"Mit leichtem Gepäck": Die EKD-Synode zu Gast im Rheinland

Foto: Evangelische Kirche im Rheinland
Sanierte Rosette in der Krefelder Lutherkirche
"Mit leichtem Gepäck": Die EKD-Synode zu Gast im Rheinland
Die Evangelische Kirche im Rheinland gilt als liberal, streitbar und selbstbewusst. Ihr Gesicht ist reformiert und lutherisch, großstädtisch und ländlich, traditionell und modern. Derzeit steckt die zweitgrößte EKD-Gliedkirche in einem Umbruch.
09.11.2013
epd
Ingo Lehnick

Für den EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider ist die diesjährige Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ein Heimspiel: Das Kirchenparlament tagt vom 10. bis 13. November in Düsseldorf - hier hatte Schneider zehn Jahre lang seinen Amtssitz als Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Aktuell steht die gastgebende Heimatkirche des EKD-Ratschefs vor einschneidenden Reformen.

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Um sich für eine Zukunft mit weniger Geld zu wappnen, sollen die Ausgaben auf landeskirchlicher Ebene in den kommenden Jahren um ein Drittel gesenkt werden. Es gelte, Neues zu wagen und künftig "mit leichterem Gepäck" Kirche zu sein, sagt der seit März amtierende neue Präses Manfred Rekowski. Zwei Wochen nach der EKD-Synode soll eine außerordentliche Landessynode die Weichen für die rheinische Kirche der Zukunft stellen.

Mit mehr als 2,7 Millionen Mitgliedern ist die rheinische Kirche die zweitgrößte der 20 evangelischen Landeskirchen. Sie erstreckt sich vom Niederrhein bis Saarbrücken über das Gebiet der ehemaligen preußischen Rheinprovinz. Die 739 Kirchengemeinden sind in 38 Kirchenkreisen zusammengefasst und liegen in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen.

Aufbau von unten nach oben

Im überwiegend katholischen Rheinland sind die Protestanten in den meisten Regionen bis heute in der Minderheit, obwohl es schon in der Reformationszeit erste evangelische Gemeinden gab. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aus der rheinischen Provinzialkirche die heutige Evangelische Kirche im Rheinland. Sie zeichnet sich durch große Vielfalt und ein starkes regionales Selbstbewusstsein aus.

Zu den wesentlichen Elementen gehören Laienbeteiligung und Selbstverwaltung. Aufgebaut ist die Landeskirche nach der presbyterial-synodalen Ordnung, die eine demokratische Organisation von unten nach oben vorsieht. Leitung erfolgt auf allen Ebenen durch gewählte Gremien, oberstes Organ ist die Landessynode. Sie wählt auch den Präses ("Vorsitzenden") und die 15 weiteren Mitglieder der Kirchenleitung, die das Präsidium der Landessynode bildet und die Kirche zwischen den Synoden leitet.

Nach Millionenverlusten bei einem kircheneigenen Unternehmen wurde diese Grundordnung zuletzt von einer unabhängigen Kommission infrage gestellt. Präses Rekowski rechnet aber nicht mit revolutionären Veränderungen. "Optimierungen" könnten jedoch sinnvoll sein, sagt der leitende Theologe, dessen Amtsvorgänger Schneider und Manfred Kock während ihrer Präses-Amtszeit auch den Ratsvorsitz der EKD übernahmen.

Eine Schule für Zirkuskinder

Das Gebiet der rheinischen Kirche umfasst große Ballungsräume wie das Ruhrgebiet und die Region Köln/Bonn, aber auch ländliche Regionen wie die Eifel, das Bergische Land und den Hunsrück. Es gibt lutherische, reformierte und unierte Gemeinden.

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Insgesamt sind in Kirche und Diakonie im Rheinland mehr als 87.000 Menschen beschäftigt, hinzu kommen etwa 115.000 ehrenamtliche Mitarbeiter in den Kirchengemeinden. Zur Vielfalt des kirchlichen Lebens gehören rund 800 Kitas, zehn Schulen - darunter eine Schule für Zirkuskinder -, eine Landvolkshochschule, Krankenhäuser, Altenhilfe-Einrichtungen, Beratungsstellen und City-Kirchen.

Der Umgangsstil ist geprägt durch offene Debatten, auch in ethischen Streitfragen. Am Ende stehen häufig liberale Regelungen. So entscheidet in der rheinischen Kirche die jeweilige Gemeinde, ob ein homosexuelles Paar ins Pfarrhaus einziehen darf.

Heimat der Barmer Theologischen Erklärung

Theologisch betrat die rheinische Kirche mehrfach bundesweit Neuland, etwa mit einem wegweisenden Synodalbeschluss von 1980 zum Verhältnis von Christen und Juden. Protestantische Geschichte ist an vielen Orten gegenwärtig. So gründete Theodor Fliedner (1800-1864) im heutigen Düsseldorf die Kaiserswerther Diakonie. In der Gemarker Kirche in Wuppertal-Barmen wurde 1934 die Barmer Theologische Erklärung beschlossen, die zentrale theologische Äußerung der Bekennenden Kirche unter der NS-Herrschaft.

Auch spätere Bundespräsidenten engagierten sich in der rheinischen Landeskirche: Gustav Heinemann (1899-1976) war 13 Jahre lang Kirchenleitungsmitglied, Johannes Rau (1931-2006) gehörte mehr als 30 Jahre der Landessynode an.