Atzwentzkranz

Atzwentzkranz

Atzwentzkrantz, der: Vorweihnachtliche Vorrichtung zur Berieselung von Tischen mit abgefallenen Tannennadeln. Außerdem zusammen mit Amtzgerichtzplatz eines der zwei deutschen Wörter mit drei tz, darum gerade in der Atzwentztzeit sehr beliebt.

Besondere Merkmale

Praktisch allen A. ist gemein, dass sie mit vier Kertzen – oder zumindest mit Halterungen für vier Kertzen – ausgestattet sind, von denen vom ersten bis zum vierten Atzwent jeweils eine Kertze mehr angezündet wird. In musikalischen Familien wird das Kertzenanzünden oft durch das Absingen von Liedern wie „Atzwent, Atzwent, ein Lichtlein brennt“, „Wir sagen euch an den lieben Atzwent“ oder „und wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast du Weihnachten verpennt“ umrahmt.

Runde Variante

Der A. erscheint in sehr verschiedenen Ausführungen und Formen. Sehr beliebt sind runde A., die in der Mitte des Esstisches aufgestellt werden. Durch ihre schiere Größe – verbunden mit diversen Dekorationselementen, die sich beim Herunterfallen um den A. herum verteilen – verbrauchen sie nahezu die gesamte Fläche des Tisches. Oft ist nur noch Platz für einen Teller, so dass die Familie in der Atzwentzzeit auf das gemeinsame Essen verzichtet und die Mahlzeit nacheinander am vom A. weitgehend okkupierten Tisch einnimmt. Alternative Möglichkeiten sind z.B. das so genannte Atzwentzschoßtelleressen: Die Teller werden dazu nicht auf den Tisch gestellt, sondern auf den Schoß der essenden Person. Wer zuerst kleckert, hat gewonnen. Auch Stehempfänge um den Tisch herum werden immer beliebter.

Längliche Variante

Als platzsparende Möglichkeit setzen sich in letzter Zeit langgestreckte A. immer mehr durch, bei denen die vier Kertzen in einer Reihe angeordnet werden. Die Fachwelt streitet noch darüber, ob diese Installationen überhaupt unter die Bezeichnung „A.“ fallen, da sie ja nicht mehr kranzförmig sind, andererseits aber die gleiche Funktion erfüllen wie ein kreisförmiger A. Lediglich die Inanspruchnahme von Tischfläche wurde entscheidend verringert, so dass weiterhin ein – wenn auch leicht eingeschränktes – gemeinsames Essen am Tisch möglich ist.

Die Atzwentzkertzenantzünddiskutzion

Sehr umstritten unter den Anhängern des A. ist der Modus des Kertzenantzündens, was darauf zurückzuführen ist, dass erst nach drei Wochen alle vier Kertzen am A. brennen dürfen. Verfechter der „alles-muss-gleich-sein“-Doktrin versuchen, die Kertzen im Wechsel so antzutzünden, dass sie möglichst gleichmäßig abbrennen. Die Anhänger der „Eine-Kertze-Bewegung“ dagegen stehen dafür ein, dass die am ersten Atzwent angetzündete Kertze immer für den ersten Atzwent steht und daher bis zum Schluss immer brennen muss. Zumeist setzen sie daher auch unterschiedlich lange Kertzen ein und versuchen vertzweifelt, die längste Kertze bis zum zweiten Atzwent exakt auf die Länge der tzweitlängsten Kertze herunterzubrennen. Diese Diskussion kann Familien so entzweien, dass es schon zu Atzwentzkranzschismen gekommen sein soll: Die eine Hälfte der Familie isst am „alles-muss-gleich-sein“-Atzwentzkrantz im Esstzimmer, die andere am „Eine-Kertze“-Atzwentzkranz im Wohntzimmer.

Kritik

Durch die verstärkte Beigabe von natürlichem Tannengrün, das meist schon zum Zeitpunkt des Kaufs vor dem ersten Atzwent mindestens tzwei Wochen Zeit hatte, vor sich hinzutrocknen, kann der A. zwar seine eigentliche Aufgabe (s.o.) ausgetzeichnet erfüllen: Spätestens am tzweiten Atzwent sind alle Tannennadeln restlos auf dem Tisch verstreut. Übrig bleibt ein trockenes Gerippe von Tzweigen, das sich ausgetzeichnet mit möglicherweise umfallenden Kertzen versteht. Fachleute halten es daher für sinnvoller, den Einsatz des A. auf ca. tzwei Wochen zu verkürzen, da dann ja schon alle Nadeln verteilt wurden. Dem steht jedoch die Tradition der vier Kertzen entgegen. Daher wurde von der Bundesregierung bereits vor 24 Jahren eine Atzwentzkrantzkertzenrichtlinienkommission eingesetzt, die im Gespräch mit Vertretern der christlichen Kirchen prüfen soll, ob in der Atzwentzzeit möglicherweise ein zusätzlicher Sonntag beispielsweise am Mittwoch möglich wäre. Dies scheiterte bisher vor allem am Widerstand der Pfarrerinnen und Pfarrer, die der Meinung sind, sie hätten in der Atzwentzzeit eh schon genug zu tun und bräuchten nicht auch noch zwei Atzwentzsonntage pro Woche, an denen sie Gottesdienst halten müssen.

Fatzit

Der A. wird uns vermutlich noch lange erhalten bleiben und noch viele Tannennadeln auf unseren Tischen verstreuen dürfen. Neue Formen sind jedoch auf dem Vormarsch: Blinkenlightz statt Kertzen. Platzik statt echten Nadeln. Variationen, die ganz ohne Grün auskommen. Wir werden sehen, wo uns diese Entwicklung hinführt.

Bis dahin: Einen frohen Atzwent. 

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