Nadja Wohlleben/laif
Zuwanderung
So fängt Integration an
In den vergangenen Wochen habe ich im Rahmen einer Studie für mein Institut mit vielen Menschen gesprochen, die aus islamisch geprägten Ländern nach Europa geflüchtet sind. Ihre Geschichten berühren und erschüttern mich. Denn sie alle erzählten von ihrer Suche nach einem Ort, an dem sie und ihre Familien in Sicherheit leben und ihre Zukunft gestalten können.
Zu uns nach Europa zu flüchten, das ist ein langer, harter und gefährlicher Weg. Kaum angekommen, beginnt ein neuer, stiller Kampf. Denn es ist schwer, in einer Gesellschaft Fuß zu fassen, die ihnen Schutz bietet, aber oft unverständlich und fremd bleibt. Sie erleben in Europa zwar mehr Sicherheit, aber viele erzählen von sozialer Kälte. Die kulturellen Unterschiede zu den Herkunftsländern sind riesig - besonders, wenn es um die Geschlechterrollen geht. Ein Vater erzählte mir: "Meine Ehre hängt davon ab, wie gut ich für meine Familie sorge. Wenn meine Frau arbeitet oder meine Tochter ohne Kopftuch zur Schule geht, verliert die Familie an Ansehen."
Solche Sätze sind Ausdruck eines tief verinnerlichten kulturellen Codes. Er hat gute Seiten, weil er Identität und Zugehörigkeit sichert. Aber die patriarchalischen Vorstellungen dahinter bremsen die Menschen in ihrer Entwicklung.