Medizinethiker sehen Gentherapie-Zulassung kritisch

Medizinethiker sehen Gentherapie-Zulassung kritisch
Die bevorstehende erste Genehmigung einer Gentherapie in der EU stößt auf Bedenken. Wie die "Frankfurter Rundschau" (Donnerstagsausgabe) berichtet, verwiesen Medizinethiker auf unkontrollierbare Risiken, die aus ihrer Sicht bestehen. Bei der somatischen Gentherapie werden Körperzellen in ihrer genetischen Zusammensetzung verändert, um Krankheiten zu heilen.

"Die somatische Gentherapie ist nach den Rückschlägen der Vergangenheit in einem sehr experimentellen Stadium. Sie hat sich bisher als nicht kontrollierbar erwiesen", sagte die Bioethikerin Hille Haker von der Universität Frankfurt der "Frankfurter Rundschau". Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hatte dem Bericht zufolge vor wenigen Tagen der niederländischen Firma Uniqure die Zulassung für das gentherapeutische Mittel Glybera erteilt und somit die erste Gentherapie in der EU genehmigt. Die Zustimmung der EU-Kommission gelte als Formsache.

Glybera biete eine Therapie gegen die sogenannte Lipoprotein-Lipase-Defizienz (LPLD). Die seltene Stoffwechselkrankheit, an der unter einer Million nur ein bis zwei Menschen leiden, hemme im menschlichen Körper den Abbau von Fetten und könne zu Entzündungen der Bauchspeicheldrüse führen. Die Erkrankten müssten bisher eine besondere Diät beachten.

Nikola Biller-Andorno, Medizinethikerin an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, sagte der "Frankfurter Rundschau": "In den vergangenen Jahren wurden mindestens zwei Todesfälle mit Gentherapie in Verbindung gebracht. Im Nachhinein wurde dann jeweils bedauert, dass es sich um Personen gehandelt habe, für die die Therapie keineswegs eine letzte Hoffnung war." Auch bei LPLD scheine es therapeutische Alternativen zu geben, etwa in Form einer Diät.

In der Politik stößt die Zulassung laut "Frankfurter Rundschau" weitgehend auf Zustimmung. Der CDU-Europaabgeordnete und Arzt Peter Liese sehe ein ermutigendes Zeichen. Seine SPD-Kollegin Dagmar Roth-Behrendt spreche von einer großen Chance, "gerade für Menschen, die an seltenen Krankheiten leiden und für die nicht genügend Patienten für klinische Studien zur Verfügung stehen". Auch aus der Grünen-Fraktion im Bundestag kam laut Zeitungsbericht eine positive Stellungnahme. Da für die Betroffenen keine vielversprechenden Alternativtherapien zur Verfügung stünden, sei die Empfehlung der EMA nachzuvollziehen, sage die Grünen-Abgeordnete Birgitt Bender.