Warum wir die mittlere Ebene brauchen

Illustration: evangelisch.de/Simone Sass
Warum wir die mittlere Ebene brauchen
Die Party steigt da, wo das Ruhrgebiet am edelsten ist: In der historischen Stadthalle Wuppertal, in der Bochumer Jahrhunderthalle, auf Zeche Zollverein in Essen, im Revuepalast Herten. Über 1.000 Vertreter der Kirchenbezirke kommen zum Zukunftsforum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Trotz aller Kritik an den Kosten ist das Geld dafür gut angelegt.

In alten Kokskohlebunkern, in Theaterproberäumen oder im VIP-Bereich eines Stadions werden beim Zukunftsforum Dekane, Superintendenten und Pröpste und leitende Mitarbeiter der Kirchenbezirksebene ihre Arbeit reflektieren. Sie werden miteinander ins Gespräch kommen, Best-Practice-Beispiele aus dem ganzen Land kennenlernen und dürfen sich bei "Staunen & Genießen" selbst feiern. Bundespräsident Joachim Gauck hält eine Rede.

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Zum ersten Mal sind Vertreter aus allen Kirchenkreisen Deutschlands zu so einem Treffen eingeladen. Drei von vier Kirchenkreisen werden vertreten sein.

Das kostet: Die EKD rechnet mit 750.000 Euro für das Event. Das ist viel Geld. Aber es ist gut angelegt. Denn die "mittlere Ebene" hält den Gemeinden den Rücken frei. Kirche ist zwar für die meisten evangelischen Christen zuallererst ihre Ortsgemeinde. Das hat auch die jüngste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung gezeigt. Der Kirchenbezirk ist für viele Gläubige kaum sichtbar, eine abstrakte Verwaltungsebene, die ab und zu mal jemanden für ein Grußwort vorbeischickt.


Aber Superintendentinnen, Dekane und Pröpstinnen sind mehr als das. Sie geben den Gemeinden und ihren Pfarrerinnen Rat und Feedback. Sie sind Dienstaufsicht für die Pfarrer und zugleich deren Seelsorger – ein schwieriger Spagat. Sie schlichten Streitfälle in Gemeinden, wenn nur noch Hilfe von außen wirkt.

Kirche braucht Stützen von oben

Die Leiter der Kirchenbezirke machen einen undankbaren Job zwischen allen Fronten: Die Landeskirchenämter schieben den Bezirken die Verantwortung zu, wenn es um unbequeme Entscheidungen geht: Pfarrstellen streichen, Gemeinden zusammenlegen, Kirchengebäude aufgeben.

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Für die Gemeinden vor Ort sind die Spitzen des Kirchenbezirks dagegen die Buhmännner, die im Namen der fernen Verwaltung Sparpläne umsetzen und nur über Geld reden. Die Gemeinden erwarten von ihnen Schutz vor genau den Veränderungen, die die Kirchenleitung vehement einfordert.

Und die schwierigste Aufgabe steht noch bevor: Wenn die geburtenstarken Jahrgänge gegen 2020 in den Ruhestand gehen, wird die Mammutaufgabe, die Pfarrstellen neu zu sortieren, auch bei der mittleren Ebene hängenbleiben.

Superintendenten, Dekane und Pröpste sind näher dran am Gemeindeleben als Landeskirchenämter. Dank ihrer Ortskenntnis können sie schwierige Entscheidungen besser treffen. Dank ihres Überblicks haben sie die besseren Lösungen parat als eine einzelne Gemeinde. Ohne sie müssten die Gemeinden mit weniger Geld und weniger Beratung auskommen. Kirche funktioniert vor allem von unten, aber sie braucht Stützen von oben.

Deshalb darf das Zukunftsforum für die mittlere Ebene Geld kosten. Es ist gut, wenn die Kirchenbezirke gemeinsam über ihre Arbeit nachdenken. Und die Dekaninnen, Pröpste und Superintendentinnen dürfen sich beim Zukunftsforum ruhig selbst feiern - sonst macht es ja keiner.