Huber und die Facebook-Chronik

Huber und die Facebook-Chronik

Altbischof Wolfgang Huber ist empört - so wie viele andere Facebook-Nutzer auch. Der Grund: Facebook wird die Darstellungsansicht der Postings ändern und die Timline - auf Deutsch Chronik - einführen. Aber ist das jetzt wirklich ein Grund, Facebook zu verlassen?

Man sollte erstmal etwas zurückschalten was die Kritik an der Chronik selbst betrifft. Ich persönlich finde auch, dass eine Woche nicht reicht um nachzuschauen, ob alle Beiträge die nicht-öffentlich sein sollten auch nicht öffentlich sind wenn die neue Ansicht kommt. Einige Beiträge werden mit Sicherheit durchschlüpfen. Wer also auf die neue Chronik-Ansicht umstellen möchte, sollte sich ein Wochenende komplett freinehmen um Monat für Monat, Jahr für Jahr nachzusehen. Das ist natürlich friemelig, wer aber bei Facebook seine Einträge schon immer so gehalten hat, dass die eigentlich keine privaten Dinge enthalten sollte ja schnell durch sein. (Ja. Ich weiß. Deswegen ja: Ein Wochenende frei halten...)

Zweitens: Wer sagt denn eigentlich, dass man solche Dinge wie "Ich habe ein Haus gekauft" oder andere Lebensereignisse komplett bei Facebook reinstellen soll? Also ich sowieso nicht. Ebensowenig muss Facebook wissen ob ich in einer Beziehung bin oder nicht. Meinen Freunden im realen Leben könnte ich das gerne mal erzählen, aber doch nicht Hinz und Kunz im Internet. Vor allem doch nicht Facebook. Also wirklich, wer kommt denn auf solche Ideen? Jemand, der nicht in Medienkompetenz geschult ist? Guter Einwand, genau darin fehlt es ja in der Gesellschaft generell - aber ab und an könnte man auch den Verstand einschalten bevor man im Internet irgendwas macht. Bewahrt vor bösen Spätfolgen.

Drittens: Was ich generell bei der Kritik nicht verstehe - es ändert sich ja nichts. Also Grundlegendes. Die Daten, die bei der Chronik sichtbar werden sind ja schon vorhanden. Mit dem jeweiligem Zugangsstatus. Es ändert sich nur die Oberfläche, man kann Postings jetzt größer machen, es gibt zur Orientierung den Zeitstrahl - aber das ist tatsächlich nur die Oberfläche. Ich glaube, hier wird das "Frictionless Sharing" in einen Topf mit der Chronik zusammengeworfen und unnötig Ängste geschürt. Wie geschrieben: Sieben Tage Umstellungsfrist - ja, definitiv zu wenig, da hätte ich auch gerne mehr Zeit bei der Umstellung gehabt. Schön. Aber das "Frictionless Sharing", das Teilen von Inhalten mit Applikationen, ist ja eine Sache für die ich mich freiwillig entscheide. Ich muss ja nichts installieren wenn ich das nicht möchte.

Dass die Umstellung eine recht dreiste Angelegenheit ist, steht außer Frage. Auch das Facebook keine Inhalte löscht sondern nur unsichtbar macht ist Anlass zur Kritik wie manches andere auch. Für die einen ist die neue Chronik die Gelegenheit sich alte Beiträge anzuschauen und ein wenig aufzuräumen, für andere wie Wolfgang Huber ist die Chronik Anlass sich von Facebook zu verabschieden. Das bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Doch manchmal wünschte ich mir, dass Journalisten und Datenschützer mal nicht die Keule bei bestimmten Themen rausholen würden. Sondern qualitativ und ausgewogen berichten. Auch mit der dazugehörigen Kritik was Facebook betrifft, ja, aber etwas Augenmaß würde der Debatte momentan wirklich gut tun.

P.S: Die Begründung von Hern Huber lautet übrigens, dass die für alle Nutzer verpflichtende Chronik mit der Vorstellung vom Respekt gegenüber den Persönlichkeitsrechten nicht vereinbar sei. Kann man so stehen lassen. Aber das fällt ihm erst jetzt auf, dass Facebook es manchmal mit den Persönlichkeitsrechten vielleicht nicht so genau nimmt? Wirklich? Na dann...

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