TV-Tipp des Tages: "Die Geschworene" (3sat)

iStockphoto
TV-Tipp des Tages: "Die Geschworene" (3sat)
TV-Tipp des Tages: "Die Geschworene", 15. Oktober, 20.15 Uhr auf 3sat
Vor einigen Jahren hat Christiane Hörbiger schon einmal eine Hausfrau gespielt, die als Hobbydetektivin das Schnüffeln nicht lassen kann. Zwischen "Alma ermittelt" und der Titelrolle in dem Justizdrama "Die Geschworene" liegen jedoch Welten. Schon rein optisch hebt sich der Film deutlich von den üblichen Zeitvertreibsgeschichten ab.

Regie führte zudem Nikolaus Leytner, mit dem die Österreicherin ihren wohl ehrgeizigsten Film der letzten Jahre, "Der Besuch der alten Dame", gedreht hat. Vor allem die Dramaturgie sorgt dafür, dass man sich in dieser Geschichte nicht behaglich einrichten kann: Drehbauchautorin Susanne Freund (sie adaptierte den gleichnamigen Roman von Katharina Zara) verzichtet auf jede Einführung und lässt das Publikum lange im Unklaren. Man erfährt nur, dass die brave und etwas verhuschte Wiener Hausfrau Johanna Winter Geschworene in einem Mordprozess war. Das Urteil wird verkündet, die Sache ist erledigt. Aber jetzt kommen Johanna Zweifel: Eine Freundin hat alle Berichte über den Prozess gesammelt. Dort erfährt sie Details, die während der Verhandlungen nie zur Sprache kamen. Sie erkennt, dass die Geschworenen an der Nase herumgeführt wurden. Offenbar haben Polizei und Richter gemeinsame Sache gemacht, um einen vermeintlichen Prostituiertenmörder zu verurteilen.

Irritierende bruchstückhafte und rückblendenreiche Erzählweise

All dies erzählt der Film jedoch nicht linear. Gemeinsam mit Johanna, die anfangs völlig ahnungslos ist, setzt man aus den Puzzleteilen ihrer Erinnerungen an den Prozess sowie den Details der Recherche, die sie gemeinsam mit dem Geschworenen-Obmann (Erwin Steinhauer) durchführt, nach und nach das Bild eines ungeheuerlichen Justizskandals zusammen. Zunächst irritiert diese bruchstückhafte und rückblendenreiche Erzählweise noch, zumal man zu Beginn komplett im Dunkeln tappt und nicht annähernd ahnt, worum es überhaupt geht. Mit zunehmender Dauer aber teilt man nicht nur Johannas Empörung über die Willkür der Behörden, sondern bewundert auch die ebenso wirkungs- wie anspruchsvolle Verschachtelung der Handlung, die Leytner überaus zurückhaltend inszeniert.

Von wenigen typischen Hörbiger-Blicken abgesehen gilt dies auch für die Hauptdarstellerin: Jenseits aller Mondänität schlüpft die große Schauspielerin nahtlos in die Rolle der vom Gatten (Michael König) stets etwas gönnerhaft gegängelten Ehefrau und Mutter, deren Ermittlungseifer von allen belächelt wird. Auch der Richter (Peter Matic) lässt sie abblitzen. Dass Johanna am Ende ihrer emanzipativen Entwicklung zu einem höchst ungewöhnlichen Mittel greift, um der Gerechtigkeit doch noch zum Sieg zu verhelfen, lässt den Film fast ins Märchenhafte abrutschen.

Während man diese Wendung jedoch akzeptiert, ist der Schluss in anderer Hinsicht höchst unbefriedigend: Warum die Justiz den Angeklagten zum Bauernopfer erkoren und wer die Prostituierte tatsächlich umgebracht hat, bleibt völlig offen. Am Freitag zeigt die ARD mit "Zurück ins Leben" die jüngste gemeinsame Arbeit von Hörbiger und Leytner.