Afghanistan: UNO gratuliert Karsai zum kampflosen Sieg

Afghanistan: UNO gratuliert Karsai zum kampflosen Sieg
Hamid Karsai bleibt Präsident Afghanistans. Die für Samstag geplante Stichwahl wurde am Montag von der Nationalen Wahlkommission abgesagt. Zuvor hatte sich der Karsai-Gegner Abdullah Abdullah von der Stichwahl zurückgezogen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gratulierte Karsai (51). Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) reagierte zurückhaltend: Man nehme die Entscheidung der Wahlkommission zur Kenntnis, sagte er in Paris.

Ban erklärte in Kabul, er begrüße die Entscheidung der Wahlkommission, die Stichwahl abzusagen und Karsai zum Sieger der Präsidentenwahlen 2009 zu erklären. Dies sei ein schwieriger Wahlprozess für Afghanistan gewesen, und man müsse für die Zukunft daraus lernen. Afghanistan stehe vor entscheidenden Herausforderungen. Der UN-Generalsekretär war am Montag überraschend zu Gesprächen mit Karsai und Abdullah nach Afghanistan gereist.

Wahl mit einem Kandidaten "lächerlich"

Die Wahlkommission begründete die Absage des Urnengangs mit der Sicherheit und Stabilität des Landes. Zudem wolle man damit Kosten sparen.

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Die Internationale Gemeinschaft war dem Vernehmen nach strikt gegen eine Stichwahl mit Karsai als einzigem Kandidaten. Es wäre "lächerlich", für eine Wahl mit klarem Ausgang Geld auszugeben und Leben zu riskieren, sagte einen westlicher Diplomat. Die Taliban hatten bereits die erste Wahlrunde am 20. August massiv mit Anschlägen und Angriffen gestört.

Die afghanische Verfassung sieht weder den Rückzug eines Kandidaten noch eine Absage der Stichwahl vor. Artikel 61 bestimmt, dass der Präsident im ersten Wahlgang mit mehr als 50 Prozent der Stimmen gewählt werden muss, was Karsai nicht gelungen war. Damit wurde die Stichwahl zwischen ihm und dem Zweitplatzierten Abdullah notwendig. Nach offiziellen Angaben waren bereits rund 15 Millionen Wahlzettel für die Stichwahl zwischen Karsai und Abdullah gedruckt worden. Nach Abdullahs Rückzug war eine extrem geringe Wahlbeteiligung befürchtet worden.

Westerwelle: Immense Herausforderungen für Karsai

Westerwelle sagte nach einem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen Bernard Kouchner in Paris: "Wir gehen davon aus, das diese Entscheidung im Einklang mit den Vorgaben der afghanischen Verfassung und des afghanischen Wahlgesetzes getroffen wurde." Die Herausforderungen für den neuen Präsidenten bei Wiederaufbau, Sicherheit und Korruptionsbekämpfung seien jedoch immens: "Wir erwarten, dass er sie entschieden angeht. Wir erwarten ebenso, dass er sich bemüht, die verschiedenen Lager der afghanischen Gesellschaft zusammenzuführen und Präsident aller Afghanen zu sein."

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Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz sagte, die Entscheidung der Wahlkommission sei zu akzeptieren. Allerdings sei der Legitimitätsverlust durch die Manipulationen im ersten Wahlgang damit nicht wieder aufzufangen. "Die neue Regierung Karsai muss diesen Glaubwürdigkeitsverlust nun durch überzeugende Arbeit wie beispielsweise eine nachhaltige Korruptionsbekämpfung wieder wettmachen", sagte Polenz.

Die Ereignisse erschweren es Polenz zufolge, die Zustimmung in der deutschen Bevölkerung für ein Engagement in Afghanistan aufrecht zu erhalten. "Wir müssen dem Steuerzahler gegenüber deutlich machen, dass unsere Hilfe in Afghanistan an den richtigen Stellen ankommt."

Wahlbeschwerdekommission versus Wahlkommission

Karsai regiert das Land seit Ende 2001. Zunächst stand er an der Spitze einer Interimsregierung. 2004 wurde er in der ersten Wahl in Afghanistan mit deutlicher Mehrheit gewählt.

Abdullah hatte sich am Sonntag von der Stichwahl zurückgezogen, weil er Wahlbetrug befürchtete. Karsai hatte die Forderung Abdullahs abgelehnt, das Personal der Wahlkommission auszutauschen, das nach Meinung des Karsai-Rivalen für massive Manipulationen in der ersten Wahlrunde im August verantwortlich ist. Ein Sprecher von Präsident Karsai hatte daraufhin erklärt, die Wahl werde dennoch stattfinden.

Die erste Runde der Präsidentenwahl am 20. August war von Wahlbetrug und Manipulation überschattet gewesen. Ein Streit über das Ausmaß der Fälschungen zog sich über Wochen hin. Die von den UN geleitete Wahlbeschwerdekommission erklärte schließlich ein Viertel aller abgegebenen Stimmen für ungültig und stellte sich so gegen die Wahlkommission, die Karsai zum Sieger der ersten Runde mit 54 Prozent der Stimmen erklärt hatte. Abdullah erhielt laut Wahlkommission 33 Prozent der Stimmen. Die UN organisierten die Wahl größtenteils und trugen mehrheitlich die Kosten.

epd/dpa