Wirbel um US-Einstufung der "Antifa Ost" als Terrorgruppe

US-Präsident Trump mit Außenminister Rubio
Evan Vucci/AP/dpa
US-Präsident Donald Trump hatte bereits im Oktober mit Außenminister Marco Rubio über das Thema Antifa gesprochen.
"Antifa Ost" als Terrorgruppe
Wirbel um US-Einstufung der "Antifa Ost" als Terrorgruppe
Die USA haben die "Antifa Ost" als terroristisch eingestuft, die deutschen Behörden sind überrascht, da sie nicht vorab informiert wurden. Der Extremismus-Experte und niedersächsische Grünen-Landtagsabgeordnete Michael Lühmann sieht darin eine Einmischung von US-Präsident Trump in innerdeutsche Debatten zugunsten der AfD.

Die US-Einstufung der deutschen "Antifa Ost" als Terrorgruppe kam für die deutschen Behörden am Freitag offenbar unerwartet. Wie die "Zeit" am Freitag berichtete, hatte die US-Regierung Deutschland laut Angaben der Bundesregierung vorab nicht über die Einstufung informiert. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts teilte mit, die USA hätten in dem Fall "eigenständig entschieden". Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden sich das von der Gruppierung ausgehende Gefährdungspotenzial zuletzt "erheblich" verringert habe und die Rädelsführer und besonders gewaltbereite Teile der Gruppierung seien entweder bereits verurteilt oder in Haft.

Der frühere Extremismusforscher und heutige niedersächsische Landtagsabgeordnete Michael Lühmann (Grüne) kritisiert die Einstufung als "Einmischung in die deutsche Innenpolitik". Die antifaschistische Initiative und Sammlung basiere nicht auf geschlossener Organisation, sondern es handele sich "um ein loses Bündnis von Personen und Gruppierungen", sagt der Politikwissenschaftler dem Evangelischen Pressedienst (epd). 

Mit dem Vorstoß wolle US-Präsident Donald Trump von seiner Innenpolitik ablenken und die deutsche AfD unterstützen, erklärt Lühmann, der 2022 eine Studie zur Rolle der radikalen Linken in Ostdeutschland veröffentlicht hat. "In der bundesdeutschen Geschichte gibt es keine Kontinuität durch linksextremistischen Terror, wohl aber von rechtsextremen Kräften", sagt Lühmann und erinnerte an das Attentat auf das Münchener Oktoberfest von 1980 durch ein Mitglied der neonazistischen Wiking-Jugend und der Wehrsportgruppe Hoffmann, an die Gruppe Reuß von Reichsbürgern und an den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), der für mindestens zehn Tote verantwortlich ist. 

Keine Hinweise auf linksextreme "Hammerbande"

Auf der Plattform X hatte das US-Außenministerium die "Antifa Ost" als eine in Deutschland ansässige Terrororganisation bezeichnet. Sie sei dafür berüchtigt, "ahnungslose Opfer vorsätzlich mit Hämmern anzugreifen". Zwar gibt es nach Angaben der Bundesregierung Ermittlungen zu linksextremistisch motivierten Angriffen auf vermeintliche Angehörige der rechten Szene in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Eine feste Gruppierung namens "Hammerbande" existiere ihrer Kenntnis nach nicht, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD.

"Wer im linksextremistischen Kontext von 'der Antifa spricht, meint damit die Antifaschistische Aktion'", heißt es seitens des Verfassungsschutzes. Bundesweit gebe es mehrere lokale Gruppierungen und Initiativen, die sich in lockeren Verbindungen, oft zeitlich begrenzt und mit wechselnden Personen unter dieser Bezeichnung zusammenfinden.So berichtete der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg 2021 beispielsweise über wachsende Spannungen zwischen der Autonomen Antifa Freiburg und Angehörigen des "rechten" Spektrums.

Von September 2021 bis Mai 2023 gab es vor dem Oberlandesgericht Dresden ein Verfahren gegen vier Personen, die aus dem "Antifa Ost"-Umfeld stammen sollten. Für Angriffe auf Rechtsradikale erhielten die Angeklagten Haftstrafen zwischen zwei Jahren und fünf Monaten sowie fünf Jahren und drei Monaten. Die Generalbundesanwaltschaft hat zudem Anklage gegen sieben weitere Personen aus dem Netzwerk erhoben, die Angriffe auf Personen geplant oder durchgeführt haben sollen, die sie der rechtsextremen Szene zurechnen. Für einige der Angriffe lautet die Anklage auf versuchten Mord.