: Die 47-Jährige, seit 17 Jahren im Beruf, spielt nicht die knallharte Vollstreckerin, sondern versucht, mit einfühlsamen Gesprächen eine Brücke zu den Schuldnern zu bauen. Während Männer ihrer Ansicht nach gern auch mal einen Konflikt provozierten, müsse sie sich nichts beweisen. Gegenentwurf ist der Kollege Ellendt. Sein Bezirk ist seit 25 Jahren Oberschöneweide in Berlin Treptow-Köpenick. Das Viertel lebte einmal von Großunternehmen wie Samsung und AEG. Beide sind lange fort, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Ellendt kennt bei manchen Klingelschildern mit zehn Namen vier schicksalhafte Geschichten. Seit Jahren blicke er nur noch in vermüllte Wohnungen und leere Gesichter, sagt er; die Leute hätten nichts mehr, das sich zu beschlagnahmen lohnt. Gerichtsvollzieher werden angeschrien, angerempelt, angespuckt. Einmal wurde Ellendt krankenhausreif geprügelt. Seitdem achtet er immer darauf, einen Fluchtweg zu haben. Sein Schlosser trägt eine schusssichere Weste, seit ihm ein Schuldner ein Messer zwischen Herz und Lunge gerammt hat. Auch Andrea Wolff wurde schon von einer psychisch kranken Frau mit einem Messer angegriffen. Gerichtsvollzieher müssen neben Menschenkenntnis auch seelische Belastbarkeit mitbringen: Wie geht man damit um, wenn man einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern die Wohnung wegnehmen muss? Was tun, wenn Menschen weinend zusammenbrechen? Aber auch: Wie reagiert man, wenn Schuldner sich mit Lügen aus der Affäre zu ziehen versuchen - oder gar gewalttätig werden? Björn Ellendt und Andrea Wolff lösen die Aufgabe auf ihre ganz eigene Weise. Der Film zeigt, wie die Gerichtsvollzieher mit diesen Herausforderungen umgehen und wie ihr Job sie als Menschen prägt.

17.7., MDR, 22.05 Uhr: "Mit Hass und Gewalt - Angriff auf die Demokratie"

"Du elende Türkensackratte", "Fühl Dich nicht zu sicher", "Man weiß nie, wann man am Baukran hängt": Seit dem Beginn der Flüchtlingskrise werden Lokalpolitiker, Bürgermeister und Stadtverordnete, vor allem diejenigen, die sich für den Verbleib und die Integration von Flüchtlingen aussprechen, mit Drohbriefen und Hassmails überhäuft. Bei Parteibüros werden Fenster eingeschlagen, Kundgebungen werden gestört, Bürgermeister und Landräte werden auf der Straße persönlich bedrängt. Der Film stellt einige der Betroffenen vor. Landrat Erich Pipa aus dem Main-Kinzig-Kreis zum Beispiel erhält offene Morddrohungen. Er steht unter Polizeischutz. Der Linken-Politikerin und Abgeordneten im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern Karen Larisch sollte mit der Drohung, ihre Tochter werde "bald nicht mehr Jungfrau" sein, Angst gemacht werden. Der ehrenamtliche Bürgermeister von Tröglitz in Sachsen-Anhalt, Markus Nierth, trat zurück, weil Rechtsradikale vor seinem Privathaus demonstrieren wollten. Die Belastungen für Amts- und Mandatsträger sind gewaltig. Die Dokumentation rekonstruiert die Ereignisse in Tröglitz, die zum Rücktritt des ehrenamtlichen Bürgermeisters geführt haben, und hinterfragt die bisherige Darstellung des Vorfalles in der Öffentlichkeit. Erstmals ist es den Reportern Jan Lorenzen und Marcel Siepmann dabei gelungen, mit dem Initiator der Proteste zu sprechen und ihn nach seinen Beweggründen zu befragen. Die Dokumentation hinterfragt auch, was diese Angriffe auf Mandatsträger für die Demokratie in Deutschland bedeuten.

18.7., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Was ich kann, will keiner wissen"

Wer mit über 50 arbeitslos wird, hat es schwer - trotz der derzeit guten Arbeitsmarktsituation. Zu alt, zu unflexibel, zu anspruchsvoll: Das sind die Vorurteile vieler Arbeitgeber.
Und wer will schon jemanden im Team, der mehr Erfahrung hat als man selbst? Gerade für manch einen jüngeren Chef ist ein Mitarbeiter mit 50 plus deshalb ein Problem. Doch auch die eigenen Erwartungen und Ansprüche an Karriere und Gehalt stehen der Jobsuche oft im Weg.
Manuel Fenn stellt in seiner Reportage zwei Menschen vor, die von diesem Schicksal betroffen sind. Mit 56 Jahren hat Hans-Christoph B. eine betriebsbedingte Kündigung. In diesem Alter einen neuen Job zu finden, scheint fast unmöglich. Der studierte Theologe hat einen bewegten Lebenslauf. Nach diversen Aufgaben bei der Kirche ließ er sich erst zum Mediator, dann zum IT-Experten umschulen. Nach vielen Jahren der Ungewissheit bot ihm ein befreundeter Unternehmer eine Festanstellung an. Nach der Kündigung hat er nun keine Sicherheit, keine Perspektive mehr. Hans-Christoph B. muss etwas Neues finden. Er hat sich für den Weg in die Selbstständigkeit als Mediator entschieden. Ob damit im bayerischen Voralpenland wirklich Geld zu verdienen ist? Als Chance und nicht als Karriereknick empfindet Corinna H. die Situation, mit 52 noch einmal auf Jobsuche gehen zu müssen. Ihr Vertrag in leitender Position bei einem Verlag in München wurde nicht verlängert. Selbstbewusst und ungebunden macht sie erst einmal ein paar Monate Urlaub, bevor sie sich zur Business Managerin weiterbilden lässt. Ihr Ziel ist es, im neuen Job neue Herausforderungen zu finden, sich selbst zu verwirklichen, in ihrem sozialen Umfeld in München zu bleiben und gleichzeitig nicht weniger Geld zu verdienen als früher. So viele Anforderungen können nicht alle in Erfüllung gehen. Je näher Hartz IV rückt, desto mehr Abstriche muss Corinna machen. Und ihr Selbstbewusstsein ist deutlich angeknackst. Fenn hat die beiden ein Jahr lang begleitet, vom letzten Arbeitstag im alten bis zum ersten Tag im neuen Job. In dieser Zeit wurde er Zeuge eines oft verzweifelten Kampfs um eine neue Stelle und um einen Platz in einer Gesellschaft, die sich vor allem über Leistung und Jugend definiert. Corinna und Hans-Christoph machen die Erfahrung, wie es ist, wenn keiner einen will, weil man zu alt ist.

18.7., Arte, 21.45 Uhr: "Roma: Bürger zweiter Klasse?"

Das schlechte Image von Roma ist dominant in ganz Europa und existiert seit Jahrhunderten. Warum begegnet die Mehrheitsbevölkerung gerade dieser Minderheit mit so viel Hass und Misstrauen? Die Filmemacher gehen in ganz Europa der Frage nach, weshalb sich Klischees und Vorurteile gegen Roma bis heute hartnäckig halten. Politische Fehlentscheidungen, Populismus und Fremdenhass - die Geschichte der Roma steht symptomatisch für ein Problem, das ganz Europa betrifft. "Die Lage der Roma in den EU-Staaten ist heute schlimmer als im Kommunismus", erklärt Georges Soros, US-amerikanischer Milliardär ungarischer Herkunft. Trotz der Milliardeninvestitionen der EU in Eingliederungsmaßnahmen hat sich also nichts geändert. Im Gegenteil: Seit dem Mauerfall scheint sich die Situation stetig zu verschärfen. Wie konnten die europäischen Institutionen so kläglich scheitern? Warum verließen nach dem Sturz von Nicolae Ceausescu über 15 Prozent aller Rumänen ihre Heimat? 2014 strengte die EU-Kommission ein Verfahren gegen die Tschechische Republik an, um Roma-Kindern besseren Zugang zu Bildung zu verschaffen. Warum besucht dort ein Viertel aller Roma-Kinder Schulen für Menschen mit geistigen Behinderungen, was zu ihrer sozialen Ausgrenzung führt? Im ungarischen Miskolc gewann die Partei Fidesz, der Premierminister Viktor Orban vorsteht, die Wähler mit dem Versprechen, "das Roma-Ghetto aufzulösen, um die Stadt lebenswerter zu machen". Doch die Roma wurden nicht umgesiedelt, sondern einfach verjagt. Der zweifelhafte Umgang mit der Roma-Minderheit ist kein osteuropäisches Phänomen. Auch in Italien, Frankreich und Schweden sind Räumungen von Roma-Lagern, Diskriminierung und Ausgrenzung an der Tagesordnung. Nur in Berlin, wo die Roma so zahlreich sind wie in ganz Frankreich, scheinen sie ihren gesellschaftlichen Platz gefunden zu haben. Der Film zeigt, was hier anders lief als bei den europäischen Nachbarn.  Im Anschluss zeigt Arte mit "Spartacus und Cassandra" einen Dokumentarfilm über das Leben eines Roma-Geschwisterpaars in Paris.

19.7., ARD, 22.45 Uhr: "Glaubenskrieger"

Mit zehn Jahren kam Hassan Geuad mit seiner Familie als Flüchtling aus dem Irak nach Deutschland. Heute studiert der 26-Jährige Germanistik und Medienwissenschaften in Düsseldorf und ist glücklich, in Deutschland eine neue Heimat gefunden zu haben. Doch dann treibt er Anfang 2015 mit einer Gruppe junger vermummter Muslime zwei gefangene Männer durch die Essener Innenstadt. Eine Aktion, die beträchtliches Medienecho auslöst und die auf die Gefahren des IS auch in Deutschland hinweisen soll. Für Hassan und seine Freunde ein großer Erfolg. Hassans Gruppe "12thMemoRise" wehrt sich gegen die Vereinnahmung ihrer Religion durch radikale Lehren wie den Salafismus. Vor allem in den letzten Jahren hat der tiefgläubige Muslim die steigende Islamfeindlichkeit in Europa zu spüren bekommen. Zusammen mit seinem Bruder Muhammed und seinen Freunden möchte er für einen friedfertigen, reformierten Islam in Deutschland werben. Als die Gruppe lautstark die islamischen Dachverbände in Deutschland für ihr gefühltes Schweigen zum Terror im Namen des Islam kritisiert, werden die jungen Männer öffentlich geschmäht und als Verräter bezeichnet. "Shitstorms" in den sozialen Netzwerken und Todesdrohungen gegen die Gruppe belasten die Arbeit und führen in der Familie, im Freundeskreis und in den Gemeinden zu Konflikten, an denen "12thMemoRise" zu zerbrechen droht. Doch Aufgeben ist für Hassan und die jungen Aktivisten jedoch keine Alternative. Regisseur Til Schauder gelingt mit "Glaubenskrieger" ein sensibles und intensives Porträt junger Muslime in Deutschland und gleichzeitig eine spannende Geschichte über politischen Aktivismus gegen übermächtige Widerstände.

20.7., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Hochstapler und ihre Opfer"

Harald S. behandelte zwei Jahre lang 160 Patienten in drei florierenden Praxen. Einige Menschen kamen mit schweren Erkrankungen zu dem freundlichen Mittfünfziger. Niemand schöpfte den Verdacht, dass "der Herr Doktor" im weißen Kittel in Wirklichkeit gar kein Arzt, sondern nur gelernter Fußpfleger ist. Ein Zufall brachte das Kartenhaus dann zum Einstürzen. Für seine Taten saß der Hochstapler fünf Jahre lang im Gefängnis. Als "Arzt" genoss er Wohlstand und freute sich über Kontakt zu High Society. Doch das liegt lange zurück. Heute ist er einsam und arm.
Trotz des tiefen Vertrauensbruchs, den die falsche Identität von Harald S., bei Freunden und Bekannten verursacht hat, gerät seine ehemalige Praxis-Angestellte noch heute ins Schwärmen, wenn sie über die menschlichen Fähigkeiten ihres Chefs berichtet. So hielt Harald S. im feinen Anzug und mit höflichem Auftreten sogar Vorträge vor medizinischen Fachleuten. Stets kam seine "Kompetenz" gut an. Zu seiner Entschuldigung versichert er heute, er habe niemanden gefährdet oder abgezockt. Auch der 30-jährige Marcel R. genoss die Anerkennung und das Ansehen als Arzt. Auch er glänzte durch Fachwissen, selbstsicheres Auftreten und gewinnendes Wesen. Er präsentierte sich in Hannover als Facharzt für Palliativmedizin und täuschte damit Familien mit todkranken Kindern.
Sein Plan war die Eröffnung eines Kindertageshospizes, das Familien mit schwerstkranken und behinderten Kindern entlasten sollte. Nicole Rosenbach geht in ihrem Film der Frage nach, was diese Menschen dazu getrieben hat, sich als etwas auszugeben, was sie gar nicht sind. Und was haben die Opfer empfunden, wenn ihnen klar wird, dass sie getäuscht worden sind? Eine Dokumentation über die Kunst der Täuschung im Arztkittel, das Spiel mit der Macht und den Gefühlen der Opfer.