Syrer nicht zur Rückkehr zwingen

Maria Stavropoulou steht vor einer blauen Wand mit UNHCR-Logos
epd-bild/Christian Ditsch
Maria Stavropoulou ist die UNHCR - Repräsentantin für Jordanien, sie ist außerdem Expertin für Menschenrechte und Asylrecht.
UN-Hilfswerk appelliert
Syrer nicht zur Rückkehr zwingen
Die Chefin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) für Jordanien, Maria Stavropoulou, warnt davor, syrische Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimat zu zwingen. "Es ist besser, den Flüchtlingen die Entscheidung selbst zu überlassen, wann der richtige Zeitpunkt für eine Rückkehr ist", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wenn Flüchtlinge zur Rückkehr gezwungen würden, könne sich das destabilisierend auf Syrien auswirken.

"Das Problem ist, dass manche - auch in Deutschland - denken, dass das Flüchtlingsproblem in Syrien gelöst ist. Das ist sehr weit von der Wahrheit entfernt", sagte Stavropoulou.

Syrien bleibe ein sehr fragiles Land und habe noch nicht die nötige Infrastruktur, um so viele Rückkehrerinnen und Rückkehrer gleichzeitig wieder aufzunehmen. "Viele Menschen kehren in ihre Dörfer zurück und finden ihre Häuser völlig zerstört wieder", berichtete Stavropoulou. Allein aus den umliegenden Nachbarländern seien bisher über eine Million Syrerinnen und Syrer zurückgekehrt.

Erneute Konflikte oder Spannungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen seien nicht unwahrscheinlich, befürchtete Stavropoulou. Bei neu ausbrechenden Konflikten wären Rückkehrer gezwungen, erneut zu fliehen. "Mehrfache Vertreibungen wären das Schlimmste, was passieren kann", mahnte die Expertin. Zudem seien viele syrische Flüchtlinge nach vielen Jahren im Exil in einer verletzlichen Situation und verfügten nicht über ausreichend finanzielle Mittel für einen Neuanfang.

Die syrischen Flüchtlinge in Jordanien leiden laut Stavropoulou sehr unter dem rapiden Rückgang der humanitären Hilfe. Jordaniens Wirtschaft sei durch die Covid-Pandemie sowie den Krieg im Gaza-Streifen sehr beeinträchtigt worden. Die rund 480.000 syrischen Flüchtlinge sind Stavropoulou zufolge auf humanitäre Hilfe angewiesen. "60 Prozent der Flüchtlinge sagen uns, dass sie ihre Grundbedürfnisse, wie Nahrung und Miete, nicht decken können", sagte Stavropoulou. Viele müssten sich von Bekannten Geld leihen, ihre Kinder zur Arbeit schicken oder sie früh verheiraten. Fachleute wie Stavropoulou nennen das "negative Bewältigungsmechanismen".

Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR ist laut Stavropoulou aufgrund der gekürzten humanitären Hilfe auch in Jordanien gezwungen, stark zu priorisieren. Im Jahr 2022 konnte der UNHCR in Jordanien noch 33.000 vulnerable Haushalte mit Bargeld unterstützen. 2026 sind es nur noch 14.500 - mehr als die Hälfte weniger. Stavropoulou zufolge ist Bargeldunterstützung einer der effizientesten Wege, um den verletzlichsten Gruppen zu helfen.

"Ein Land wie Jordanien kann manchmal von der Prioritätenliste fallen, weil es ein sehr stabiles Land ist", sagte Stavropoulou mit Blick auf die weltweiten Kürzungen in der humanitären Hilfe. Nicht nur die USA hätten ihre Gelder stark zurückgefahren, auch andere europäische Geber, darunter Deutschland, kürzten ihre Mittel. "Die europäischen Länder täten gut daran, sich weiter im Nahen Osten zu engagieren, denn es ist ihre unmittelbare Nachbarschaft", mahnte die UNHCR-Expertin.