Ulm feiert den Schöpfer des Chorgestühls im Münster

Detail des Fries der Frauenseite des Chorgestühls im Ulmer Münster
Gerd Bräth
Unter der Leitung des Kunstschreiners Syrlin ist zwischen 1469 bis 1475 an den beiden Längsmauern des Chores ein jeweils 18 Meter langes Gestühl mit insgesamt 89 zweireihig angeordneten Sitzplätzen entstanden.
Vor 600 Jahren in Ulm geboren
Ulm feiert den Schöpfer des Chorgestühls im Münster
Das Chorgestühl im Ulmer Münster ist ein bedeutendes Kunstwerk und Anziehungspunkt für Touristen. Sein Schöpfer, der Kunstschreiner Jörg Syrlin der Ältere, wurde vor etwa 600 Jahren in Ulm geboren.

Das Chorgestühl im Ulmer Münster gehört zu den Kunstwerken von überregionaler Bedeutung. Es ist "eines der wenigen frühhumanistisch geprägten Meisterwerke nördlich der Alpen", heißt es in der Neuen Deutschen Biographie von Anna Moraht-Fromm. Geschaffen hat die filigrane Holzschnitzerei der Bildhauer und Kunstschreiner Jörg Syrlin der Ältere, der vor etwa 600 Jahren in Ulm geboren wurde. 

Unter der Leitung Syrlins ist zwischen 1469 bis 1475 an den beiden Längsmauern des Chores ein jeweils 18 Meter langes Gestühl mit insgesamt 89 zweireihig angeordneten Sitzplätzen entstanden. Sie werden von einem fast fünf Meter hohen Baldachin abgeschlossen und sind mit Ornamenten und lebensgroßen Büsten reich verziert. Die eine Seite des Chorgestühls, in dem sich die Priester und Mönche zu ihren Gebeten versammelten, ist Frauenfiguren vorbehalten - wie etwa den Sybillen, weisen Frauen aus der Antike. Die gegenüberliegenden Männersitze sind geschmückt mit Büsten von biblischen Gestalten, aber auch antiken Schriftstellern wie Vergil oder Pythagoras. 

Das Ulmer Chorgestühl, bei dem neben Syrlin noch der Ulmer Bildschnitzer Michael Erhart (um 1440-1522) als Künstler namentlich genannt wird, wurde mit seinen Büsten und geschmückten Baldachinen als "süddeutsche Form" zum Vorbild für weitere bedeutsame Chorgestühle. Dazu zählen etwa die Chorgestühle in der Memminger Martinskirche und dem Konstanzer Münster. Das Ulmer Chorgestühl war dem Rat der Stadt den damals stattlichen Preis von 1.188 Gulden wert.

Seine Dimensionen führt die Münsterepertin Nikola Hild in ihrer Beschreibung der größten protestantischen Kirche Deutschlands auf ein "Statusdenken" der Ulmer Bürger und die große Anzahl der am Münster tätigen Geistlichen zurück. Heute ist das Chorgestühl ein Anziehungspunkt für die eine Million Menschen, die jährlich in das Münster kommen.

Von Syrlin dem Älteren ist neben seinem angenommenen Geburtsjahr 1425 und seinem Tode im Jahr 1491 nur wenig bekannt. Er unterhielt eine große Werkstatt in Ulm und besaß, wie Steuerakten zeigen, ein Haus. Neben sakraler Kunst fertigte er auch Möbel. Später trat Syrlin auch als Bildhauer in Erscheinung und schuf etwa den Fischkastenbrunnen auf dem Ulmer Rathausplatz. Nach ihm sind eine Grundschule, eine Straße und ein Haus benannt. Die handwerkliche Kunstfertigkeit und Tradition führte sein Sohn Jörg Syrlin der Jüngere (1455-1521) als Ulmer Zunftmeister und Schreiner weiter.