Christi Kelch, für dich geschmolzen

Abendmahlsgeschirr
Christi Kelch, für dich geschmolzen
Eine Gemeinde kam auf kreative Weise zu neuen Abendmahlsgeräten

Zweihundert Jahre ist es her, da wurde in Großkarolinenfeld die erste evangelische Kirche im bayerischen Oberland geweiht. Zu Ehren der Königin Karoline, die den Protestanten überhaupt erst die Ansiedlung in diesem ehemals rein katholischen Umfeld ermöglicht hatte, nannten die Neuankömmlinge sie „Karolinenkirche“. Das wiederum entzückte die Königin so sehr, dass sie der Gemeinde sozusagen als Grundausstattung ein silbernes Abendmahlsgeschirr schenkte.

Peinlich peinlich: Davon ist heute nur noch ein Kelch übrig. Was mit dem Rest geschah, ist unklar. Auf jeden Fall musste etwas neues her. Pfarrer Richard Graupner, zugleich Kunstbeauftragter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, wollte nicht einfach irgendwas. Wertvoll sollte es sein, um der Gewichtigkeit des Abendmahls Ausdruck zu verleihen.

Doch schon mit dem Material fingen die Probleme an. Denn ein nicht unerheblicher Teil des Silbers, das heute auf dem Markt ist, wird leider unter nicht zu verantwortenden Bedingungen gewonnen. Kinderarbeit und Umweltzerstörung, Vergiftung von Flüssen sind geradezu an der Tagesordnung. Nein, solches Silber sollte auf keinen Fall in die Kelche einfließen.

Was tun? Ganz einfach: Silber recyceln! Recyceltes Silber gibt’s auch fertig zu kaufen, aber: „Das können wir auch selber!“ So startete die Gemeinde einen Aufruf, Silber zu spenden. Und tatsächlich: Ob Medaillen, altes Silberbesteck oder was auch immer: Aus dem weiten Umkreis kamen insgesamt 5 Kilogramm Silber zusammen. Silberschmiedin Juliane Schölß, die den Wettbewerb um die Gestaltung der neuen Gefäße gewonnen hatte, gestaltete außergewöhnliche Schalen und Kelche. In einer Abendmahlsfeier ließ sie die Teilnehmenden mit ihren Fingerabdrücken die Vorform der Gussform verändern. So verewigte sich die feiernde Gemeinde in den Gefäßen, die nun, so hoffen die Gemeindeglieder, wenigstens wieder 200 Jahre halten sollen. Aber darüber sprechen wir dann im Jahr 2222.

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