Autistische Kinder misshandelt: Gefängnis für Gruppenleiterin

Autistische Kinder misshandelt: Gefängnis für Gruppenleiterin
Wegen Misshandlung und gefährlicher Körperverletzung schutzbefohlener autistischer Kinder und Jugendlicher hat das Landgericht Düsseldorf drei frühere Mitarbeiter einer Jugendhilfeeinrichtung zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt. Die ehemalige Leiterin, ein Betreuer und eine Erzieherin hätten nicht im Rahmen einer Therapie, sondern strafbar gehandelt, befand das Gericht am Dienstag nach 34 Tagen Hauptverhandlung. (AZ: 7 KLs 6/13)

Die Vorfälle ereigneten sich in der Zeit von August 2006 bis Mai 2008. Die schwer erziehbaren autistischen Kinder, die der Obhut der evangelischen Jugendhilfeeinrichtung Educon in Hilden anvertraut waren, waren damals zwischen sechs und 16 Jahre alt. Für die Richter steht fest, dass die Angeklagten die Kinder beispielsweise über Stunden festhielten, ihnen Schmerzen durch Umdrehen des Arms zufügten oder sie durch Bespritzen mit Wasser in Augen und Mund quälten. Die Angeklagten hätten die Kinder verhöhnt und verspottet, erklärten die Richter. Ein Kind sei in der sogenannten Teppichrunde immer wieder bis zur Erschöpfung vom Stuhl gestoßen worden.

Die frühere Leiterin der Einrichtung erhielt wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in 13 Fällen, davon zwölf in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Ein ehemaliger Wohngruppen-Betreuer wurde wegen gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung in acht Fällen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die dritte Angeklagte, eine Erzieherin in der Wohngruppe, erhielt wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in sieben Fällen, davon sechs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.

Ursprüngliches Motiv: Kinder vor der Psychiatrie bewahren

Zugunsten der Angeklagten sei berücksichtigt worden, dass ihr ursprüngliches Motiv gewesen sei, den Kindern zu helfen und sie vor einer Einweisung in die Psychiatrie zu bewahren, hieß es. Allerdings hätten sie die unabsehbaren Folgen ihres Handelns für die Kinder in Kauf genommen, erklärten die Richter. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Gegen sie kann Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Gegen zwei weitere Angeklagte war das Strafverfahren nach Zahlung einer Geldstrafe schon im Januar eingestellt worden. Gegen weitere sechs Angeklagte wurde noch nicht verhandelt.

Die Geschäftsführung von Educon, die damals eine gemeinnützige Tochter-Gesellschaft der evangelischen Graf-Recke-Stiftung in Düsseldorf war, trennte sich nach Bekanntwerden erster Vorwürfe 2008 von der zuständigen Gruppenleitung und erstattete 2009 Strafanzeige gegen 16 hauptamtliche Mitarbeiter. Die Graf-Recke-Stiftung gliederte 2011 die vormals selbstständige Educon GmbH wieder als Geschäftsbereich in die Stiftung ein. 2013 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen elf Mitarbeiter, von denen fünf verurteilt wurden.