Friedenspapier: Wadephul vermisst Ukraine-Position

epd-bild/Christian Ditsch
Gemeinsam mit der Bischöfin mit Außenminister Johann Wadephul und Friederike Krippner, Direktorin der Evangelischen Akademie zu Berlin, hat die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs die erneuerte EKD-Position zur Friedensethik diskutiert.
Debatte zu Friedensdenkschrift
Friedenspapier: Wadephul vermisst Ukraine-Position
Die evangelische Kirche hat eine neue Position zur Friedensethik vorgelegt und im politischen Berlin zur Diskussion gestellt. Außenminister Wadephul lobt die Anerkennung der Verteidigungsbemühungen durch die Kirche. Er vermisst aber auch etwas.

Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat die Neupositionierung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Friedensethik gelobt, vermisst aber eine klare Positionierung darin zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Er sei "als evangelischer Christ und Außenminister" dankbar für das Papier, das anerkenne, dass die Anwendung von Gegengewalt nicht nur völkerrechtlich, sondern auch ethisch gerechtfertigt sei, sagte Wadephul bei einer Diskussionsveranstaltung der EKD am Donnerstagabend in Berlin. Er hätte sich aber gewünscht, dass dieser Punkt beim Einzelfall Ukraine "aus kirchlicher Perspektive auch klarer vollzogen wird", ergänzte er. 

Die EKD hatte ihr neues Grundsatzpapier zur Friedensethik am Montag veröffentlicht. Die Denkschrift rechtfertigt den Einsatz militärischer Mittel zum Schutz vor Gewalt und äußert damit Verständnis für den Ausbau militärischer Kapazitäten zum Zweck der Verteidigung. Ausgangspunkt für das neue Papier war eine kontroverse Debatte innerhalb der evangelischen Kirche über die Legitimität von Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine.

Wadephul sagte, die Voraussetzungen für rechtserhaltende Gewalt seien in der Ukraine "klar" erfüllt. Die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs entgegnete, die Denkschrift leiste aus guten Gründen keine Kommentierung und Einordnung der konkreten Situation, weil sie über die aktuellen Konflikte hinaus Bestand haben solle. Das Papier wurde am Donnerstag mit den Autorinnen und Autoren sowie weiteren Experten diskutiert. Wadephuls Impulsrede stand unter der Frage "Ist der Friede noch zu retten?", die er mit "Ja" beantwortete.

Sein Politikverständnis sei, dass man es selbst in der Hand habe. Seine diplomatischen Bemühungen zielten auf Entspannung ab, sagte er. Gleichzeitig stellte er fest, dass sich die "binäre Ordnung zwischen Krieg und Frieden" auch in Deutschland aufgelöst habe. Es gebe eine "hybride Vermischung", sagte er und verwies unter anderem auf die Drohnenflüge über Flughäfen, Desinformation und "Sabotage an unseren demokratischen Diskursen".

Atomwaffenposition der EKD bleibt umstritten

Angesichts des Agierens Russlands warb er für eine Akzeptanz der aktuellen Aufrüstungsbemühungen. Russland durchlaufe ein "Aufrüstungsprogramm in atemberaubender Geschwindigkeit". Die Option einer Ausweitung der russischen Aggression müsse mindestens in Betracht gezogen werden.

Für Diskussionen sorgt weiter die Position des EKD-Friedenspapiers zur nuklearen Abschreckung. Die EKD bleibt bei der Ächtung von Atomwaffen, gesteht aber zu, dass ein Verzicht ein Risiko für Staaten sei. Der Teil sei für ihn "schockierend", sagte der Berliner Philosoph Olaf Müller. Anders als im Kalten Krieg sei der Westen heute bei konventionellen Waffen überlegen, daher trage das Argument eines eventuell nötigen nuklearen Erstschlags nicht mehr.

Die Position der EKD sei an der Stelle "erschreckend nah an der Nato-Doktrin", sagte Müller. Gerlinde Niehus, bis 2024 tätig bei der Nato, sagte, die Politik der Nato sei im Hinblick auf atomare Abschreckung tatsächlich ähnlich. Fehrs stellte dagegen heraus, EKD-Position bleibe, dass atomare Waffen weltweit abgeschafft gehörten. Bei der Vorstellung der Denkschrift am Montag hatte auch der EKD-Friedensbeauftragte Friedrich Kramer explizit bei der Position zu Atomwaffen Kritik an dem Friedenspapier formuliert.