"Streit ist die Basis, um den anderen zu verstehen. Wenn wir nur noch um uns selbst kreisen, haben wir keine Solidarität mehr", sagt der Kölner Psychologe Stephan Grünewald am Freitag beim "Zuversichtskongress" des evangelischen Magazins "chrismon" in Frankfurt am Main. Grünewald spricht von "Silo-darität" - Solidarität spiele sich nur noch in einem geschlossenen Silo ab.
Grünewald appelliert, es sei wichtig, auch Personen im Freundes- und Bekanntenkreis zu behalten, deren Meinung man zwar nicht teile, die man aber respektiere. "Wenn das nicht gelingt, wird unsere Gesellschaft immer weiter auseinander driften", sagt er. Außerdem brauche es die Zuversicht, "dass wir in der Welt da draußen etwas bewegen können, und wir brauchen Verbundenheit". Grünewald ist Gründer des Markt- und Medienforschungsinstituts rheingold und Autor des Buches "Wir Krisenakrobaten".
Viele Menschen empfinden Unsicherheit mit Blick auf die Zukunft. Grünewald sagte, zwar blickten 87 Prozent relativ zuversichtlich in die private Zukunft. Doch nur 23 Prozent hätten Zuversicht mit Blick auf Gesellschaft und Politik, erklärte der Psychologe auf Basis von Umfragen, die er für sein Institut durchgeführt hat. Grund sei, dass viele ihren "Gesichtskreis minimieren", sie konzentrierten sich auf ihr direktes Umfeld. Aktuell spürten die Menschen aber, auch ihr Schneckenhaus sei bedroht.
Menschen befänden sich gefühlt "in einer Art Nachspielzeit". Sie hofften, die Umstände, in denen sie lebten, noch einige Zeit aufrecht erhalten zu können. Es gebe aber eine große Sehnsucht, aus diesen erstarrten Verhältnissen herauszukommen. Diese "gestaute Bewegungsenergie" müsse die Politik aktivieren und den Menschen konkrete Perspektiven eröffnen, wie sie an der Lösung der Probleme mitwirken könnten.
Mit dem "Zuversichtskongress" feiert "chrismon" sein 25-jähriges Bestehen. Das Magazin, das aus der Wochenzeitung "Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt" hervorgegangen ist, liegt vielen deutschen Zeitungen bei und wird nach eigenen Angaben von 1,4 Millionen Menschen regelmäßig gelesen. "Chrismon" wird im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) produziert. Die zentrale Medieneinrichtung der Evangelischen Kirche in Deutschland trägt auch die Zentralredaktion des Evangelischen Pressedienstes (epd).




