Von den Weltmeistern lernen

Illustration: evangelisch.de/Simone Sass
Von den Weltmeistern lernen
Der WM-Titel ist ein Grund für Riesenfreude, aber nicht für Stolz und Hochmut
Die deutsche Fußballnationalmannschaft ist Weltmeister! Das ist ein Grund zum Feiern. Aber keiner für Stolz und Hochmut - da können wir uns ein Beispiel an den deutschen Spielern nehmen.

Von dieser deutschen Fußballnationalmannschaft (Weltmeister, übrigens) können wir alle was lernen. Von Bastian Schweinsteiger, der "getackerte Racker", der immer wieder aufsteht, egal wie oft er am Boden liegt. Von Mario Götze, der Deutschland zum vierten Stern schießt und anschließend mit dem Trikot von Marco Reus feiert, der sich kurz vor der WM verletzt hatte. Von Jogi Löw, der sich endlich zu einem Lächeln durchringt.

Die deutschen Fußballer haben schon nach dem Halbfinale mit dem legendären 7:1 gegen Brasilien viel Demut gezeigt. Sie sind bescheiden geblieben, als sie jeder in die Favoritenrolle gesteckt hat. Ihre fußballerischen Qualitäten haben sie aber nicht unter den Scheffel gestellt und dann gegen Argentinien ein hochklassiges, würdiges WM-Finale verdient gewonnen. Darauf können sie stolz sein, denn das ist die Leistung der Mannschaft gewesen.

Aber dieser Stolz wandelt sich - so jedenfalls war das am Abend nach dem Sieg zu spüren - nicht in Hochmut um. Stattdessen freut sich die "goldene Generation" einfach über den Riesenerfolg, seit 1996 endlich einen Titel geholt zu haben. Die Deutschen werden jetzt im Schnitt alle 20 Jahre Fußballweltmeister!

Jeden Morgen mit einem Lächeln aufstehen

Da freuen wir uns alle mit, und zwar mit Schwung - aber nicht mit stolzgeschwellter Brust. Denn trotz des markerschütternden Jubelschreies, den Mario Götzes Traumtor in der 113. Minute vor Fernsehern und Leinwänden auslöste, haben wir ja nur zugeschaut. Ob wir das Spiel gesehen haben oder nicht, machte für die Spieler, die in Rio auf dem Platz standen, einfach keinen Unterschied. Den Stolz darauf können wir der Mannschaft überlassen.

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Wenn Deutschland jetzt nicht nur Export-, sondern auch Fußballweltmeister ist, können wir uns auch den Hochmut klemmen. Denn der kommt bekanntlich vor dem Fall (Sprüche 16,18), wie man im Fußball an Spanien sehen konnte: 2008 Europameister, 2010 Weltmeister, 2012 Europameister - und 2014 in der Vorrunde als hochgelobte Favoriten rausgeflogen.

Es kann jetzt nur noch abwärts gehen, denn eine solche Dominanz wie den Spaniern wird der deutschen Auswahl wohl nicht gelingen. Und selbst wenn, wäre ein demonstratives "Wir sind die BESTEN" nicht angemessen. Der Weltfußball hat uns jetzt 64 Spiele und viereinhalb Wochen in eine Parallelwelt entführt, aber daneben dreht sich die echte Welt weiter, die voller Herausforderungen ist, die der WM-Pokal auch nicht löst. Für einen Flüchtling auf einer Barkasse im Mittelmeer bedeutet der deutsche WM-Titel gar nichts.

Darum lasst uns den Satz von Manuel Neuer getreu zu Herzen nehmen, den er direkt nach dem Finale sagte: "Irgendwann werden wir aufhören zu feiern, aber wir werden jeden Morgen mit einem Lächeln aufstehen." Nicht Stolz, nicht Hochmut, sondern diese anhaltende Freude ist die positive Kraft, die wir als deutsche Fußballfans und Zuschauer aus diesem Finalsieg und dem vierten Stern auf dem Trikot ziehen können.