Die besten Debütromane des Jahres

Bücher aufgestapelt
Frank Rumpenhorst/dpa
Das Evangelische Literaturportal stellt seine Debüt-Favoriten vor.
Blick in die Literatur
Die besten Debütromane des Jahres
"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne" heißt es bei Hesse und so ist es auch immer etwas Besonderes, wenn ein neuer Autor oder eine neue Autorin aufs literarische Parkett tritt; vor allem, wenn dabei so eindrucksvolle Romane wie diese präsentiert werden. Das Evangelische Literaturportal empfiehlt in dieser Woche drei aktuelle, herausragende Debütromane aus diesem Jahr, einer davon aus dem englischsprachigen Raum.

Standing Ovations

Piper

Eine Kritik, eine Nacht, ein Skandal: Ohne einfache Antworten spinnt Runcie einen Roman über Feminismus und Cancel Culture.

Einmal im Jahr verwandelt sich Edinburgh ins Zentrum für Theater, Comedy und Kunst: Aus der ganzen Welt reisen Journalist*innen an, um beim Fringe Festival die nächsten "rising stars" zu entdecken. Die junge Performerin Hayley Sinclair bekommt eine vernichtende Ein-Sterne-Kritik von Alex Lyons – demselben Kritiker, mit dem sie nach der Premiere eine Nacht verbringt, ohne dass er offenlegt, dass er einen Verriss über sie geschrieben hat. Diesen Verrat verarbeitet sie in ihrer neuen Show und rüttelt damit an ihrer Kunstform. Außerdem fangen plötzlich auch andere Frauen an, von ihren Erfahrungen mit Alex zu berichten… Erzählt wird aus der Perspektive von Alex‘ Kollegin Sophie, die innerlich zwischen persönlicher Loyalität und Gerechtigkeitsgefühl zerrissen ist. Hier ist nichts Schwarz-Weiß, nichts klar – und doch entschieden. "Standing Ovations" ist ein kraftvoller, kluger Roman, der mit feministischer Schärfe und feinem Gespür für die brennenden Fragen unserer Zeit überzeugt.
Mara Becker 

Runcie, Charlotte: Standing Ovations. Roman. Charlotte Runcie. Dt. von Katharina Martl. München: Piper 2025. 334 S. ; 21 cm. 
Aus d. Engl. ISBN 978-3-492-07402-5, geb.: 25,00 €

Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten

Luchterhand

Wer wir sind und wer wir sein wollen hängt maßgeblich davon ab, woher wir kommen.

Wie viel unserer Liebe und Kraft, unserer Angst und Last stammt aus dem Leben derer, die vor uns waren? Von Menschen, die wir nie kannten? Über Familiengeschichten lassen sich dicke Wälzer und lange Chroniken verfassen. Das Besondere hier: Wenige Worte erzählen viel, lassen Raum für das Magische, das Ungesagte. Die Geschichte entsteht im "Nichtsagen", manchmal sogar im "Nichtschreiben". So wirken selbst leere Seiten nicht überraschend oder experimentell, sondern fügen sich harmonisch in die Erzählung ein. Der Umfang überschaubar: Wenige Seiten, kurze Kapitel, die Sätze sind einfach und gehen gerade dadurch in die Tiefe.

Im Zentrum stehen Frauen aus 4 Generationen. Die Lebenswelten von Henrike, Hilde und Miriam bilden die Grundlage für die Geschichte an deren Ende Urenkelin, Enkelin und Tochter Alma steht. 

Nicht allein die großen Ereignisse des vorangegangenen Jahrhunderts formen die Figuren, sondern die alltäglichen Entscheidungen und ihr Umgang damit. Durch alles, was Alma über ihre Vergangenheit weiß oder vielmehr zu wissen glaubt, versucht sie zu verstehen wer sie wirklich ist.

Ein Roman, über den es sich zu sprechen lohnt. Ideal für Literaturkreise und/oder Leser:innen, die sich auf neue Erzählformen einlassen möchten. 
Nicole Tecklenburg 

Maschik, Anna: Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten. Roman. Anna Maschik. München: Luchterhand 2025. 238 S. ; 22 cm. 
ISBN 978-3-630-87814-0, geb.: 23,00 €

Botanik des Wahnsinns

DuMont

Ein Roman, in dem uns der Autor auf eine psychiatrieerfahrene Familienspur mitnimmt und sich der Frage nach der Norm stellt. 

Leon Engler nimmt uns mit auf die Reise seines Protagonisten zu den Psychiatrieerfahrungen seiner Familie. Dabei taucht er ein in die Lebenswege der Eltern und Großeltern, in die Fragen nach Norm, Wahrheit, Determinismus und Freiheit, macht Ausflüge in die selten ehrenwerte Geschichte der Psychiatrie und gibt uns Einblicke in die psychotherapeutisch-klinische Praxis von heute. Roter Faden ist eine besondere Freundschaft, die das Buch durchzieht. Dieser geniale Autor schafft es, auf nur 200 Seiten ein Panorama zu eröffnen, das trotz seiner Breite nie oberflächlich bleibt, sondern den Menschen und Begegnungen, die den Protagonisten prägen, durch die Art der Erzählung und Fragestellung großen Respekt zollt. Ein atemberaubendes, zum Nachdenken und Selbstforschen anregendes Leseereignis, das die Lesenden auch durch die gefundene Sprache Englers beeindruckt in die eigene "Psychogeschichte" entlässt. Wenn Sie durch sind, fangen Sie einfach wieder von vorne an.

Für die, die an tiefsinniger Sprache und gesellschafts-/persönlich relevanten Themen interessiert sind. Besonders die mit eigener Psychiatrieerfahrung oder solcher aus anderer Hand.  
Jule Zemke

Engler, Leon: Botanik des Wahnsinns. Roman. Leon Engler. Köln: DuMont 2025. 206 S. ; 22 cm. ISBN 978-3-7558-0053-8, geb.: 23,00 €

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