Happy Birthday Jane Austen

Der Holzschnitt zeigt die britische Schriftstellerin Jane Austen.
Unbekannter Autor/dpa
Der Holzschnitt zeigt die britische Schriftstellerin Jane Austen.
Pionierin des Realismus
Happy Birthday Jane Austen
Jane Austens Romane zählen neben den Shakespeare-Dramen zu den bekanntesten Werken der britischen Literatur. Vor 250 Jahren geboren und als Autorin heute weltberühmt, schrieb die Pfarrerstochter zunächst unter Pseudonym. Kaum jemand kannte sie.

"Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein alleinstehender Mann im Besitz eines hübschen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau." So beginnt Jane Austens wohl bekanntester und beliebtester Roman "Stolz und Vorurteil", der 1813 unter dem Pseudonym "by a Lady" erschien.

Im Anschluss entspinnt sich ein ironisch-witziger Dialog zwischen den Eltern der Romanheldin Elisabeth Bennet. Sie und ihr Verehrer Mister Darcy sind beliebt wie eh und je und bieten Stoff nicht nur für die romantischen Träume junger Frauen, sondern auch für Kino und Popkultur. Ihre Schöpferin Jane Austen wurde vor 250 Jahren am 16. Dezember 1775 geboren. Ihre sechs Romane und Kurzgeschichten zählen zu den Literaturklassikern.

Auch Austens Übersetzer und Biograf Christian Grawe kam durch den Romananfang von "Stolz und Vorurteil" zu seiner Aufgabe: Den las der Germanist vor gut 50 Jahren abends im Bett und sagte nach der Lektüre zu seiner Frau, er habe noch nie einen so charmanten Romananfang gelesen, wie er sich im epd-Gespräch erinnert.

Grawe und seine Ehefrau Ursula haben Austens gesamtes Werk erstmals ins Deutsche übersetzt. Damit begann auch in Deutschland ihr durchschlagender literarischer Erfolg.

Feinsinnige Beobachterin

Geboren wurde Jane Austen als siebtes von acht Kindern im Pfarrhaus von Steventon in Hampshire. Ihr Vater war anglikanischer Geistlicher. Sie wuchs in einem bildungsnahen, literarisch interessierten Umfeld auf, was ihr früh den Zugang zum Schreiben erleichterte.

Austen war eine feinsinnige Beobachterin, die nur über das schrieb, was sie kannte, wie Christian Grawe sagt. Schon auf den ersten Seiten von "Stolz und Vorurteil" werde ihre "fantastische Dialogführung" erkennbar, eines ihrer Markenzeichen. Ein weiteres sei die Lebendigkeit ihrer Figuren. "In keinem Roman ihrer Zeit und in wenigen Romanen überhaupt hat man so schnell ein so intensives persönliches Verhältnis zu den Gestalten", sagt Grawe.

An diesem Holztischchen, das im Jane Austens Haus Museum in Chawton, Südengland, steht, hat die englische Schriftstellerin geschrieben.

Vor allem die kesse Elisabeth imponiere als Figur jungen Frauen sehr. Auch weil sie mithilfe ihres wohlmeinenden Vaters ihren Willen durchsetzen kann und nicht etwa den verschrobenen Landpfarrer Mr. Collins mit Adelsfimmel heiraten muss, wie ihre Mutter will, sondern auf ihre große Liebe warten darf, den stolzen Mr. Darcy. Das sei ungewöhnlich für diese Zeit.

Entwicklung von der Konventionsehe zur Liebesehe

"Diese Entwicklung von der Konventionsehe zur Liebesehe findet genau zur Zeit Austens statt und ist in ihren Romanen ein zentrales Thema", sagt Grawe. Ein Grund, warum viele junge Frauen und auch mancher junge Mann die Romane noch heute gerne lesen.

Grawe betont, Jane Austen sei die erste große Autorin des realistischen Romans, habe ihn geradezu erfunden. "Sie ist die Pionierin." Das bringt ihr wohl ewigen Ruhm in der literaturwissenschaftlichen Welt ein. Für den nicht endenden Erfolg beim Publikum sorgt zudem die "zeitlose Beständigkeit menschlicher Charaktere" in ihren Romanen, wie die BookTokerin und Journalistin Eva Pramschüfer im Nachwort der Schmuckausgabe aller Romane im Reclam-Verlag überlegt. Austens Romane seien "feinsinnige Studien der britischen Gesellschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die Themen aufgreifen, die auch heute noch von großer Relevanz sind: Geld, soziale Stellung, Macht und die Rolle der Frau."

Die Bücher von Schriftstellerin Jane Austen veröffentlichte sie anfangs unter einem Pseudonym.

Austen selbst heiratete nie

Austen blieb - wenngleich sie die ein oder andere Romanze erlebte - zeitlebens unverheiratet und lebte zuletzt im Haus ihrer Schwester in Chawton, wo sie den Großteil ihrer Romane überarbeitete oder gar verfasste. Sie starb am 18. Juli 1817 im Alter von nur 41 Jahren in Winchester an einer bis heute unbekannten Krankheit - nur sechs Jahre nach ihrer ersten Veröffentlichung "Verstand und Gefühl" (1811). Sie hinterlässt ein zwar überschaubares, aber dadurch nicht minder reichhaltiges Werk - mit "Überredung", "Mansfield Park", "Emma" und "Kloster Northanger" vollendete sie sechs Romane.

Ihr Übersetzer Grawe, der bereits 90 Jahre alt ist und in Melbourne (Australien) lebt, hat einen eindeutigen Favoriten: "Emma" sei "eine Art Detektivroman ohne Mord". "Es ist ihr leichtes, reichstes Buch", sagt er. Und "Emma" habe auch etwas, das keiner der anderen Romane hat, nämlich einen einzigen Handlungsort: das große Dorf Highbury. Anders als in den zeitgenössischen Schauerromanen passiert in Austens Erzählungen nichts Sensationelles.

Jane Austen sei in ihrer Zeit keine Einzelfigur gewesen. Sie sei umgeben von Autorinnen, die Romane schrieben, betont Grawe. Bereits kurz nach ihrem Tod, als ihre Autorinnenschaft bekannt wurde, setzte die erste Anerkennung ein, zunächst nur in Großbritannien. Der ganz große Ruhm, auch der akademische, habe erst nach dem Zweiten Weltkrieg eingesetzt. Ihre Werke sind heute in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Grawe freut sich, wenn neue, junge Leserinnen und Leser Jane Austen durch die Neuauflagen, Filme und Serien zum 250. Geburtstag entdecken: "Sie können Austen zum ersten Mal lesen. Das Glück habe ich nicht mehr."