Urteil zum kirchlichen Arbeitsrecht wird überwiegend begrüßt

Urteil zum kirchlichen Arbeitsrecht wird überwiegend begrüßt
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Lockerung des kirchlichen Streikverbots ist von Parteien und Verbänden überwiegend begrüßt worden. Die Opposition forderte die Kirchen zu Reformen im Arbeitsrecht auf. Das Gericht hatte am Dienstag das kirchliche Streikverbot gelockert, das eigene Arbeitsrecht der Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände aber bestätigt.

Die kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Kerstin Griese, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe beiden Seiten Hausaufgaben auferlegt. Die Diakonie müsse sicherstellen, dass künftig Gewerkschaftsfunktionäre bei den Lohnverhandlungen mit am Tisch sitzen. Von den Gewerkschaften erwarte sie, so Griese, dass sie ihre Mitarbeit nicht verweigerten.

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Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sieht das Erfurter Urteil hingegen als eine Einschränkung der kirchlichen Sonderrechte. Was für das Streikrecht gelte, müsse auch für die Loyalitätspflichten kirchlicher Mitarbeiter gelten, forderte Beck. Die Diskriminierung von Homosexuellen und wiederverheirateten Geschiedenen durch katholische Arbeitgeber sei nicht mehr hinnehmbar. Der kirchenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Josef Winkler, rief die Kirchen und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf, die konfrontative Auseinandersetzung zu beenden.

Das Bundesarbeitsgericht hatte entschieden, dass kirchlich Beschäftigten das Streiken nicht generell verboten werden darf. Die christlichen Kirchen sowie die Einrichtungen von Caritas und Diakonie haben zwar das Recht, die Arbeitsverhältnisse mit ihren bundesweit rund 1,3 Millionen Beschäftigten nach einem eigenen Verfahren zu regeln. Streiks seien aber unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen, urteilten die höchsten deutschen Arbeitsrichter und gaben damit in zwei Streitfällen den Gewerkschaften ver.di und Marburger Bund recht.

"Privilegien nicht mehr vertretbar"

Der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Rudolf Henke, äußerte sich mit Blick auf die noch ausstehende schriftliche Urteilbegründung zurückhaltend. Er sagte, die kirchlichen Privilegien ließen sich nicht mehr vertreten, wenn auch in christlichen Krankenhäusern die Betriebswirtschaft an erster Stelle stehe.

Der Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der Union (EAK), Bildungs-Staatssekretär Thomas Rachel (CDU) begrüßte die Bestätigung des Dritten Wegs der Kirchen durch das Bundesarbeitsgericht. Zugleich sei erneut deutlich geworden, dass Missstände dringend abgestellt werden müssten, sagte Rachel.

Verantwortung als Arbeitgeber

Die FDP sprach von einem ausgewogenen Urteil. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Heinrich Kolb sagte, das Gericht habe die Kirchen an ihre Verantwortung als Arbeitgeber erinnert. So seien einseitige Lohnfestsetzungen durch die Arbeitgeberseite nach dem Urteil unzulässig.

Die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände regeln Lohnfindung und Arbeitsbedingungen auf dem sogenannten Dritten Weg selbst. Streiks und Aussperrungen sind nach dem kirchlichen Selbstverständnis verboten. Die Löhne werden in Kommissionen ausgehandelt. Kommt keine Einigung zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite zustande, folgt ein verbindliches Schlichtungsverfahren. Das kirchliche Arbeitsrecht ist insbesondere in der Diakonie in der Kritik, weil dort schwache Arbeitnehmervertretungen weit stärkeren Arbeitgebern gegenübersitzen.