Afghanistan: EKD-Friedensbeauftragter sieht Weltgemeinschaft in der Pflicht

Afghanistan: EKD-Friedensbeauftragter sieht Weltgemeinschaft in der Pflicht
Die internationale Gemeinschaft wird Afghanistan nach Einschätzung des kirchlichen Friedensbeauftragten Renke Brahms noch länger als ein Jahrzehnt beistehen müssen, um das Land zu stabilisieren.
30.12.2013
epd
Dieter Sell

"Dazu gehört die Finanzierung von Polizei und Militär, das schafft Kabul aus eigener Kraft noch nicht", sagte der Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Weltgemeinschaft stehe in der Pflicht, weil vor dem geplanten Abzug der NATO-Kampftruppen Ende 2014 die Sicherheitslage am Hindukusch "äußerst fragil" sei.

"Momentan sterben unglaublich viele afghanische Soldaten, Polizisten und Zivilsten, die Taliban gewinnen an Macht", sagte Brahms. Trotzdem gebe es viele Menschen in Afghanistan, die davon überzeugt seien, dass der mehr als zwölfjährige Einsatz der internationalen Truppen Sinn habe. "Deutlich mehr Kinder gehen zur Schule, die Frauen in der Gesellschaft sind in einer besseren Situation, das Land wurde von der Schreckensherrschaft der Taliban befreit."

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Doch ob diese Fortschritte nachhaltig seien, müsse sich erst zeigen. "Das kommende Jahr mit der Präsidentschaftswahl im April wird mit darüber entscheiden, ob es Afghanistan gelingt, einen guten Weg einzuschlagen nach dem Abzug der Kampftruppen." Die Korruption im Land sei noch immer immens, der Aufbau einer Zivilgesellschaft in Verwaltung und Rechtsprechung längst nicht abgeschlossen, gab Brahms zu bedenken.

In dieser Situation sei es auch wichtig, dass Berlin für die afghanischen Mitarbeiter der Bundeswehr in Afghanistan Verantwortung übernehme. Eine "offensichtlich langsame Mühle der Bürokratie" verhindere, dass sie nach Prüfung der jeweils persönlichen Gefährdung zügig in Deutschland aufgenommen würden. "Vielleicht gelingt das mit dem neuen Innenminister Thomas de Maizière schneller", hofft Brahms.

Der Krieg in Afghanistan habe gravierende Fehler der internationalen Gemeinschaft offenbart, fasste der leitende Bremer Theologe zusammen: "Wenn im äußersten Fall eine militärische Intervention gewagt wird, dann nie mehr, ohne von Anfang an zu überlegen, welche zivile Mittel eingesetzt werden, welche Aufbauleistungen folgen müssen und wie ein Einsatz auch wieder beendet werden kann."

In dieser Hinsicht seien sich die beteiligten Nationen nicht einig gewesen, fügte Brahms hinzu. "Die Deutschen haben noch am ehesten gesagt, wir müssen das mit zivilen Aufbaumitteln machen. Bei den Amerikanern waren doch zuerst nur geopolitische Interessen und Terrorabwehr wichtig." Was für die internationale Gemeinschaft gelte, habe sich auch in Deutschland gezeigt: "Mit Blick auf Afghanistan gab es über viele Jahre keine abgestimmte Politik zwischen den beteiligten Ministerien. Und sie ist nach wie vor mangelhaft."