Wolfgang Huber fordert eigenen Ethikrat für Wirtschaftsfragen

Wolfgang Huber fordert eigenen Ethikrat für Wirtschaftsfragen
Wolfgang Huber, der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), fordert einen eigenen Ethikrat für Wirtschaftsfragen. Der bestehende Deutsche Ethikrat sei schwerpunktmäßig für bioethische Fragen zuständig und könne diese Aufgabe nicht auch übernehmen, sagte der Theologe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Ein wirtschaftsethisches Gremium vergleichbarer Art wäre sehr wünschenswert."

Huber forderte eine Rückbesinnung auf die Grundwerte der sozialen Marktwirtschaft: "Es gibt keine zwei Ethiken für Familienunternehmen und für börsennotierte Aktiengesellschaften." Die vergangenen Jahrzehnte seien zu stark davon geprägt gewesen, dass Wirtschaft nur dazu da sei, Profite zu erwirtschaften. "Wenn das Investmentbanking nicht selbstzerstörerisch werden soll, muss es einen eigenen inneren Kompass haben und unterscheiden zwischen dem, was geht, und dem, was einfach nicht geht", sagte der Sozialethiker.

Huber, der an diesem Sonntag (12. August) 70 Jahre alt wird, gehört für die EKD dem Deutschen Ethikrat an. Seit er 2009 in den Ruhestand trat, hält er vermehrt Vorträge vor Unternehmern und Verbandsvertretern. "Das Kernthema besteht in der Frage, ob Wirtschaft als ein wertneutraler Raum angesehen wird oder ob sich die Einsicht stärker durchsetzt, dass wirtschaftliches Handeln ethisch verantwortet werden muss", sagte Huber dem epd.

"Es macht keinen Sinn, die Nachkriegsjahrzehnte zum Maßstab zu nehmen"

Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende erklärte, die großen Kirchen hätten noch immer eine starke gesellschaftliche Gestaltungskraft. Sie müssten sich aber beweisen in der Auseinandersetzung mit vielen anderen Strömungen und Positionen. "Es macht keinen Sinn, die Nachkriegsjahrzehnte zum Maßstab zu nehmen", sagte der Berliner Altbischof. Die Veränderungen in der Gesellschaft müssten reflektiert werden. Dazu gehöre "eine starke säkulare Strömung, bei der ein großer Teil für eine laizistische Umgestaltung unserer Gesellschaft eintritt". Zudem gebe es "einen starken, in sich vielgestaltigen Islam in Deutschland".

Im Rückblick auf die von ihm angestoßene EKD-Reform unter dem Leitwort "Kirche der Freiheit" räumte Huber ein, dass einige "kühne Vorstellungen" zu weit gegangen seien, etwa die Gewichtsverschiebung von Ortsgemeinden zu sogenannten Personal- und Profilgemeinden. "Es ist offenkundig, dass die Ortsgemeinde ein größeres Gewicht behält", sagte Huber. Durch das 2006 veröffentlichte Impulspapier hätten aber wichtige Akzente gesetzt werden können.

Der ehemalige Bischof für Berlin-Brandenburg und die schlesische Oberlausitz engagiert sich in seiner Landeskirche weiterhin für zwei Großprojekte: die Fertigstellung des Brandenburger Doms, dessen Sanierung 2015 abgeschlossen sein soll, und den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam. "Aber wir müssen noch richtig intensiv arbeiten, um das nötige Geld zu bekommen", sagte Huber.