Lutherische Kirche in Lettland will Frauenordination abschaffen

Eine Frau steht vor einem Altar in einer Kirche.
Foto: Colourbox.de/Kristina Afanasyeva
Lutherische Kirche in Lettland will Frauenordination abschaffen
In Lettland sind lutherische Pfarrerinnen wohl bald Geschichte. Der konservative lutherische Erzbischof hält es mit Paulus, wonach Frauen in der Gemeinde schweigen sollen. Am Freitag oder Samstag entscheidet die Synode über die Frauenordination.

Den Protestanten Lettlands steht eine einschneidende Veränderung bevor. Die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands wird auf ihrer Synode am 3. und 4. Juni über die offizielle Abschaffung der Frauenordination diskutieren - und wie es aussieht auch beschließen, dass Frauen keine Pfarrerinnen mehr werden dürfen. 

In Lettland wurden Pfarrerinnen erstmals 1975 zugelassen, damals war das kleine Land an der Ostsee noch eine Teilrepublik der Sowjetunion. Doch Janis Vanags, konservatives Oberhaupt der mit 580.000 Mitgliedern größten Religionsgemeinschaft des baltischen Landes, hat seit seiner Einsetzung als Erzbischof 1993 keine Frauen mehr ordiniert. Die Amtszeit des heute 58-Jährigen ist unbeschränkt.

Synode diskutiert über Frauen im Pfarramt

Diese faktische Verweigerung der Frauenordination soll nun auch in der Kirchenverfassung festgelegt werden. Dafür soll in der Passage über die Ordination das Wort "männlich" eingeführt werden. Der Vorschlag komme von zwei Kirchenbezirken, sagte Erzbischof Vanags. Er will die Initiative zur Verfassungsänderung nicht allein als die eigene verstanden wissen.

Theologinnen, die vor 1993 ordiniert wurden, können weiter im Amt bleiben. Auch die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands im Ausland mit 25.000 Mitgliedern ordiniert Frauen und hat eine Bischöfin an der Spitze. Vanags begründet die Ablehnung von Pfarrerinnen mit dem Korintherbrief des Apostels Paulus, in dem Frauen in der Gemeinde zum Schweigen angehalten werden. Der Theologe denkt zudem, dass liberale Protestanten gegenüber einem autoritären System nicht bestehen könnten.

In einer Konferenz im Oktober 2015 hatte die Mehrheit der Pastoren den Vorschlag begrüßt. Der "Bund der Theologinnen Lettlands" beschwerte sich in einem offenen Brief, nicht eingeladen worden zu sein. Außerdem soll es vorher keine theologische Diskussionen über die Abschaffung der Frauenordination gegeben haben, sagte Alesja Lavrinowica, Redakteurin der Webseite der lettischen Theologinnen. Zudem seien die Theologinnen auf ihrer Webseite von Pastoren auf das Übelste beschimpft worden, so dass die Kommentarfunktion geschlossen werden musste.

Dace Balode, nichtordinierte Professorin für Theologie an der Universität Riga und Mitglied im Bund der Theologinnen, sagte, wenn man versuche, biblische Texte gegen die Frauenordination anzubringen, versuche man damit, "überholte Strukturen der Gesellschaft aufrechtzuerhalten, die sonst in der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert werden, auch von den Ordinationsgegnern selbst". Denn auch die Gegner von ordinierten Pfarrerinnen lebten in einer Gesellschaft, "in der Frauen sonst in allen Berufen bis zur Staatspräsidentin akzeptiert sind."

Beobachtet wird der Ausgang der Abstimmung auch von außen. So gehört die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands dem Lutherischen Weltbund mit Sitz in Genf an. Eine Sprecherin erklärte, der Lutherische Weltbund berücksichtige, dass "andersartige Kirchen auf andersartigen Pfaden wandeln." Von den 145 Mitgliedskirchen lehnen rund 30 die Frauenordination ab. Dazu gehören auch die lutherischen Kirchen in den Nachbarländern Litauen und Polen.

Weniger gelassen sieht das Gustav-Adolf-Werk die Synode. "Sollte die Lutherische Kirche in Lettland die Frauenordination abschaffen und die autoritären Strukturen etablieren, so erwägen wir, den Kontakt zu ihr abzubrechen", erklärte Enno Haacks, Leiter der Diaspora-Organisation der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs nannte im Februar die geplante Abschaffung der Frauenordination einen "Skandal". 

Vanags ist sich bewusst, dass seine Kirche Gefahr läuft, kirchliche Partnerschaften zu verlieren. Es gebe jedoch keinen Weg, "wie wir den Prozess einer ordnungsgemäß in die Wege geleiteten Gesetzesänderung aufhalten können", sagte der lutherische Erzbischof.