Gabriel kritisiert die türkische Regierung im Fall Deniz Yücel

Gabriel kritisiert die türkische Regierung im Fall Deniz Yücel
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die lange Inhaftierung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel als ungerecht bezeichnet. Es sei "weder nötig noch fair, Deniz Yücel bis zu einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung so lange seine Freiheit zu nehmen", sagte Gabriel der "Welt am Sonntag".

Der Journalist habe sich ja aus freien Stücken gestellt, um eine Aussage zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen machen zu können. Der 43-Jährige befindet sich seit seit mehr als einer Woche in Istanbul in Polizeigewahrsam. Rund 160 Bundestagsabgeordnete appellierten unterdessen in einem offenen Brief an den türkischen Botschafter in Berlin, Ali Kemal Aydin, sich für die schnelle Freilassung von Yücel einzusetzen.  Wie die "Welt" und die "Neue Osnabrücker Zeitung" (Samstag) berichteten, rufen die Parlamentarier aller im Bundestag vertretenen Fraktionen den Vertreter der türkischen Regierung auf, Yücel und seinen Kollegen "freie Arbeit zu ermöglichen".

160 Bundestagsabgeordnete appellieren an Botschafter Aydin

Die Presse- und Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut in den Verfassungen der europäischen Länder und das Fundament einer modernen, demokratischen und offenen Gesellschaft, erklärte Gabriel: "Jetzt ist der Moment für die türkische Justiz zu entscheiden, und das im Lichte der herausragenden Bedeutung unbehinderter Arbeit freier Medien." Der Außenminister bekräftigte, dass die Bundesregierung weiterhin alles tue, "damit es eine gute Lösung gibt". Yücel hat sowohl die türkische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft.

Nach Angaben seines Anwalts wird Yücel im Polizeigewahrsam bislang korrekt behandelt, hätte aber längst freikommen müssen. Menschenrechtsverletzungen habe es nicht gegeben, sagte der Istanbuler Rechtsanwalt Veysel Ok der "tageszeitung" (Samstag). Trotzdem sei die Verlängerung des Polizeigewahrsams um eine weitere Woche an sich schon eine Menschenrechtsverletzung. Laut Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte müssten Personen, die sich in Gewahrsam befinden, in kürzester Zeit einem Richter vorgeführt werden - selbst während des Ausnahmezustands.

Unklar sei, was Yücel konkret von den türkischen Behörden vorgeworfen werde, sagte Ok, der den Journalisten gemeinsam mit zwei weiteren Anwälten vertritt. "Wir sind nicht sicher. Als er sich bei den Behörden meldete, wurden ihm Fragen gestellt. Anhand derer nehmen wir an, dass ihm möglicherweise die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird sowie die illegale Beschaffung und Verbreitung persönlicher Daten." Die konkreten Beschuldigungen kenne er nicht, weil Yücels Ermittlungsakte einem Geheimhaltungsbeschluss unterliege, sagte Ok. Allein das sei schon rechtswidrig.

Seitdem in der Türkei der Ausnahmezustand gilt, kann die Polizei Personen bis zu 14 Tage ohne richterlichen Beschluss festhalten. Diese Frist läuft im Fall Yücels am Dienstag ab. Familienangehörige, Freunde und Unterstützer demonstrierten am Samstag im hessischen Flörsheim und Rüsselsheim mit einem Autokorso für die Freilassung des "Welt"-Korrespondenten. An der Solidaritätsaktion nahmen rund 400 Menschen in mehr als 120 Fahrzeugen teil, wie Angehörige des in Flörsheim geborenen Journalisten auf der Facebook-Seite #FreeDeniz" mitteilten. Bereits am vergangenen Sonntag hatten sich in Berlin rund 300 Menschen in 80 Fahrzeugen für Yücel und andere inhaftierte Journalisten eingesetzt.

Yücel hatte wie zahlreiche andere Journalisten internationaler Medien über E-Mails des türkischen Energieministers Berat Albayrak berichtet, einem Schwiegersohn von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Die Mails, in denen es unter anderem um manipulierte Twitter-Accounts und die staatliche Kontrolle über die Medien ging, waren von dem linksgerichteten türkischen Hackerkollektiv "Redhack" veröffentlicht worden.