Studie: Kirchen in politischen Debatten anerkannt

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Studie: Kirchen in politischen Debatten anerkannt
Die christlichen Kirchen in Deutschland sind nach einer Studie der Uni Münster in politischen Debatten erfolgreich und können die mediale Berichterstattung beeinflussen.

"Sie bedienen sich seit Jahrzehnten professioneller politischer Instrumente", erklärte die katholische Theologin und Soziologin Judith Könemann vom Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Uni Münster am Montag. Trotz voranschreitender Säkularisierung der Gesellschaft würden Kirchen vor allem in ethischen, sozial- und bildungspolitischen Debatten auch von nicht-religiösen Akteuren anerkannt.

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In Debatten über Menschenwürde, Zuwanderung oder Integration benutzen Kirchenvertreter dabei in fast 60 Prozent der untersuchten Äußerungen rein weltliche Begründungen, betonte Könemann. Der Bezug auf Jesus und Gott stehe nur an neunter Stelle der verwandten Argumente.  Die Quellen belegten "ein starkes Selbstverständnis der Kirchen, die Welt in Politik und Gesellschaft mitzugestalten", hieß es weiter. Das Team der Wissenschaftlerin Könemann hatte politische Stellungnahmen von Kirchenvertretern in rund 1.500 Medienberichten aus den Jahren 1970 bis 2004 untersucht, wobei der Schwerpunkt auf langjährigen Debatten über Abtreibung und Zuwanderung lag.

In den 1980er Jahren forderten die Kirchen eine Auseinandersetzung mit Fremdenfeindlichkeit und warben für die Einführung islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen, hieß es weiter. "Die Kirchen leisteten dabei eine erstaunliche und komplexe Vermittlungsarbeit zwischen der Logik des politischen, religiösen und sozialen Bereichs". Bei den analysierten kirchlichen Stellungnahmen stützten sich die Wissenschaftler auf tausend Berichte aus Printmedien wie "Der Spiegel", "Süddeutsche Zeitung" und "Frankfurter Allgemeine Zeitung" sowie Nachrichten und Berichte des Evangelischen Pressedienstes (epd), der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) und regionaler Kirchenzeitungen aus dem Zeitraum von 1970 bis 2004.

Fast alle politischen Formulierungen der Kirchen sind laut Studie an die jeweils aktuelle Diskussion angepasst. Die Kirchen zeigten dabei Handlungsmuster zivilgesellschaftlicher Akteure wie die mediale Einflussnahme auf die öffentliche Meinung, das Auftreten als "Wächterrat" und die Interessenvertretung gesellschaftlicher Gruppen. So seien sie immer wieder als Anwälte der Migranten eingetreten.

Die Rolle der Religion in der Öffentlichkeit untersuchen Soziologen, Philosophen und Theologen auch auf einer Tagung des Exzellenzclusters und der Universität zu Köln am 8. und 9. Mai in Köln. Unter dem Titel "Religion, Öffentlikeit, Moderne: Transdisziplinäre Perspektiven" soll fächerübergrifend untersucht werden, welche Bedeutung religiöse Gemeinschaften in einer postmodernen Gesellschaft einnehmen.