Studie: Deutsche nehmen zu viele Antibiotika

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Studie: Deutsche nehmen zu viele Antibiotika
Antibiotika werden oft bei Husten oder einer Erkältung verschrieben. Zwar wirken sie in solchen Fällen gar nicht, aber verschrieben werden sie trotzdem, wie eine Studie ergab. Die Folgen sind gravierend.

Patienten in Deutschland schlucken zu viel und oft unnötig Antibiotika. Das geht aus dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Antibiotika-Report der Krankenkasse DAK Gesundheit hervor. Demnach war im vergangenen Jahr fast jedes dritte ausgestellte Rezept mit Blick auf die Diagnose fragwürdig. Vor allem bei Bronchitis, Husten oder bei Infektionen der oberen Atemwege seien entgegen der Leitlinien für Behandlungen Antibiotika verschrieben worden, sagte der Gesundheitsforscher Gerd Glaeske bei der Vorstellung des Reports.

Nach einer Umfrage der Kasse hat ein Drittel der Befragten in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal ein Antibiotikum verschrieben bekommen. 20 Prozent erhielten es bei einer Erkältung und 15 Prozent bei Husten. In diesen Fällen aber helfe dieses Medikament nicht, weil diese Krankheiten in der Regel durch Viren ausgelöst werden, betonte Glaeske. Antibiotika wirken nur bei Infektionen, die durch Bakterien verursacht werden. Außerdem können Menschen Resistenzen entwickeln und deshalb nicht mehr mit Antibiotika behandelt werden.

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Besonders "irritierend" seien regionale Unterschiede bei der Verordnung gewesen, sagte der Arzneimittelexperte. So hätten DAK-Versicherte im Saarland, in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen deutlich häufiger Antibiotika verschrieben bekommen als Patienten in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Glaeske forderte deshalb Leitlinien für Ärzte im Umgang mit diesen Medikamenten. Experten sollten nach seiner Ansicht Empfehlungen aussprechen, welches Antibiotikum wann und wie lange eingesetzt werden kann.

Zuletzt hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vor zu häufigem Einsatz von Antibiotika gewarnt. Er sprach sich für eine weltweite Verschreibungspflicht aus, um so die Ausbreitung von Resistenzen zu verhindern. Als alarmierend bezeichnete Glaeske den häufigen Einsatz sogenannter Reserveantibiotika, die nur dann verordnet werden sollten, wenn herkömmliche Antibiotika nicht mehr wirken. Ein Viertel aller Verschreibungen im letzten Jahr entfielen laut der Kasse auf diese Wirkstoffgruppe. In Schweden seien es nur acht Prozent gewesen.

Laut der Umfrage wusste zwar die übergroße Mehrheit von der schädlichen Wirkung bei zu häufiger Einnahme. Trotzdem hätten sich drei Viertel der Befragten ein Antibiotikum gewünscht, wenn die Beschwerden nicht von selbst besser wurden. Außerdem werde das Medikament auch als Mittel zur Leistungssteigerung eingesetzt: Ein Viertel der Befragten wollte laut der Untersuchung ein Rezept, um schnell wieder fit für den Beruf zu sein. Für 23 Prozent waren private Termine Anlass genug, um eine Erkältung mit Antibiotika zu bekämpfen.

Einen Anstieg verzeichnete die Kasse auch bei Fällen von Patienten, die sich gefährliche Krankenhauskeime zugezogen haben. Von einer Million Versicherten, die vergangenes Jahr stationär behandelt wurden, trugen den Angaben zufolge rund 20.000 einen resistenten Keim in sich. Im Jahr 2010 seien es rund 15.000 Versicherte gewesen. 7,8 Prozent der fast 34.900 DAK-Versicherten, die 2013 in einer Klinik verstorben sind, seien mit einem resistenten Keim infiziert gewesen.

Nach Ansicht von Frank Kipp, Krankenhaushygieniker am Uniklinikum Münster, können viele Übertragungen durch bessere Hygiene in Krankenhäuser vermieden werden. In 90 Prozent aller Fälle würden Keime über die Hände des Klinikpersonals übertragen. Zudem sprach er von einem Fachkräftemangel bei Krankenhaus-Hygienikern. Deren Ausbildung müsse verstärkt werden.

Für die repräsentative Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa bundesweit 3.100 Menschen befragt.