Studie: Jede dritte Frau in Europa hat Gewalt erlebt

Studie: Jede dritte Frau in Europa hat Gewalt erlebt
Fachleute sind besorgt über Belästigungen in sozialen Netzwerken
Schläge, Stalking, sexuelle Übergriffe: Jede dritte Frau in Europa hat schon einmal Gewalt erlebt. Das zeigt eine breit angelegte Studie, die die EU-Grundrechteagentur in Wien am Mittwoch veröffentlichte.

"Gewalt gegen Frauen wirkt sich tagtäglich auf die gesamte Gesellschaft aus", unterstrich Agenturdirektor Morten Kjaerum. Seiner Erhebung zufolge ist jede 20. Frau in Europa ein Vergewaltigungsopfer. Jede fünfte Frau erlitt schon einmal körperliche oder sexuelle Misshandlungen in ihrer Partnerschaft. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und Menschenrechtler reagierten alarmiert auf die Studienergebnisse.

Erfahrungen schon in der Kindheit

Die Hälfte aller Frauen in Europa wurde laut der Untersuchung schon einmal sexuell belästigt, jede dritte Frau berichtet von solchen Übergriffen durch einen Vorgesetzten, Kollegen oder Geschäftskunden. Deutschland liegt in vielen Kategorien nahe am europäischen Durchschnitt. Auffällig ist jedoch unter anderem, dass Frauen in Deutschland häufig von Gewalterfahrungen in ihrer Kindheit berichten. 37 Prozent aller deutschen Befragten gaben an, als Kind von Erwachsenen geschlagen oder getreten worden zu sein - im EU-Schnitt sind es 27 Prozent.

###mehr-artikel###Für sehr beunruhigend halten die Wiener Grundrechtsexperten auch die Ausbreitung von Übergriffen in neuen Medien wie etwa sozialen Netzwerken. Demnach wurde jede zehnte Frau schon einmal per Internet belästigt oder erhielt eine SMS mit eindeutig sexuellem Inhalt. Unter jüngeren Frauen bis 29 Jahren ist die Quote doppelt so hoch. Internet-Provider und soziale Plattformen müssten Opfer ermutigen, Missbrauch zu melden und Schritte unternehmen, unerwünschtes Verhalten einzudämmen, verlangt die Grundrechteagentur. Auch die EU-Regierungen müssten ihre Gesetze gegen Gewalt verschärfen und Opfer besser unterstützen.

"Belästigung unbedingt melden"

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, appellierte an die Frauen, sexuelle Belästigung unbedingt zu melden. Der Arbeitgeber hätte die Pflicht, die Frauen zu schützen. Die Belästiger müssten mit "erheblichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung" rechnen, sagte sie. Der deutsche Menschenrechtsbeauftragte Christoph Strässer zeigte sich schockiert über das Ergebnis der Studie. Er verlangte, gerade anlässlich des Weltfrauentages am 8. März einen besseren Schutz für Frauen und Mädchen in den Blick zu nehmen.

###mehr-links###Die Menschenrechtsorganisation "terre des femmes" forderte in Berlin eine Reform des Strafrechts. Vergewaltiger würden zu selten bestraft, obwohl dieses Verbrechen eine der häufigsten Formen von Gewalt an Frauen sei. Auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) sieht einen "gewaltigen rechtlichen und politischen Handlungsbedarf." Das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen werde deutlich unterschätzt.