Debatte über Finanzierung der Flüchtlingsversorgung

Debatte über Finanzierung der Flüchtlingsversorgung
Linke fordert gezielte Steuererhöhungen
In der Debatte über die Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme in Deutschland haben Linken-Politiker höhere Steuern für bestimmte Gruppen verlangt.

So kann sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow einen höheren Spitzensteuersatz für sehr hohe Einkommen und eine Vermögensteuer für sehr große Geldvermögen vorstellen, wie er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagsausgabe) sagte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte Steuererhöhungen jedoch weiter ab. Ökonomen halten Aussagen über die gesamten Kosten der derzeitigen Zuwanderung für Spekulation.

Merkel sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstagausgabe), die Versorgung der Flüchtlinge koste viel Geld. "Aber Steuern werden wir nicht erhöhen." Die Bundesregierung setze alles daran, die wirtschaftliche Entwicklung gut voranzubringen. Laut den Finanzpolitikern sei auch 2016 ein Haushalt ohne Schulden möglich. "Klar ist aber, die Flüchtlingsproblematik wird uns vor ganz erhebliche Herausforderungen stellen."

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellt sich laut einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" hingegen auf eine Neuverschuldung im kommenden Jahr ein. Im Ministerium werde mit Kosten von über zehn Milliarden Euro für die Flüchtlingsversorgung gerechnet. Um den Haushalt ausgeglichen zu halten, könnten jedoch nicht mehr als neun Milliarden Euro dafür ausgegeben werden.

Ökonomen halten Prognosen für Spekulation

Über die wahren Kosten der derzeitigen Zuwanderung lässt sich Wirtschaftswissenschaftlern zufolge nur spekulieren. "Wirklich fundierte Prognosen lassen sich bislang nicht machen", sagte der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen laut der Zeitung "Die Welt" (Samstagsausgabe). Dennoch rechnet er pro 100.000 Zuwanderer mit einer Erhöhung aller Steuern und Beiträge von etwa 0,3 Prozent.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht hingegen keine Notwendigkeit für höhere Abgaben. "Es müssen keine Steuern erhöht und auch keine Leistungen für irgendjemanden gekürzt werden", sagte Fratzscher der "Welt". Der deutsche Staat werde im kommenden Jahr voraussichtlich 20 Milliarden Euro Überschuss erzielen. "Das ist mehr als ausreichend, um alle Aufwendungen abzudecken."

Auch der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Clemens Fuest, sieht die Berechnungen mit hoher Unsicherheit behaftet, geht aber von steigenden Staatsschulden aus. "Die Bedienung dieser Schulden dämpft die künftige Nachfrage", sagte er der "Welt am Sonntag". Kurzfristig werde die Kaufkraft durch die Flüchtlinge allerdings gestärkt. Zudem seien am Arbeitsmarkt "belebende Effekte" zu erwarten.

Ramelow sagte, Ungleichheit und Ungerechtigkeit seien der Schlüssel zu den Sorgen, die sich viele Menschen angesichts des Zustroms von Hunderttausenden von Flüchtlingen machten. "Viele haben Angst, dass sie für diese Krise genauso zur Kasse gebeten werden wie für die Bankenkrise. Das darf nicht passieren", betonte der Linken-Politiker.

Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken im Bundestag, forderte einen Flüchtlingssoli für Rüstungsunternehmen. "Sie machen Geschäfte und üppige Gewinne mit den Kriegen, die Millionen Menschen zur Flucht zwingen", sagte sie den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Samstagsausgabe).