Entschuldigung für NS-Verbrechen in Weißrussland

Entschuldigung für NS-Verbrechen in Weißrussland
Erstmals hat sich ein Vertreter der Bundesregierung für die Verbrechen der Nationalsozialisten in Weißrussland während des Zweiten Weltkriegs entschuldigt.

"Im Namen der deutschen Bundesregierung und auch für mich als Person bitte ich um Vergebung und verneige mich vor den Opfern", sagte der Russlandbeauftragte der Regierung, Gernot Erler (SPD), am Montag in der weißrussischen Hauptstadt Minsk. Während der deutschen Besatzung von Juni 1941 bis Juli 1944 wurden 2,5 Millionen Weißrussen getötet, mehr als ein Viertel der Bevölkerung.

"Weißrussland ist nicht nur ein Ort von Kriegsverbrechen, sondern auch des Holocaust", betonte Erler bei einer Konferenz über den NS-Vernichtungsort Maly Trostenez. 800.000 Menschen mit jüdischen Wurzeln wurden in der damaligen Sowjetrepublik ermordet, viele von ihnen in Maly Trostenez auf dem heutigen Stadtgebiet von Minsk. Bisher habe kein hochrangiger Vertreter der Bundesrepublik sich öffentlich zu diesen Verbrechen bekannt, sagte Erler.

Eine Entschuldigung könne Deutschland aber nicht von seinen Verbrechen befreien, sondern bedeute, Verantwortung für deren Folgen zu übernehmen, betonte der Russlandbeauftragte. Die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Weißrussland seien immer noch von NS-Verbrechen überschattet.

Vorschlag: Ohne Visa in die EU

Erler kritisierte zugleich, dass es in Weißrussland immer noch politische Gefangene gebe und zeigte sich besorgt über ihren Zustand. Ihre Freilassung sei die Voraussetzung für intensivere politische Beziehungen. Er wolle sich bei der weißrussischen Regierung dafür einsetzen, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wieder in Weißrussland arbeiten und die Präsidentschaftswahlen im November überwachen könne.

Der stellvertretende weißrussische Außenminister Alexander Gurjanov begrüßte die Entschuldigung für die Kriegsverbrechen der Nazis. Der SPD-Politiker Matthias Platzeck, Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums und Schirmherr der Konferenz, sprach sich dafür aus, Weißrussen und Russen ohne Visa in die Länder der EU einreisen zu lassen.

Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk IBB in Dortmund, das aus der Evangelischen Kirche von Westfalen hervorgegangen ist, plant mit der Stadt Minsk eine Gedenkstätte für Maly Trostenez. Dort wurden mindestens 60.000 Juden ermordet. 22.000 wurden aus Berlin, Düsseldorf, Köln, Frankfurt am Main, Hamburg, Bremen und Wien in Zügen nach Weißrussland deportiert, wo sie erschossen oder in Gaswagen getötet wurden. Erler sicherte die Unterstützung der Bundesregierung für den weiteren Bau der Gedenkstätte zu.