Schneider: Deutsche Soldaten im Ausland nicht alleine lassen

Schneider: Deutsche Soldaten im Ausland nicht alleine lassen
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat Solidarität mit den deutschen Soldaten in Auslandseinsätzen eingefordert. Auch zum Thema bin Laden äußerte sich Schneider: Er könne Freude über den Tod des Terroristenführers verstehen.

"Es ist wichtig, dass die Menschen, die unser Land in einen solchen Einsatz schickt, nicht allein gelassen werden", sagte Schneider am Sonntag laut Manuskript in einem ZDF-Gottesdienst in der Abflughalle des Militärflughafens Köln-Wahn.

"Das bedeutet nicht", so der Ratsvorsitzende in seiner Predigt weiter, "dass wir den Afghanistan-Einsatz in allen seinen Punkten gutheißen. Oder ihm damit gar eine Art kirchlichen Segen geben. Es geht uns um die Menschen, die am Hindukusch ihren schwierigen Dienst tun." Die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann hatte in ihrer Neujahrspredigt 2010 den Bundeswehr-Einsatz heftig kritisiert. Vor allem ihr Satz "Nichts ist gut in Afghanistan" löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus.

Situationen, "in denen wir nicht ohne Schuld bleiben können"

In dem Fernsehgottesdienst fügte der Theologe hinzu, die Bürger müssten den Soldatinnen und Soldaten zur Seite zu stehen, die mit belastenden Erfahrungen aus den Kriegs- und Krisengebieten zurückkehren. "Und wir sind als Gemeinden und Nachbarn gefragt, wenn Familien den Verlust eines Sohnes, einer Tochter, eines Vaters, einer Schwester oder eines Partners zu beklagen haben", sagte Schneider, der auch Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland ist.

Zugleich forderte Schneider in seiner Predigt eine "ernsthafte und ausführliche" Diskussion über die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Es gebe Situationen, "in denen wir nicht ohne Schuld bleiben können - was immer wir tun oder unterlassen", räumte der oberste Repräsentant von rund 24 Millionen Protestanten in Deutschland ein. So sei es in Afghanistan und aktuell in Libyen, "wo wir nicht eindeutig wissen, welches politische und militärische Verhalten den Frieden und die Gerechtigkeit unter den Menschen fördert".

Unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges hätten viele Deutsche eine tiefe Zurückhaltung gegenüber militärischer Gewalt entwickelt, erklärte Schneider. Die evangelische Kirche habe sich die theologische Erkenntnis des Ökumenischen Rates der Kirchen "Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein" zu eigen gemacht.

Schneider: Freude über bin Ladens Tod verständlich

Zuvor hatte Schneider in einem Zeitungsinterview erklärt, er könne die vielfach geäußerte Erleichterung über die Tötung des Terroristenführers Osama bin Laden verstehen. "Es ist nun mal eine gute Nachricht, dass eine Symbolfigur des internationalen Terrorismus nicht mehr agieren kann", sagte der rheinische Präses der "Welt am Sonntag". "Wenn üble Verhältnisse sich ändern, darf man sich freuen." Freude über den Tod eines konkreten Menschen sollte man hingegen nicht empfinden.

Nach den Worten Schneiders wäre die Festnahme des Top-Terroristen wünschenswerter als dessen Tod gewesen. Unter bestimmten Umständen aber könne "eine Situation eintreten, in der man Schuld auf sich lädt und solche Feinde tötet", unterstrich der Theologe. "Denn wenn man die Bösen weitermachen lässt, macht man sich auch schuldig." Gegengewalt könne "geboten und notwendig" sein.

Der Präses mahnte gleichzeitig an, im Kampf gegen den Terrorismus nicht nur auf militärische Gewalt zu setzen. Auch polizeiliche und geheimdienstliche Mittel könnten sehr effektiv sein: "Den Terrorismus muss man mit dem gesamten Arsenal bekämpfen." Zusätzlich sollten Debatten darüber geführt werden, "inwieweit wir Gewalt selbst provoziert haben, etwa durch die ungleiche Verteilung der Güter."

epd