Die Bibel ist männlich. Oder weiblich?

Die Bibel ist männlich. Oder weiblich?
Der Brockhaus-Verlag bietet zwei Bibelversionen an: Für Männer und Frauen.

„Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“ (1. Mose 1, 27). So schreibt es die biblische Schöpfungserzählung – die mit den sieben Tagen. Davon, dass Frauen rosa und Männer blau wären, ist der Bibel nichts bekannt.

Umso stärker ausgeprägt ist das mit den geschlechterspezifischen Dingen heute, gerade bei Kindern. Bei unseren Kindern liegen zwischen der Geburt des ersten und des vierten immerhin 16 Jahre. Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen: So extrem war das damals, bei unserer Nummer 1, noch nicht. Rosa Überraschungseier für Mädchen. Lego für Mädchen und speziell für Jungs. Einfach alles, und wehe, ein Junge spielt mal mit Mädchensachen oder umgekehrt.

Der „goldene Zaunpfahl“ nimmt dieses zum Teil schon wirklich absurd gewordene Gender-Marketing auf und nominiert jedes Jahr besonders extreme Beispiele. Bereits im Jahr 2018 gab es da einen ganz besonderen Kandidaten: Die Bibel. Ja, tatsächlich. Der Brockhaus-Verlag hat nämlich mehrere Varianten der „Neues Leben“-Bibelübersetzung herausgebracht. Und unter anderem auch – eine für Frauen, eine für Männer. Die Frauen-Variante in einem ansprechenden Frauen-Cover gehalten. Mit Geschichten drin von Frauen in der Bibel und Texten über typische „Frauen-Themen“. Laut Klappentext sind das alles Beziehungsthemen. „Frauenthemen“ eben:

„Vier große Lebensfelder sprechen die Beiträge dieser Bibel an: die Beziehung zu Gott, die Beziehung zu anderen, die Beziehung zu sich selbst und die Beziehung zur Welt. Wenn diese Beziehungen miteinander in Balance sind, gelingt das Leben.“

Ganz anders die Männer! Da geht‘s richtig zur Sache. Kein so softer Einband, sondern metallisch anmutend, „klar und schnörkellos“. Und die Themen auf den Sonderseiten? Männerthemen halt! Grillrezepte zum Beispiel, das ist halt Männersache. Und bei den weiteren Themen geht‘s nicht um Beziehungen, sondern um ganz andere Dinge. "Die Bibel im Berufsalltag" , "Vater sein" , "Beten im Alltag" , "Erfolgreich scheitern" oder "Konstruktives Streiten".

Wie gut, dass Gott nicht Mann oder Frau ist – sondern beide, sowie alle Zwischenstufen, „nach seinem Bilde“ geschaffen hat. Ich bin sehr hin- und hergerissen, was ich von diesen Bibelausgaben halten soll. Denn natürlich sind alles das Themen, die Menschen beschäftigen. Vielleicht wäre es besser gewesen, beides in einer Ausgabe zu vereinen? Aber marketingtechnisch ist das natürlich nicht so greifbar wie „Die Bibel für Frauen“ oder „für Männer“. Ich als Mann beispielsweise fühle mich von der Frauen-Variante irgendwie mehr angesprochen. 

Gewonnen hat den Preis übrigens nicht die Bibel. Sondern Barbie, komplett mit Waschmaschine und Bügelbrett, in rosa.

Dabei sind die Bibeln doch wirklich außergewöhnlich: Schließlich sind in beiden Ausgaben die Worte Jesu nicht in rosa oder blau gedruckt. Sondern in rot.

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