"Hurra, hurra - der Pumuckl ist da!" Es gibt kaum jemanden, der ihn nicht kennt - diesen quirligen Rotschopf mit seinen Streichen, Späßen, seinen Abenteuern und Reimen. Denn: "Was sich reimt, ist gut", sagt der kleine Kobold zu Meister Eder. Pumuckl sei ein "sichtbar gewordener Widerspruchsgeist", sagt Museumsleiter Daniel J. Schreiber im Vorfeld der Ausstellungseröffnung im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
epd: Herr Schreiber, Groß und Klein wissen es: Pumuckl ist eigentlich unsichtbar. Wie haben Sie diesen quirligen Rotschopf in Ihrer Ausstellung eingefangen und sichtbar gemacht?
Daniel J. Schreiber: Diese Frage hat sich die grafische Gestalterin vom Pumuckl immer wieder gestellt. Erfunden hat ihn ja die Kinderbuchautorin Ellis Kaut, aber visuell hat ihn Barbara von Johnson geschaffen. Sie hat sich immer wieder gefragt, wie man Unsichtbares sichtbar machen kann und hat es auch auf das emotionale Spektrum bezogen: Wie können wir unser Seelenleben sichtbar machen? Darum geht es auch bei Pumuckl. Er hat so viele emotionale Regungen. Uns geht es in der Ausstellung darum, diese in Geschichten nacherlebbar zu machen.
Eigentlich ist der kleine Kobold schon 63 Jahre alt, und ganze Generationen haben ihn ins Herz geschlossen. Nun ist die Ausstellung gleich in zwei Museen Landshuts zu sehen, werden die Generationen auf je eines aufgeteilt?
Schreiber: Nein, die gesamte Ausstellung ist für alle da. Aber wir haben Bereiche, die eine Gruppe mehr anspricht als die andere. Ich bin Jahrgang 1965 und bin mit den Pumuckl-Hörspielen im Bayerischen Rundfunk aufgewachsen und wollte auch meine Generation abholen. Wir starten die Ausstellung mit einem Wohnzimmer aus den frühen 1970er Jahren. Da fühlen wir uns gleich zuhause, denn das waren die Wohnzimmer, in denen diese Hörspiele zu hören gewesen sind. Damit laden wir die ältere Generation ein.
Im Landshutmuseum gibt es einen informativeren Teil, der aber auch unterhaltsam ist: mit interaktiven Elementen und Filmen, in denen wir mehr über die Künstler erfahren, die hinter dem Pumuckl stehen. In erster Linie sind das Mütter, aber auch Väter: Ellis Kaut, Barbara von Johnson oder Brian Bagnall, der auch Wesentliches geleistet hat bei der grafischen Wiedergabe des Pumuckl, aber auch die Filmemacher. Dann kommt der große Knall: ein immersiver Raum, wo uns der Pumuckl heftig willkommen heißt.
"Uns liegt aber vor allem daran, ein authentisches Pumuckl-Erlebnis zu ermöglichen"
Man kann mit einer 3D-Animation sogar selbst zum Pumuckl werden. Setzen Sie viel auf digitale Technik?
Schreiber: Natürlich nutzen wir die Möglichkeiten interaktiver und immersiver Projektionen. Die machen jede Menge Spaß. Uns liegt aber vor allem daran, ein authentisches Pumuckl-Erlebnis zu ermöglichen. In erster Linie bieten wir also eine analoge Ausstellung! Wenn ich ins Kasimirmuseum komme, dann bin ich in der Welt vom Pumuckl, in der Werkstatt, im Schloss, wo er sein Unwesen treibt, oder in der Piñata, in der er gefangen ist beim Kindergeburtstag, oder in seinem Bettchen.
"Ein ganzer Raum ist nur zum Reimen und Selbermachen von Texten da, inspiriert durch Pumuckl"
Die Räume wirken wirklich so, als ob der Pumuckl darin leben würde. Es klappert auch mal die Ritterrüstung im Schloss, der Kronleuchter klirrt oder auf der Werkbank in Meister Eders Werkstatt bewegt sich was. Dafür, dass alles so echt aussieht, ist Isabel Eichinger, die Set Decoratorin der Neuen Geschichten vom Pumuckl, verantwortlich. Sie hat mit ihrem Team auch unsere Ausstellung gestaltet. Mich fasziniert das total, wie sie Pumuckls Lebensbereich so authentisch in das Museum gezaubert hat.
Pumuckl liebt die Reimerei, er macht aus seinen Gefühlen kein Hehl und sagt, was er denkt. Wie wird das in der Ausstellung eingefangen?
Schreiber: Wir haben einen ganzen Raum der Reimerei gewidmet. Dort können die Besucher Schreibmaschine schreiben, Steckbuchstaben in Tafeln stecken. Es gibt einen Setzkasten oder Post-its, die man an die Wand kleben kann. Ein ganzer Raum ist nur zum Reimen und Selbermachen von Texten da, inspiriert durch Pumuckl.
Und was die Gefühle angeht: Jeder Raum präsentiert eine Geschichte, nimmt aber auch Bezug auf größere Fragestellungen. Zwei Räume davon sprechen das emotionale Spektrum an. Pumuckl hasst jedwede Konkurrenz, also auch Gartenzwerge und Puppen. Dabei ist er sehr emotional geworden. Das kann man in diesen Räumen nachempfinden, man kann eine Puppe demontieren und neu zusammenbauen. Pumuckl hatte ihr die Haare abgeschnitten und sie schrecklich verunstaltet.
Wie erklären Sie sich den Hype um diesen Chaos stiftenden Irrwisch "Pumuckl" - konterkariert er den Zeitgeist oder ist er Zeitgeist?
Schreiber: Pumuckl ist immer "in", das hat nichts mit Zeitgeist zu tun, sondern mit einer urmenschlichen Regung des Aufbegehrens, des Nicht-alles-Hinnehmens, sondern des Widerspruchleistens und Erkennens. Ich finde auch die Dialoge zwischen Meister Eder und Pumuckl schön, da findet man sich auch als Eltern wieder. Lassen wir die Frechheiten durchgehen oder müssen wir erzieherisch reglementieren? Bei Pumuckl ist man ständig herausgefordert, eine Haltung dazu zu finden.
Wenn ich mir manche jüngere Kinderbücher anschaue, da ist ganz oft alles in Ordnung, glatt und erwartbar. Bei Pumuckl ist es anders: Er liefert Überraschungen, auch Sachen, die nicht okay sind - auch wenn wir wissen, dass er ein grundguter Kerl ist. Er steht für mich in einer Reihe mit Pippi Langstrumpf und Pu der Bär, Figuren, die facettenreich und vielseitig sind, die keine glatte Story, nichts Vorbildhaftes bieten, sondern eher eine Identifikationsfigur darstellen.
Es läuft eben nicht immer alles glatt im Leben. Wir benehmen uns manchmal dämlich, wir werden auch mal sauer oder streiten uns. Es passieren Missgeschicke, es gibt unangenehme Emotionen, die Amplituden gehen nach oben und nach unten. Es gibt auch hochberührende, emotional warmherzige Szenen, Versöhnungen, gemeinsame Freude und Spaß. All das macht Pumuckl zu einem Menschen wie dich und mich.
Die Stadt Landshut widmet dem quirligen Rotschopf vom 11. Oktober an eine Ausstellung. Zu sehen ist sie bis Ende September 2026 in gleich zwei städtischen Museen, dem Kasimirmuseum und dem Landshutmuseum.