Ausnahmezustand in Ägypten nach Bomben auf Kopten

Menschen versammeln am 9. April 2017 nach der Explosion vor der Kirche St. Georg in Tanta (Ägypten).
Foto: dpa/Nariman El-Mofty
Menschen versammeln am 9. April 2017 nach der Explosion vor der Kirche St. Georg in Tanta (Ägypten).
Ausnahmezustand in Ägypten nach Bomben auf Kopten
Ägyptens Präsident al-Sisi hat den Ausnahmezustand für sein Land angekündigt. Die Bombenanschläge auf zwei koptische Kirchen, bei denen am Palmsonntag mindestens 50 Menschen starben, sorgen weltweit für Bestürzung, Wut und Trauer.

Nach den Anschlägen auf koptische Kirchen in Ägypten hat Präsident Abdel Fattah al-Sisi einen dreimonatigen Ausnahmezustand angekündigt. In einer Fernsehansprache erklärte er am Sonntagabend, der Ausnahmezustand werde in Kraft treten, sobald die rechtlichen Vorbereitungen getroffen seien.

Der Schritt sei nötig, "um unser Land zu schützen", zitierte die staatliche Zeitung "Al-Ahram" den Staatschef. Al-Sisi will außerdem einen neuen "Rat zur Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus" ins Leben rufen. Einzelheiten dazu nannte er zunächst nicht. Bei zwei Bombenanschlägen auf Kirchen am Palmsonntag in Tanta und Alexandria waren etwa 50 Menschen getötet und über 100 verletzt worden.

Bei dem Anschlag in Tanta wurden mindestens 27 Kirchgänger getötet, wie ägyptische Medien unter Berufung auf das Gesundheitsministerium berichteten. In Alexandria riss ein Selbstmordattentäter den Angaben nach 18 Zivilisten und vier Polizisten vor der koptisch-orthodoxen Markuskathedrale mit in den Tod. Den Medienberichten zufolge leitete zu dem Zeitpunkt der koptische Papst Tawadros II. die Messe in der Kathedrale. Er sei aber unverletzt geblieben.

Die koptische Kirche erklärte: "Wir beten zu Gott, dass die Verletzten geheilt werden und dass Ägypten und all seine Bürger von weiteren Attacken des Hasses verschont bleiben." Diese Angriffe zielten auf die Zerstörung der Nation und ihrer Menschen, die gemeinsam das großartige Erbe Ägyptens ausmachten.

"Was da passiert ist, macht wütend", erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, auf seiner Facebook-Seite. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, betonte: "Es waren zugleich Attentate gegen das friedliche Zusammenleben von Christen und Muslimen. Diesen Zielen der Verbrecher darf kein Erfolg beschieden sein!"

Bedford-Strohm fügte hinzu, er "hoffe dass alle Menschen in Ägypten und überall auf der Welt zusammen helfen, dass der menschenverachtende Fanatismus, der zu solchen Taten führt, endlich überwunden wird". Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, hält sich zurzeit in den USA auf. Er fühle sich mit den koptischen Christen innerlich eng verbunden, unterstrich er.

"Für Gewalttaten dieser Art gibt es keine Legitimation"

Die Vereinten Nationen nannten die verheerenden Anschläge "abscheuliche und feige Terrorattacken". Das erklärte der UN-Sicherheitsrat am Sonntag (Ortszeit) in New York. Anschläge wie in Ägypten seien eine der ernsthaftesten Bedrohungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit, heißt es in einer Stellungnahme des UN-Gremiums mit 15 Mitgliedsländern. Der Rat forderte, die Täter und ihre Hintermänner zur Rechenschaft zu ziehen.

Auch der Weltkirchenrat hat die Anschläge auf christliche Kirchen in Ägypten mit mindestens 45 Todesopfern aufs Schärfste verurteilt. Der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), der Norweger Olav Fykse Tveit, nannte die Terrorakte auf unschuldige Gottesdienstbesucher am Palmsonntag "bösartig". Angesichts dieser Brutalität müssten alle Menschen guten Willens und alle Gläubigen zusammenstehen um sich "gegenseitig zu schützen und um solche Gewalt künftig zu verhindern".

Tveit rief Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi sowie die religiösen Führer des Landes dazu auf, die fundamentalen religiösen Rechte für Angehörige aller Glaubensrichtungen zu garantieren. Entsprechende Anstrengungen von Seiten der Regierung müssten begleitet werden von einer Solidarität zwischen Muslimen und Christen sowie anderen religiösen Gruppen, fügte Tveit in Genf hinzu.

Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) hat die Anschläge auf Christen in Ägypten scharf verurteilt. "Wir sind tief betroffen und im Herzen bei den Opfern der fürchterlichen Anschläge in Tanta und Alexandria", erklärte der Vorsitzende Kemal Ergün am Sonntagabend in Köln. Die Schreckensmeldungen machten fassungslos. "Für Gewalttaten dieser Art, bei der unschuldige Menschen ums Leben kommen und verletzt werden, gibt es keine Legitimation - weder im Diesseits, noch im Jenseits", sagte Ergün. "Wer Gotteshäuser angreift, greift das universelle Recht auf Glaubens- und Religionsfreiheit als Ganzes an - und damit alle Gläubigen. Gewalt und Terror haben keine Religion."

Krieg des IS gegen Kopten

Die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) hatte im Februar 2017 einen Krieg gegen die Kopten ausgerufen. Der "Islamische Staat" erklärte in einem Video, dass ägyptische Christen nach islamischem Recht nicht länger "Schutzbefohlene" (Dhimmis), sondern "Ungläubige" (Kufar) seien, da sie sich abfällig über den Islam geäußert hätten. Gott habe befohlen, alle "Ungläubigen" zu töten. Außerdem seien die Christen die stärksten Unterstützer des Regimes von Feldmarschall Abd al-Fattah al-Sisi. Am 11. Dezember 2016 waren bei einem Anschlag des IS auf die Kathedrale in Kairo bereits 25 Menschen gestorben.

"Nichts ist gut für die Kopten in Ägypten", hatte der Bremer Pastor Jörg Mosig nach einem Besuch in Ägypten Ende Februar festgestellt. Mosig hatte den Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, bei einer Ägyptenreise begleitet. "Wir sehen zu, wie in der Wiege des Christentums in Ägypten die Christen vertrieben und ausgerottet werden", beklagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Kopten seien rechtlich der muslimischen Bevölkerung nicht gleichgestellt und würden vielfach Opfer von Gewalt. "Ich weiß nicht wie viele Kopten ermordet worden sind, ohne dass davon Notiz genommen wurde", sagte der evangelische Pastor. Die Kopten fühlten sich als Bürger dritter Klasse, berichtete Mosig von seinen Begegnungen in Kairo und in ländlichen Gebieten. So hätten ihre Zeugenaussagen vor Gericht keine Bedeutung. "Die Feuerwehr kommt nicht, wenn das Haus, das brennt, einem Kopten gehört."