TV-Tipp des Tages: "Die Frau am Strand" (ARD)

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TV-Tipp des Tages: "Die Frau am Strand" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Die Frau am Strand", 25. April, 20.15 Uhr im Ersten
Die erfolgreiche norwegische Unternehmerin Brigitta Nielebeck will sich mit dem Auto umbringen, überlebt den Unfall aber körperlich unversehrt. Dafür nimmt sie psychisch Schaden

Beim Arbeitstitel stand die Reihenbezeichnung "Liebe am Fjord" noch dabei, aber da sich die für die Freitagsfilme zuständige ARD-Tochter Degeto gerade von einigen alten Zöpfen trennt, müssen auch einstige Impulsgeber wie "Lilly Schönauer" oder eben "Liebe am Fjord" dran glauben. Die letzten Filme hatten ohnehin nichts mehr von jener Seichtigkeit der früheren Romanzen, als die ARD den ZDF-Erfolgstitel "Inga Lindström" mit eigenen skandinavischen Liebesgeschichten konterte. Zuletzt waren die entsprechenden Produktionen nur noch nebenbei romantisch, und auch "Die Frau am Strand" ist in erster Linie melodramatisch.

Auf dem Weg zu neuen Ufern

Von neuer Liebe, früher zwingend für diesen Sendeplatz, kann ohnehin keine Rede sein, es sei denn, man betrachtet die neu erwachende Zuneigung zwischen Mutter und Tochter unter diesem Aspekt: Die erfolgreiche norwegische Unternehmerin Brigitta Nielebeck (Katja Flint) will sich mit dem Auto umbringen, überlebt den Unfall aber körperlich unversehrt. Dafür nimmt sie psychisch Schaden: Sie hat alles vergessen, was mit ihrer Person zusammenhängt. Ihr Geist, erklärt eine Ärztin, sei auf dem Weg zu neuen Ufern; ein Bild, das auch zum Umdenken bei der Degeto passt. Seltsamerweise scheint das Schicksal der Frau weder ihren Mann noch ihre vor einigen Jahren zu Pflegeeltern gezogene Tochter Marie (Michelle Barthel) zu kümmern. Dennoch erklärt sich Marie widerwillig bereit, gemeinsam mit Brigitta und ihrer Adoptivmutter Wibeke (Marie-Lou Sellem) einige Tage im Ferienhaus der Nielebecks am Meer zu verbringen. Dort wird die 16-Jährige fast zwangsläufig nochmals mit jenem traumatischen Erlebnis konfrontiert, das ihren Hass gerade auf die Mutter verursacht hat.

Angesichts dieser tiefen und gerade von der jungen Michelle Barthel herausragend verkörperten Emotionalität konnte "Die Frau am Strand" kein vergnügliches Sommerfilmchen werden; selbst wenn sich die Kamera (Klaus Merkel) zwischendurch immer mal wieder an der allerdings alles andere als sonnendurchfluteten Landschaft ergötzt. Im Zentrum der Handlung stehen die drei Frauen, wobei gerade Marie hin und hergerissen ist zwischen ihrer Antipathie und dem selbstlosen Vorbild ihrer Ziehmutter, die bei einer Versöhnung befürchten muss, Marie zu verlieren. Mit viel Feingefühl schildert Martin Rauhaus, dessen Drehbücher im Melodram wie auch in der Komödie ein Garant für Anspruch sind, wie sich die Tochter dem Werben der Mutter öffnet.

Barthel, die ihrer Jugend zum Trotz schon in einigen großen Filmen mitgewirkt hat (Grimme-Preis für "Keine Angst"), spielt gerade jene Szenen, in denen Marie von ihrer Wut übermannt wird, fast schon beängstigend gut.

Gleiches gilt für August Zirner als Ehemann, der für eine Stippvisite vorbeischaut und bloß einen Satz braucht, um sich als Zyniker zu entpuppen. Rauhaus’ Dialoge bieten den vier Schauspielern eine traumhafte Auch als Ensemble sind die drei Frauen gut zusammengestellt; Matthias Tiefenbacher hat das Trio ausgezeichnet geführt. Bühne, zumal Marie einen mehr also triftigen Grund führ ihre Unversöhnlichkeit hat; selbst wenn der Film das wahre Ausmaß ihres erschütternden Leids erst ganz am Ende offenbart.