Schokomaskoläusenstorm

Schokomaskoläusenstorm
Eine Konditorei in Bad Königshofen erntete einen Shitstorm für eine eigentlich gute Idee

Corona. Ja, wir können es langsam nicht mehr hören. Abstand, Maske, das ganze Drum und Dran. Während der größte Teil der Bevölkerung weitgehend vorbildlich damit umgeht – immerhin haben wir im Vergleich zu vielen anderen Ländern nach wie vor eine recht niedrige Ansteckungsrate in Deutschland – gehen andere auf die Barrikaden, weil sie schon in einem Mund-Nasen-Schutz eine unzulässige Bevormundung durch den Staat sehen.

Ich persönlich finde es durchaus in Ordnung, staatliche Vorschriften zu hinterfragen. Auch, ob es sinnvoll ist, beispielsweise Gaststätten nun wieder zu schließen (ich finde: ja, aber man kann meinetwegen drüber diskutieren). Die überbordenden Hassgefühle und die Vergleiche mit der Verfolgung in der NS-Zeit jedoch finde ich in höchstem Maße unangemessen.

Diese aufgeheizte Atmosphäre bekam nun auch ein Konditor in Bad Königshofen zu spüren. Und das wegen eines kleinen, aber feinen Details: Seine handgefertigten Schokonikoläuse stattete er – mit einem Mund-Nasen-Schutz aus rosafarbener Ruby-Schokolade aus. „Wenn Nikolaus heute leben würde, würde er eine Maske tragen, der Papst trägt ja auch eine“, meint Herbert Häcker dazu, der das Café Heintz in Bad Königshofen betreibt. Da möchte ich ihm zustimmen, denn es geht ja um Nächstenliebe. Darum, die Menschen um einen herum vor einer ungewollten Infektion zu schützen.

Eine schöne Idee – und noch an Ostern hatte es auch niemanden gestört, dass es Osterhasen mit Mundschutz zu kaufen gab. Doch nun war der Facebook-Post mit einem Foto der Mundschutzoläuse offensichtlich in, nennen wir es mal: „coronafeindlichen“ Gruppen geteilt worden, aus denen erst einmal ein großer Shitstorm über das Café hereinprasselte.

Da gibt es mittlerweile ja oft leider überhaupt kein Halten mehr: Neben einfach ablehnenden Kommentaren wurde der Konditorei gleich auch noch der Konkurs gewünscht oder kommentiert, sie hätten den Nikolaus zum Zombie gemacht. Andere fanden, es sei eine Verunglimpfung des Heiligen Nikolaus.

Doch mittlerweile hat sich das Blatt gewendet: Unter den – Stand jetzt – 2354 Kommentaren finden sich sehr viele zustimmende und immer wieder auch die Frage: Können wir das auch bestellen? Dazu natürlich auch Menschen, die die Konditorei gegen die harsche Kritik verteidigen. Bestellungen kamen sogar aus dem Bundeskanzleramt und aus Moskau.

Familie Häcker tut, was sie kann. Zunächst werden natürlich die Stammkunden aus der Umgebung versorgt. Inzwischen helfen für die Herstellung und den Versand von Mundschutz-Nikoläusen sogar benachbarte Konditoreien aus, weil die Bestellungen gar nicht mehr zu bewältigen wären. Also: Ob Sie noch einen bekommen können, ist nicht so sicher. Probieren Sie es doch mal aus! Vor dem Reinbeißen sollten Sie Ihren eigenen Mund-Nasen-Schutz dann aber doch abnehmen. Guten Appetit!

 

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