Und schon wieder ist es soweit. Das umstrittenste "irgendwie christliche", aber heidnische Fest der Neuzeit steht vor der Tür. Ja, Halloween. Also „all hallows evening“, der Vorabend von Allerheiligen, also eines christlichen Festes. Der Überlieferung nach soll Martin Luther seine 95 Thesen an diesem Tag veröffentlicht haben.
In diesem Blog hatten wir uns schon des öfteren damit beschäftigt. Siehe „Lustig lecker Luther lutschen“, „Pfarrhaus der Abrechnung“, „Jesusween“ und der schon fast ein wenig resignative Titel „Und jährlich grüßt das Geisterfest“.
Eigentlich ist alles gesagt. Denn: Warum sollte ein gefestigter Glaube es nicht aushalten können, wenn wir ein bisschen Spaß haben mit ausgedachten Geistern?
„Wer noch Angst vor Geistern hat, nimmt wohl die Bibel nicht ganz ernst.“, so schrieb ich es schon in dem Blogbeitrag von 2010. Und so schreibt es Paulus im Römerbrief, Kapitel 8: "Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? (...) Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? (...) Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“
Da kann ich nur sagen: Dagegen kommt ein Geist nicht an. Schon gar nicht so ein kleiner Halloween-Geist, der in einen Kürbiskopf passt.
Pfarrerin Tia Pelz aus Nürnberg-Ziegelstein lebte einige Jahre in den USA und erlebte dort, wie viele Kirchen für Halloween dekoriert waren. Das bietet sie nun auch in Nürnberg an. Ein Familiengottesdienst in der gruselig dekorierten Kirche, der gleichzeitig auch die Themen der Reformation aufgreift. Sie sagt: "Es ist ja kein Zufall, dass die beiden Feiern auf den gleichen Tag fallen. Da ist Luther, der mit seinen persönlichen Ängsten und Zweifeln konfrontiert war. Er befasste sich mit der Frage, wie bekomme ich einen gerechten Gott, um keine Angst mehr haben zu müssen. Und Halloween ist das Fest vor Allerheiligen, bei dem es darum geht, noch einmal zu zeigen: Die Geisterwelt hat keine Macht über uns, wir haben keine Angst vor Geistern, wir sind stärker. Da passt es für mich super zusammen, als Pfarrerin zu sagen: Gott ist stärker, Geister haben keine Macht."
Ich kann verstehen, dass diese Feiern manche eher abschrecken. Doch für andere sind sie eine Möglichkeit, den Glauben ganz neu zu erleben, auf eine Weise, die sie nachvollziehen können.
Ich kann sogar verstehen, dass manche in den sozialen Medien diese Aktion in Bausch und Bogen verurteilen. Dass sie von „Blasphemie“ schreiben und davon, dass die Kirche nicht jeden Trend mitmachen müsse, davon, dass Jesus angebetet werden solle und keine Geister und und und.
Nur: Das trifft doch gar nicht zu auf diesen Gottesdienst, der offensichtlich sehr viel tiefer geht und genau diese Thematik aufgreift: Unser Glaube ist es, der uns die Furcht nimmt. Unser Glaube macht uns stark gegen all die Geister, die unser Leben bedrohen. Unser Glaube macht uns frei.
Also: Feiern Sie Halloween und/oder Reformationstag, wie Sie wollen. Aber feiern Sie es als ein Fest der Befreiung!



