"Herzweh, Trauer, Wut"

Sicherheitskräfte und Einsatzkräfte der Feuerwehr vor dem Gelände vom Oktoberfest
Christof Rührmair/dpa
Sicherheitskräfte und Einsatzkräfte der Feuerwehr vor dem Gelände vom Oktoberfest.
Bombendrohung auf dem Oktoberfest
"Herzweh, Trauer, Wut"
Wegen einer Bombendrohung blieb das Münchner Oktoberfest am Mittwoch bis mindestens 17 Uhr geschlossen. Wie belastend für Schausteller und Wiesn-Beschäftigte solche Nachrichten sind, wissen die Schausteller-Seelsorger.

Am Samstag fast eine Massenpanik, am Mittwoch nun eine Bombendrohung: Auch die Schausteller lassen die Hiobsbotschaften auf dem Münchner Oktoberfest nicht kalt. Schausteller seien hochengagiert, wollten ihren Beruf ausüben und für die Besucher ein schönes Fest gestalten, sagte der Leiter der Circus- und Schaustellerseelsorge der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Torsten Heinrich, dem Evangelischen Pressedienst (epd). In schwierigen Situationen wie einer Bombendrohung oder einer drohenden Massenpanik wie am vergangenen Samstag gebe es daher natürlich "Herzweh, Trauer und Wut".

Am Mittwochmorgen war es zu einem Großeinsatz der Polizei im Münchner Norden gekommen. Ein Wohnhaus und mehrere Autos standen in Flammen, der Tatverdächtige, der auch Sprengfallen gelegt haben soll, ist tot. Bei dem Einsatz wurde auch ein Drohschreiben gegen das Oktoberfest gefunden. In einem Video auf Instagram verkündete Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) die Schließung des Oktoberfestes bis mindestens 17 Uhr. Man könne das Risiko nicht eingehen, Menschen aufs Oktoberfest zu lassen. Er bestätigte in dem Video auch den Zusammenhang zwischen der "aktuellen Bedrohungslage" und der Straftat im Münchner Norden.

Schausteller Seelsorger Torsten Heinrich auf Oktoberfest.

"Das ist sehr bedrückend für die Schausteller", sagte Circus-Seelsorger Heinrich. Zugleich seien sie aber auch sehr professionell im Umgang mit Sicherheitskonzepten. Diese seien auf Volksfesten und Weihnachtsmärkten kein Randthema mehr, sondern gehörten zu ihrem Job dazu. "Die Schausteller wissen, dass sie im schlimmsten Fall mitten drin und daher hochgefährdet sind", sagte Heinrich. Die meisten ließen aber ihr Lebensgefühl nicht von der Angst bestimmen, auch wenn wirtschaftliche Sorgen dazukämen. "Wird das Oktoberfest geschlossen, fallen Einnahmen weg, und in Krisenzeiten kommen weniger Besucher."

Auch der Leiter der katholischen Circus- und Schaustellerseelsorge in Deutschland, Sascha Ellinghaus, attestiert den Schaustellern eine große Professionalität. Sie arbeiteten eng mit Veranstaltern und Behörden zusammen, um die Sicherheit von Volksfesten zu garantieren. Sie hätten bei solchen Ereignissen Verständnis für eine Schließung. "Denn Sicherheit hat für sie oberste Priorität", so Ellinghaus. Natürlich sei es ärgerlich, wenn man als Unternehmer einen Tag auf dem Oktoberfest verliere. Die Schausteller hofften auf gutes Wetter, müssten ihre Fahrgeschäfte aufbauen, Standpreise bezahlen und Arbeitskräfte suchen. Bei solch einem Aufwand sei natürlich jeder Tag wichtig.

Der Schausteller-Beruf sei aber auch eine Berufung, sagte Ellinghaus. Schausteller wollten eine fröhliche Atmosphäre schaffen, Freude verbreiten und den Menschen eine Abwechslung vom Alltag bieten. Eine permanente Angst vor Unglücken und Katastrophen sehe er bei Schaustellern daher nicht. "Die Freude über das Volksfest an sich überwiegt." Schausteller-Seelsorger reisen zu Volksfesten und Zirkussen und begleiten die dort Beschäftigten. Diesmal habe er auf dem Oktoberfest ein Kind getauft, erzählt Torsten Heinrich. Sascha Ellinghaus berichtet von der Segnung eines neuen Ausschanks und des neuen, 91 Meter hohen Fahrgeschäfts "Skylift".

"Wir dürfen diese doch recht große Gruppe von Menschen, die so viel bewegt für die Menschen und Feste auf die Beine stellt, nicht allein lassen", findet Pfarrer Heinrich. Auch sie bräuchten stabile Beziehungen, genauso wie die Menschen in einer Ortsgemeinde. Vor allem für Kasualien wie Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen würden Schausteller-Seelsorger oft angefragt. Derzeit wird das Oktoberfest-Gelände nach Sprengstoff abgesucht. Ob die Wiesn am Mittwoch überhaupt noch öffnet, soll am Nachmittag entschieden werden.